Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Passanten löschen brennenden Mann

Ein 43 Jahre alter Neusser schwebt mit schweren Verbrennun­gen in Lebensgefa­hr. Vor seiner Tat soll er lautstark gegen die deutsche Polizei und gegen die Einzelhaft Öcalans protestier­t haben.

- VON ALEXANDER TRIESCH UND NORBERT STIRKEN

KREFELD Ein 43 Jahre alter Mann aus Neuss hat sich am Mittwochmo­rgen gegen 10.10 Uhr auf der Straße vor dem Landgerich­t in Krefeld mit einer Flüssigkei­t überschütt­et und angezündet. Ein Justizwach­tmeister und Passanten griffen mit Feuerlösch­er und Decken ein, um die Flammen zu ersticken. Der Mann türkischer Nationalit­ät erlitt schwere Verletzung­en und schwebt nach Angaben der Polizei in Lebensgefa­hr. Er wurde mit einem Hubschraub­er in eine Spezialkli­nik nach Duisburg geflogen. Das Areal um das Gerichtsge­bäude wurde für Stunden für den Verkehr gesperrt. Experten der Polizei sicherten Spuren.

Offenbar hat der 43-Jährige sich vor seiner Tat noch lautstark politisch geäußert. Nach Zeugenauss­agen habe er gegen die Isolations­haft des Kurdenführ­ers Abdullah Öcalan und gegen deutsche Polizeigew­alt protestier­en wollen. Öcalan ist Gründungsm­itglied der unter anderem in den USA, in den Staaten der Europäisch­en Union und der Türkei als Terrororga­nisation eingestuft­en Arbeiterpa­rtei PKK.

Das türkische Konsulat sei informiert worden. Die Ermittlung­en dauerten an, die Kriminalpo­lizei vernehme noch weitere Zeugen zum Geschehen, berichtete eine Sprecherin. Beamte haben zwischenze­itlich die Wohnung des Mannes durchsucht und mit Angehörige­n gesprochen. Über das Ergebnis dieser Recherchen ist bislang nichts bekannt. Der Neusser war der Polizei zuletzt im Januar dieses Jahres in Düsseldorf aufgefalle­n. Er soll damals an nicht genehmigte­n Versammlun­gen teilgenomm­en haben.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die Motive des wahrschein­lich psychisch kranken Mannes im persönlich­en Bereich zu suchen sind. Nach Angaben eines Gerichtssp­rechers ist der Mann der Justiz bekannt. Es gebe Verfahren, in denen er eine Rolle spiele. Gegen den 43-Jährigen lief seit dem vergangene­n Freitag ein Berufungsv­erfahren zu einem Urteil des Amtsgerich­ts Krefelds. Das hatte den Mann wegen Sachbeschä­digung und Körperverl­etzung verurteilt.

Bei einem Prozess vor zwei Jahren musste er sich zunächst wegen Sachbeschä­digung verantwort­en. Im Gerichtssa­al trat er dann nach ei- nem Polizeibea­mten an. Dafür gab es eine weitere Anklage wegen Körperverl­etzung eines Vollstreck­ungsbeamte­n.wegen der Sachbeschä­digung am Handy seiner Ex-frau und versuchter gefährlich­er Körperverl­etzung wurde er zu einer Geldstrafe von 155 Tagessätze­n à zehn Euro verurteilt.

Gegen dieses Urteil des Amtsgerich­ts legte er Berufung ein. Dasverfahr­en dazu begann am vergangene­n Freitag am Landgerich­t Krefeld. Das Berufungsv­erfahren wurde jedoch ausgesetzt, weil zunächst ein Gutachten über die Schuldfähi­gkeit des 43-Jährigen erstellt werden soll. Die Untersuchu­ng eines Psychiater­s sollte in den kommenden Tagen erfolgen. Gestern stand jedoch kein Termin am Landgerich­t für ihn an. „Ob es einen Zusammenha­ng zwischen dem Prozess und der Selbstanzü­ndung gibt, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht“, sagt ein Gerichtssp­recher.

Dritte wurden bei dem Vorfall nicht verletzt. Notfallsee­lsorger betreuten Augenzeuge­n und Mitarbeite­r des Gerichts. Die Polizei hört weiter Zeugen. Die Hintergrün­de der Tat seien noch unklar.

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FOTO: DPA Vor dem Gebäude des Krefelder Amts- und Landgerich­tes zündete sich am Mittwoch ein Mann selbst an. Polizei und Rettungskr­äfte sicherten anschließe­nd den Tatort weiträumig ab.

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