Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Laschet neu im Andenpakt
Seit knapp 30 Jahren existiert das parteiinterne Netzwerk aktiver und ehemaliger Cdu-politiker.
BERLIN/DÜSSELDORF Es begann über denwolken mit einer Flaschewhiskey: Auf einem Nachtflug von Caracas nach Santiago de Chile gründeten zwölf junge konservative Männer den Andenpakt. Sie wollten die CDU unter Helmut Kohl erneuern und versprachen einander, dass niemals einer von ihnen gegen den anderen antreten werde. Das war im Jahr 1979.
Dem lange als parteiinterner Geheimbund gehandelten Freundschaftspakt von Cdu-männern gehört nun auch Armin Laschet an, Nrw-ministerpräsident und stellvertretender CDU-CHEF im Bund. Ein bis zwei Mal im Jahr treffen sich die Cdu-politiker, zuletzt im Herbst 2018 in Berlin. Da war auch Armin Laschet dabei. Er sei von den Mitgliedern gerne und offen aufgenommen worden, hieß es. „Es ist keine ideologisch motivierte Mitgliedschaft, wir sind ein Freundeskreis, der in die Jahre gekommen ist und sich verjüngen muss“, sagte ein Mitglied des Andenpakts auf Anfrage.
Zu den Gründungsmitgliedern damals über den Anden gehörten unter anderem der spätere hessische Ministerpräsidentvolker Bouffier, der spätere Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Matthias Wissmann, Verkehrsminister unter Helmut Kohl, später Chef des Automobilverbandes VDA.
Der Andenpakt war immer männlich, westlich und katholisch geprägt. Im Laufe der Jahre stießen Roland Koch und Friedrich Merz dazu. Aber auch liberale Cdu-größen wie der frühere Ministerpräsident und Bundespräsident Christian Wulff, Eu-kommissar Günther Oettinger und der frühere rheinland-pfälzische Spitzenkandidat Christoph Böhr sind Mitglied.
Der eingeschworenen Gemeinschaft ist es gelungen, ihr Versprechen einzuhalten, gegenseitige Kampfkandidaturen zu vermeiden. Eine andere Rechnung ist aber nicht aufgegangen: Die im Andenpakt verbündeten Cdu-männer würden den Nachfolger für Helmut Kohl stellen. Der Schwur vom gegenseitigen Nichtangriffspakt ist also nie auf die härteste Probe gestellt worden. Zum größten Einfluss kam der Andenpakt, als 2001 die damals noch junge Cdu-chefin Angela Merkel mit Edmund Stoiber um die Kanzlerkandidatur konkurrierte. Reihenweise riefen die Andenpakt-mitglieder bei Merkel an und rieten ihr von der Kandidatur ab. Als letzten schickten sie Roland Koch, damals Ministerpräsident in Hessen, ins Rennen. In einer Schreierei am Telefon machte Koch Merkel klar, dass alle wichtigen CDU-MÄNner gegen ihre Kandidatur seien. Es war also der Andenpakt, der Merkel zum Frühstück in Wolfratshausen bewegte, bei dem sie CSU-CHEF Stoiber die Kanzlerkandidatur antrug.
Es soll Christian Wulff gewesen sein, der Merkel in dieser Zeit von der Existenz des Andenpakts berichtete. Seitdem wusste sie, wer wann in der CDU mit wem telefoniert, und konnte sich darauf einstellen.
Spätestens 2016 verlor der Andenpakt an Nimbus. Damals starb der Braunschweiger Jurist Bernd Huck, der als Generalsekretär des Andenpakts die „Maßnahmen“organisiert hatte, wie der Männerbund seine gemeinsamen Reisen nannte. Unter der Traueranzeige in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“versammelten sich die Mitglieder des Andenpakts. Um noch einige weitere zu nennen: Der frühere Eu-parlamentspräsident Hans-gert Pöttering, Friedbert Pflüger und der amtierende Verfassungsrichter Peter Müller gehören auch dazu.
Peter Müller – und hier passt der Begriff Ironie der Geschichte – war als saarländischer Ministerpräsident der wichtigste Mentor und Förderer eines politischen Talents, das sich auf Bundesebene durchsetzte: Annegret Kramp-karrenbauer. Müller hatte die neue Cdu-chefin im Saarland in verschiedene Ministerämter berufen, bevor er ihr den Weg für seine Nachfolge ebnete. Es war also ein Andenpakt-mitglied, das mit dafür sorgte, dass auch die Nachfolge Merkels nicht an einen von ihnen geht.
Welchen Wert hat der Andenpakt heute noch? Seine Mitglieder sprechen inzwischen lieber von einem Freundeskreis. Trotz der männlichen, westlichen und katholischen Prägung ist er innerhalb der CDU kein konservativer Bund.
Neu-mitglied Laschet gilt in der Partei als Anführer des liberalen Flügels. In der Flüchtlingspolitik war der Cdu-politiker aus Aachen einer der ersten und wortmächtigsten Unterstützer der Kanzlerin. In einem umstrittenen Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zei-