Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Was Fortuna anderen voraus hat
DÜSSELDORF Egal, welchen Angestellten man bei Fortuna Düsseldorf am späten Sonntagabend ansprach, der Tenor war gleich: Das 3:0 gegen den VFB Stuttgart war sicher ein wichtiger Erfolg, ja. Sogleich folgte dann das große Aber: Es sei noch nichts erreicht, der Klassenerhalt in der Fußball-bundesliga sei keineswegs sicher, man müsse in die verbleibenden 13 Partien weiter mit dem Geist des sportlichen Überlebenskampfes gehen.
Nun kann man in die Köpfe der Beteiligten naturgemäß nur schwer hinschauen, dennoch – da sind sich die vermeintlichen Experten einig – wirkt es im Gegensatz zu den Äußerungen von Bundesliga-profis andernorts nicht wie auswendig gelernter Sermon. Als Beweis dafür dient das 3:0 gleichwohl wie die sich wiederholenden starken Auftritte nach Rückschlägen. Diese Mentalität, dieses Selbstvertrauen und diese Form hat die Fortuna ihren Konkurrenten voraus.
Trainer Friedhelm Funkel hatte am Sonntagabend nichts Besonderes gesehen. „Nein“, sagte er, „das war für mich überhaupt keine Überraschung. Ich weiß, was mei- ne Mannschaft zu leisten im Stande ist.“Nun war nach den Erfahrungen in dieser Saison in der Tat damit zu rechnen, dass die Düsseldorfer in diese als „Fast-schon-endspiel“titulierte Begegnung gegen die Schwaben mit der nötigen Ernsthaftigkeit gehen würden.
Es war allerdings genauso zu erwarten, dass die Stuttgarter – mit dem Rücken zur Wand – ebenso intensiv um die Punkte kämpfen würden. Davon war über 93 Minuten allerdings nichts zu sehen. Fortunas sportlicher Stab hatte sich vor der Saison auf die Fahnen geschrieben, die qualitativen Defizite des Kaders mit enormer Mentalität und gelebtem Teamgeist wettmachen zu wollen. Dieser Plan geht voll auf. Die Posse um Funkelsvertragsverlängerung im Januar hatte allem Anschein nach sogar eher positive Auswirkungen auf den Zusammenhalt. Mehr noch: Durch die Erfolge – fünf Siege und ein Remis aus den vergangenen sieben Ligaspielen – wächst das Selbstvertrauen und dadurch die Spielstärke der einzelnen Akteure und der Mannschaft.
Die Fortuna war gegen verunsichert auftretende Stuttgarter keineswegs nur die kämpferisch bessere Mannschaft. Nein, sie war dem VFB auch spielerisch überlegen. Logische Folge dieser Entwicklung bei Fortuna ist der zwölfte Tabellenplatz. Mit einem Team, das einen geschätzten Marktwert von knapp 55 Millionen Euro aufweist, liegen die Düsseldorfer nach knapp zwei Dritteln der Saison vor Teams wie Freiburg (102 Millionen), Augsburg (122), Hannover (127), Stuttgart (169) oder Schalke (247).
Ein weiterer großer Vorteil im Kampf um den Klassenerhalt ist die Erwartungshaltung. Teams wie Schalke oder Stuttgart hatten vor der Saison ganz andere Ziele. Ihre Kader sind mit Spielern gespickt, die sich eher der Champions-league-hymne lauschen hören als ums sportliche Überleben grätschen sehen. Bei Fortuna war vom Moment des Aufstiegs an klar, dass es nur darum gehen würde, irgendwie dafür zu sorgen, dass in Düsseldorf auch in der Saison 2019/2020 Bundesliga-fußball zu sehen sein wird.
Und auch wenn alle Angestellten vernünftigerweise ihr Credo vom Außenseiter mit der demütigen Einstellung nicht aufgeben wollen, sprechen doch fast alle Faktoren in der aktuellen Gemengelage im Abstiegskampf für das Team von Friedhelm Funkel.