Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Unter Räubern
Die Kult-band „Räuber“, die ihre Wurzeln in Neuss hat, gehört zu den erfolgreichsten Künstlern im Kölner Karneval. Allein zwischen Januar und Aschermittwoch stehen mehr als 200 Auftritte für die vier Musiker und Sänger Sven West aus Grevenbroich an. Das P
ternewhatsapp-gruppe („Die Räuber-gruppe“) gibt, sondern auch die Frauen eine solche Gruppe haben: die „Räuberinnen“-gruppe. Dass auch sie sich treffen und gut verstehen. Schlagzeugerwolfgang„wolli“Bachem betont, wie wichtig das sei. „Das gilt aber natürlich auch für den Zusammenhalt in der Band. Wenn wir nicht gut miteinander könnten, würde das doch gar nicht funktionieren.“
Rund 150 Auftritte hatte die Band seit Januar. Bis Aschermittwoch werden es mehr als 200 sein, über 300.000 Menschen haben die Band dann seit Jahresbeginn live gesehen. Das Tempo zieht jetzt noch mal an. Am Freitag sind es fünf Auftritte, am Samstag sieben, am Sonntag acht. Dazu kommen bis zu 400 Kilometer pro Tag im Tourbus. Köln, Düsseldorf, Duisburg, Mönchengladbach, Sinzig werden am Wochenende angesteuert. An Altweiber gibt’s dann elf Auftritte. Bassist Andreas „Schrader“Dorn betont, dass man da gut auf seine Kräfte achten muss. „Das geht nicht mit halber Batterie“, sagt er. Also achten die Musiker aufeinander. Wer die „Räuber“im Karneval begleitet, erkennt: Sie sind nicht nur eine der erfolgreichsten Bands im Fastelovend, sondern eben auch ein Familienunternehmen. Zur Stärkung im Tourbus gibt’s Wildschwein-leberkäse und Kartoffelsalat für alle von Schwiegermutter. Wolli hat ihn mitgebracht.
Um 20.25 Uhr geht es am Freitagabend im Festzelt am Kölner Südstadion auf die Bühne. Das Internetportal „Jeckes Net“hat gerade eine Abstimmung beendet, bei der der „größte kölsche Karnevalshit aller Zeiten“gesucht wurde. Auf Platz eins:„wenn et Trömmelche jeit“von den„räubern“. Das Lied ist so etwas wie die inoffizielle Kölner Stadthymne, bei Heimspielen des 1.FC Köln wird es bei Toren des „Effzeh“eingespielt. Die „Räuber“spielen es an diesem Abend beim Kölsch-fest als erstes Stück. Die Bühne befindet sich wie ein Boxring in der Mitte des Festzelts, rundum tanzen die Menschen auf Tischen und Bänken.„dat Trömmelche“ist keine 20 Sekunden alt, und der Saal tobt. Es geht weiter mit dem Sessions-hit „Home is where the Dom is“, es folgen „Für die Iwigkeit“, „Dat es Heimat“und „Wunderbar“.
Zwischendurch dreht Sänger Sven West eine Runde durch den Saal, er ist mittendrin. Das Publikum tobt. „Bei so einer Stimmung kann ich mich nicht bremsen. Dann geht bei mir nur Vollgas“, sagt der Grevenbroicher später. Sein Ausflug ins Publikum passt zum Selbstverständnis der Band. Die „Räuber“sind in den nun fast drei Jahrzehnten ihres Bestehens stets nahbar geblieben. Wenn es geht, nehmen sie sich Zeit für ihr Publikum, für Fotos, Autogramme, einen kurzen Plausch. Und Zeit im Karneval ist kostbar, die Termine sind eng getaktet. Sonst gerät der ganze Zeitplan durcheinander.
25 Minuten stehen die Musiker in der Südstadt auf der Bühne. Im Backstage-bereich gibt’s noch rasch ein Wasser – und eine freudige Begrüßung. Peter „Funny“van den Brock von den „Rabaue“aus Grevenbroich, die nach den „Räubern“auftreten, schaut vorbei. Dann muss die Band weiter. Es geht nach Düsseldorf. Dort treten die „Räuber“in den Rheinterrassen auf.
Die etwa halbstündige Fahrt dient der Regeneration. „Aber erst mal muss der Iltis-geruch raus“, sagt Wolli und lacht. Im Bus ziehen sich die„räuber“um. So einvollgas-auftritt ist schweißtreibend. Also raus aus den Klamotten. Frische T-shirts werden angezogen.wie viele im Gepäck sind? „Für jeden Auftritt eins“, sagt Schrader. Zum Frischmachen wird zudem Deo rausgeholt. Zusammen mit dem Geruch vonwildschwein-leberkäse und Kartoffelsalat hat sich so im Laufe der Stunden ein interessanter Mix im Bus breitgemacht. So riecht das Tourleben.
Wenn der Tourbus losrollt, wird es ruhig in der Räuberhöhle. Es werden Whatsapps mit Freunden und Familie ausgetauscht, kurz wird über den Auftritt resümiert. Was lief gut, was nicht so gut, wie war die Stimmung. Zwischendurch hat das Ganze auch etwas Ausflugscharakter. Jemand hat ein lustiges Bild per Whatsapp bekommen und teilt es mit den anderen, es wird über witzige YouTube-videos gescherzt, und ja, auch nach so vielen Kilometern in den Knochen scheint eins ganz weit weg zu sein: der Lagerkoller. „Wir ma- chen das, was wir lieben: Musik.wir haben Spaß daran und machen den Menschen eine Freude“, sagt Wolli. „Was will man mehr?“. Die anderen nicken. „Ich bin ja noch nicht so lange dabei, und natürlich ist es mitunter anstrengend. Aber es macht eben auch wahnsinnig viel Spaß, mit den Jungs unterwegs zu sein“, sagt Sven West. Seit Jahresbeginn ist er offiziell als „Räuber“-sänger an Bord. Aber ein Neuling ist er eigentlich schon nicht mehr. 150 Auftritte in nicht mal zwei Monaten sind ein CrashKurs.
Nach dem Auftritt in Düsseldorf geht es zurück in die Domstadt. Zum Abschluss des Abends geht’s dorthin, wo Karneval so groß ist wie in keiner anderen Halle: Um Mitternacht treten die „Räuber“in der „Lachenden Kölnarena“auf die Bühne. Die Arena ist proppevoll, 10.000 Kehlen singen „Wenn et Trömmelche jeit“und die anderen Räuber-hits mit. Von der Bühne aus wirkt die Arena wie eine riesige Schüssel, die Menge entfesselt im Kölschen Wir-jeföhl, Singe, Fiere, Danze. Noch einmal ein Adrenalinkick, und dann, um 0.30 Uhr, ist Schluss für die Band. Die Sachen werden gepackt, es geht im Tourbus zurück zum „Verteiler“. Vor den Toren der Domstadt haben die Musiker geparkt. Dort steigen sie aus dem Bus, im Auto geht’s nach Hause. Und am nächsten Tag geht’s wieder los.