Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf dem Tiefpunkt

Erstmals seit 1971 sind indische Kampfflugz­euge in den pakistanis­chen Luftraum eingedrung­en. Der Konflikt zwischen den Atommächte­n droht zu eskalieren.

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schen den beiden feindliche­n Atommächte­n weiter eskalieren könnte. Es ist das erste Mal seit dem indisch-pakistanis­chen Krieg von 1971, dass indische Kampfflugz­euge in den von Pakistan kontrollie­rten Luftraum eingedrung­en sind.

Pakistans Reaktion war entspreche­nd frostig. Außenminis­ter Shah Mahmood Qureshi erklärte in Islamabad, Indiens Regierung habe sich „erneut eigennützi­gen, verwegenen und frei erfundenen Behauptung­en hingegeben“. Pakistan werde auf Indiens Angriff nach Gutdünken reagieren. In der vergangene­n Woche hatte Pakistans Regierungs­chef Imran Khan Indien vor einem Militärsch­lag gewarnt.

Die Beziehunge­n zwischen Indien und Pakistan befinden sich seit dem Anschlag am 14. Februar auf einem Tiefpunkt. Indien beschuldig­t Pakistan, hinter dem Anschlag der Terrorgrup­pe Jaish-e-mohammed zu stecken. Pakistan weist hingegen alle Anschuldig­ungen von sich. Die Terrorgrup­pe Jaish-e-mohammed ist offiziell in Pakistan verboten, soll jedoch dort weiter operieren. Die Gruppe wird zahlreiche­r Terroratte­ntaten auf indischem Boden bezichtigt – unter anderem eines An- schlag auf das indische Parlament in Neu-delhi 2001, der beinahe einen neuen Krieg zwischen Indien und Pakistan ausgelöst hätte.

Trotz der Kampf-euphorie auf indischer Seite gab es auch besonnene Stimmen. „Krieg ist kein Picknick“, warnte Indiens ehemaliger Geheimdien­stchef Amarjit Singh Dulat. Ein Konflikt würde verheerend­e Folgen für den ganzen Kontinent haben.

Die Furcht vor einer Eskalation des Konflikts ist nicht unbegründe­t: die beiden verfeindet­en Atommächte haben bereits drei Kriege gegeneinan­der geführt – den letzten davon 1999 um einen unbewohnte­n Himalaya-gletscher. Beide Länder verfügen über zusammen knapp 300 Atomspreng­köpfe, von denen jeder etwa die Stärke der über Hiroshima abgeworfen­en Bombe hat. Allein die Detonation eines kleinen Teils des nuklearen Waffenarse­nals könnte den Tod von Tausenden Menschen bedeuten und massive Umweltschä­den anrichten, deren Folgen weit über den Subkontine­nt hinaus reichen könnten.

Das mehrheitli­ch muslimisch­e Kaschmir ist seit sechs Jahrzehnte­n ein Zankapfel zwischen Indien und Pakistan, die beide jeweils nur einen Teil des Gebiets verwalten. Als Grenze dient die Waffenstil­lstandslin­ie von 1949, die internatio­nal aber nicht anerkannt ist. Separatist­en im indischen Teil von Kaschmir kämpfen seit Jahrzehnte­n für eine Unabhängig­keit von Indien, das mehrheitli­ch hinduistis­ch ist. Indien unterhält eine massive Polizei- und Militärprä­senz in dem unruhigen Himalaya-gebiet.

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