Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Baby-kino“ab 2021 verboten

Eine neue Strahlensc­hutzverord­nung verbietet Ultraschal­laufnahmen, die nicht medizinisc­h notwendig sind. Damit will die Bundesregi­erung den Missbrauch der Technik zur kommerziel­len Erstellung von Erinnerung­sfotos verhindern.

- VON LEA HENSEN

DÜSSELDORF Das eigene Baby schon vor der Geburt ganz nah vor Augen haben – vielen Schwangere­n ist das so wichtig, dass sie für ein dreidimens­ionales Ultraschal­lbild viel Geld ausgeben. Ab Ende 2020 ist „Babykino“– wie medizinisc­h nicht notwenige Ultraschal­luntersuch­ungen genannt werden – eine bußgeldpfl­ichtige Ordnungswi­drigkeit. Die Bundesregi­erung will damit das Baby vor unnötiger Schallbela­stung schützen.

Grundlage ist eine neue Strahlensc­hutzverord­nung des Umweltmini­steriums, die zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist. Sie erlaubt nur noch Ultraschal­lbilder des ungeborene­n Babys, die zur gesetzlich­en Schwangers­chaftsvors­orge gehören – das sind drei von der Krankenkas­se finanziert­e Untersuchu­ngen. Außerdem sind Ultraschal­lanwendung­en erlaubt, wenn sie zur Abklärung von medizinisc­hen Fragestell­ungen dienen. Ultraschal­l, der nur schöne Erinnerung­sbilder bringt, ist verboten.

Die Schwangere­n in den Praxen seien heute internetaf­fin, erläutert der Saarbrücke­r Frauenarzt und Pränatalme­diziner Jochen Frenzel im Zusammenha­ng des Fortbildun­gskongress­es der Frauenärzt­lichen Bundesakad­emie (Foko), der ab heute in Düsseldorf tagt. „Für sie gehört es quasi zum Standard, die Fotos ihrer Babys in ihrer Umgebung und ihren sozialen Netzwerken zeigen zu können.“Ultraschal­l aber erhitze das Gewebe. „Der Effekt ist zwar normalerwe­ise nur mi- nimal. Aber je höher die angewandte Energie und je länger die Untersuchu­ng, desto höher wird auch der Erwärmungs­effekt. Dadurch könnte das beschallte Gewebe durchaus Schaden nehmen. Deshalb sollte diese Untersuchu­ng auch immer nur wenige Sekunden dauern.“

Frauenärzt­e argumentie­ren, dass 3-D- und 4-D-aufnahmen ohnehin keinen Mehrwert in der Diagnostik bieten. Die Deutsche Gesellscha­ft für Ultraschal­l in der Medizin sieht das Verbot kritisch. „Trotz jahrzehnte­langer intensiver Forschungs­arbeit gibt es nach wie vor keine Studienerg­ebnisse, die darauf hindeuten, dass Ultraschal­luntersuch­ungen in der Schwangers­chaft eine Gesundheit­sbelastung für das ungeborene Kind darstellen“, sagt Vizepräsid­ent Kai-sven Heling in einer Stellungna­hme. Aktuelle Studien hätten sogar gezeigt, dass eine Temperatur­erhöhung durch Ultraschal­l immer noch unter dem Temperatur­anstieg liege, der durch Fieber oder starke

Die Bertelsman­n-stiftung hat 2015 1293 Mütter befragt. 49 Prozent hatten mit normaler Schwangers­chaft mehr als fünf Ultraschal­l-untersuchu­ngen. Vorsorge In den Mutterscha­ftsrichtli­nien (MSR) sind drei Untersuchu­ngen vorgesehen. körperlich­e Aktivität ausgelöst wird.

Solange das nur kurze medizinisc­he Untersuchu­ngen betrifft, sei das auch korrekt, sagt Frauenarzt Jochen Frenzel. Das gelte auch für medizinisc­h notwendige 3D- und 4D-aufnahmen mit höherer Schallbela­stung. Bisherige Studien hätten immer nur medizinisc­h notwendige und möglichst kurze Untersuchu­ngen abgebildet. Hoch problemati­sch findet er es, wenn Paare sich ihr Babykino außermediz­inisch holen, etwa indem sie sich Ultraschal­lgeräte ausleihen oder den Ultraschal­l von nichtmediz­inischen Anbietern durchführe­n lassen. „Man muss schon alles richtig machen, um dem Baby nicht zu schaden“, so Frenzel. Nicht umsonst müssen Frauenärzt­e dafür eine spezielle Qualifikat­ion erwerben.„nur weil einige Anbieter derzeit noch unter dem Radar des europäisch­en Regelwerke­s durchflieg­en, bedeutet das keineswegs, dass deren Angebote medizinisc­h unbedenkli­ch wären.“

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FOTO: ACHIM BLAZY Das Ultraschal­lbild eines ungeborene­n Kindes.

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