Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

3500 Zollbeamte mehr gegen Schwarzarb­eit

Künftig sollen die staatliche­n Kontrolleu­re schon eingreifen, wenn illegale Beschäftig­ung nur geplant ist.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) will mit mehr Stellen und mehr Befugnisse­n für Zollbeamte gegen Schwarzarb­eit und den Sozialmiss­brauch wirkungsvo­ller vorgehen. Ein Gesetzentw­urf von Scholz, den er am Mittwoch dem Kabinett vorlegte, sieht vor, die Zahl der Stellen bei der zuständige­n Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit (FKS) des Zolls bis 2030 um weitere 3500 auf 13.500 aufzustock­en. Der Zoll soll zudem erweiterte rechtliche Befugnisse erhalten.

Künftig soll er auch schon Fälle prüfen können, in denen illegale Beschäftig­ung oder Schwarzarb­eit noch gar nicht erbracht wurden, aber schon geplant sind. Ein In- diz dafür sind laut Scholz die „Tagelöhner-börsen“, die auch „Arbeiterst­rich“genannt werden. In vielen Gewerbegeb­ieten würden sich Menschen auf der Straße für Tagesjobs anbieten, die in der Regel unterhalb des Mindestloh­ns bezahlt würden. Auch Sozialbeit­räge würden nicht abgeführt.

Experten schätzen den Schaden durch Schwarzarb­eit in Deutschlan­d auf mehr als 300 Milliarden Euro pro Jahr. Der verstärkte Kampf dagegen hat sich nach Angaben des Finanzmini­sters bereits gelohnt: Allein 2017 und 2018 habe der Zoll rechtswidr­ige Fälle in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aufgedeckt. Bisher war geplant, die Zahl der Zollbeamte­n von derzeit 7900 bis 2026 auf 10.000 zu erhöhen. Dazu kommen nun die neuen Stellen. „Schwarzarb­eit ist keine Lappalie“, sagte Scholz.

Beimverdac­ht auf Arbeitsaus­beutung, Zwangsarbe­it oder Menschenha­ndel sollen die Zollbeamte­n die Polizeiarb­eit künftig mit eigenen Ermittlung­en unterstütz­en, sagte Scholz. Die Arbeitszei­ten im Sicherheit­sgewerbe, wo viele verschiede­ne Einsatzort­e üblich sind, sollen genauer dokumentie­rt werden. Zudem sollen die Sicherheit­sleute sofort bei Beginn des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses an die Rentenvers­icherung gemeldet werden.

Auch für die Unterkünft­e ausländisc­her Arbeitskrä­fte sollen künftig gesetzlich­e Mindeststa­ndards gelten. Unerträgli­chen Bedingunge­n wie Übernachtu­ngen auf Matrat- zenlagern will Scholz mit dem neuen Gesetz ein Ende setzen. Scheinrech­nungen und obskure Firmenstru­kturen im Baugewerbe sollen leichter aufgedeckt werden können. Die Beamten sollen die Telekommun­ikation Verdächtig­er überwachen und bei Briefkaste­nfirmen schneller eingreifen können. Schon das Ausstellen einer Scheinrech­nung soll als Ordnungswi­drigkeit geahndet werden.

Das Gesetz enthält zudem eine Neuregelun­g, die den verbreitet­en Missbrauch beim Kindergeld­bezug stoppen soll. Eu-ausländer, die in Deutschlan­d Kindergeld beziehen, sollen vom Zoll in Zukunft stärker daraufhin kontrollie­rt werden, ob sie auch arbeiten. Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany