Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Weniger Scheidungen, mehr Beratungen
Die Liebe steht hoch im Kurs – ganz besonders am Valentinstag. Ein Blick in die Statistik lässt Romantiker hoffen, denn die Zahl der Scheidungen ist rückläufig. An den Herausforderungen für Paare ändert das nichts.
Am Donnerstag ist es wieder soweit: Männer huschen kurz nach Feierabend in Blumen- oder Schmuckgeschäfte. Und viele Frauen stöbern (meist ein bisschen rechtzeitiger) durch die Läden – auf der Suche nach einer halbwegs kreativen „Kleinigkeit“. Düsseldorf und die Welt feiern amvalentinstag das wohl Schönste, was das Leben zu bieten hat: die Liebe. Doch wie chancenreich sind die Verbindungen, die auf dieses Gefühl aufbauen? Und wie kann man sie auf Dauer erhalten? Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick: Eheschließungen Ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Zahl der Paare, die in Düsseldorf zum Standesamt gehen, nimmt seit Mitte der 1980er Jahre ab. 7,2 Heiraten auf 1000 Einwohner gab es beispielsweise 1985. 2003 rutschte die Zahl erstmals unter 5 und erreichte drei Jahre später mit dem Wert 4,2 den bisherigen Tiefstand. 2017, dem letzten bislang dokumentierten Jahr, trauten sich 2944 Paare „Ja“zu sagen. Das entspricht 4,6 Eheschließungen auf 1000 Bürger. Ehescheidungen Hält man sich an die Statistik, dürfen Menschen, die an die große Liebe glauben, hoffen. Denn die Zahl der Scheidungen sinkt. 2017 erreichte der Wert mit 1,8 auf 1000 Einwohner wieder den Stand des Jahres 1979. Zumvergleich: Die Höchststände wurden in Düsseldorf 1984 (3,2) und 1997 (3,0) erreicht. Ähnlich sieht das Ergebnis bei der Anzahl der Ehescheidungen auf 100 Eheschließungen aus. Hier lag der Wert 2017 bei 38,5. Das bedeutet: Mehr als jede dritte Ehe wurde geschieden. Das ist ein deutlicher Rückgang und eine noch relativ junge Entwicklung. Zum Vergleich: 2008 hatte diese Quote noch bei 64,5 gelegen. Bewertung Experten warnen vor voreiligen Schlussfolgerungen. Heiraten weniger Menschen, sinkt – mit zeitlicher Verzögerung – auch die Zahl der Scheidungen. Positiv wirkt sich zudem aus, dass immer mehr Paare präventive Hilfe suchen. „Früher kamen die meisten, wenn eigentlich nichts mehr ging. Heute suchen gerade jüngere Menschen rechtzeitig Rat, mit dem klaren Ziel, ein Scheitern zu verhindern“, sagt Annette Gralke. Seit 20 Jahren berät die Therapeutin in Oberkassel Menschen, deren Liebesbindung brüchig geworden ist. Ähnlich schätzt das Christopher Prüfer ein. „Wir bearbeiten im Jahr mehrere Tausend Anfragen, bei denen es auch um eine mögliche Trennung geht“, sagt der Jurist. Er gehört zum Vorstand des Beratungsunternehmens „iurfriend“, das in seinem Büro an der Corneliusstraße sowie über die Webseiten ehe.de, scheidung.de und trennung.de Menschen berät und bei fehlenden Perspektiven letztlich auch an Anwaltskanzleien weiter vermittelt. „In der ersten Phase setzen wir aber alles daran, Partner zu einvernehmlichen Lösungen zu führen“, sagt Prüfer. Gründe Ganz oben auf der Liste des Scheiterns steht die Geburt des zweiten Kindes. „Viele dieser Paare haben ein Haus, eine Hypothek, einen maximal stressigen Alltag und plötzlich keinen Sex mehr, zwei, drei Jahre später sitzen sie bei mir“, sagt Gralke. Dagegen sei der Seitensprung heutzutage nicht mehr automatisch ein Trennungsgrund. „Es gibt zunehmend Menschen, die das unter der Überschrift Polyamorie in ihr Leben integrieren wollen“, sagt die Therapeutin, die auch schon ein Paar mit Kind beraten hat, bei dem die Frau eine weitere Frau in die bestehende Beziehung integrieren wollte. Trends Erfreulich aus Sicht der Experten: klassische Rosenkriege, die – getrieben von Kränkungen und Rachegedanken – auf die maximale Schädigung des jeweils anderen aus sind, gibt es immer weniger. „Das ist gut so, nicht zuletzt für die Kinder, die Eltern der Partner und manchmal auch fürs gemeinsame Haustier“, sagt Prüfer. Strategien Seit mehr als 60 Jahren sind Engelbert und Hildegard Oxenfort verheiratet. „Natürlich haben wir uns auch mal gezankt“, sagt das 83-jährige Altstadt-urgestein. Aber an Trennung hätten er und seine Frau als praktizierende Katholiken nie gedacht. Sein wichtigster Rat an Paare in der Krise: „Behandelt euch in jeder Situation mit Respekt und versucht nie, den anderen umzupolen, sondern lasst ihn so wie er ist.“