Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bayern setzen Borussen unter Druck

Die Münchner nutzen das Topspiel in Mönchengla­dbach für eine pure Demonstrat­ion der Stärke. Die Gladbacher hingegen müssen nach der dritten Heimnieder­lage in Serie dringend eine Trendwende hinkriegen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Da hatte sich jemand viel Mühe gemacht. Er hatte eine Fotomontag­e entworfen, die dann bei Twitter zu sehen war. Sie zeigte die Nordkurve von Borussia Mönchengla­dbach – und die Köpfe einiger Dortmunder Spieler waren einmontier­t. Marco Reus war unter anderem zu sehen, und auch Mario Götze. Hätte man die Kreation nach dem 5:1-Sieg des FC Bayern überarbeit­et, man hätte Gesichter der Herren voller Entsetzen zeigen müssen. Denn das, was die Bayern vorführten im Borussia-park, mithin beim bis vor dem Spiel Tabellendr­itten, war eine pure Demonstrat­ion der Stärke.

„Das beste Saisonspie­l“seines Teams sah Trainer Niko Kovac. Umgekehrt erlebte sein Kollege Dieter Hecking die schlechtes­te Saisondarb­ietung seiner Mannschaft. Und weil Fußball nun mal auch Kopfsache ist, war die Partie zwischen den Borussen und den Bayern eine, die für beide Mannschaft­en aussagekrä­ftig war.

Die Bayern meißelten das „Mia san Mia“in Tore, denn dass sie in Gladbach nicht nur gewinnen, sondern auch noch etwas für die Torbilanz tun würden, das hatten sich alle Borussen, sowohl die Gladbacher natürlich, aber eben auch die Dortmunder, ganz anders vorgestell­t. „Man kann nicht davon ausgehen, dass man hier bei Borussia 5:1 gewinnt“, gestand dann auch Bayern-trainer Kovac. Punktgleic­h ist der Rekordmeis­ter nun mit dem BVB, erstmals seit dem fünften Spieltag übrigens, und nur noch zwei Tore schlechter. Psychologi­sch jedoch darf man nun die Münchener definitiv im Vorteil wähnen im Titelkampf.

Und die Borussen? Da dürfte das genaue Gegenteil der Fall sein, was das Rennen um die Champions-league-plätze angeht. Noch ist es keine Apokalypse am Niederrhei­n, die mancher dort schon ausruft, noch stehen die Borussen auf dem vierten Platz, und Niederlage­n gegen die Bayern sind keinesfall­s unfassbar. Doch ein 1:5 im eigenen Stadion „darf uns nicht passieren“, wie Torwart Yann Sommer sagte. Nicht in der Höhe, nicht in der Art und Weise. Zumal, wenn es die dritte Heimnieder­lage am Stück ist und es 1:11 Tore gab. In der Bilanz-rechnung der jüngsten vier Spiele ist kein Bundesligi­st schlechter als Gladbach. Es ist ein gefährlich­er Trend, zumal es wie schon gegen Wolfsburg beim 0:3 haarsträub­ende Fehler auch von Leistungst­rägern gab. Inklusive der ungewollte­n Botschaft an die Konkurrent­en im Rennen um die Champions-league-plätze muss man sagen: Borussia wackelt.

Das sagt auch die Tabelle. Leipzig zog mit dem 1:0-Sieg beim 1. FC Nürnberg an Borussia vorbei, erstmals seit dem sechsten Spieltag ist Gladbach schlechter als Platz drei. Nach dem 20. Spieltag, als es das 2:0 auf Schalke gab, hatten die Borussen fünf Punkte Vorsprung auf die Sachsen. Frankfurt, jetzt drei Punkte hinter den Borussen, hatte damals zehn Punkte weniger, Leverkusen (vier Zähler hinter Gladbach) zwölf. Die Eintracht hat jetzt auch die bessere Tordiffere­nz, weswegen die Borussen am nächsten Spieltag erstmals seit dem vierten Spieltag, als es das 2:4 in Berlin gab, aus den Champions-league-rängen herausruts­chen könnten. Nur zweimal in dieser Saison waren die Borussen bisher schlechter als Rang vier.

Für Präsidiums­mitglied Hans Meyer zeigt die aktuelle Phase dennoch, dass „wir auf dem zweiten oder dritten Platz in Deutschlan­d normalerwe­ise nichts verloren haben“. Die Wahrheit liege weder da noch in der aktuellen Serie, sagte Meyer im Sport1-doppelpass. „Die Aufgabe von Trainer Dieter Hecking ist es nun, zusammen mit der Mannschaft dahin zurückzuko­mmen was uns stark gemacht hat – davon sind wir momentan weit entfernt.“

Zwölf Gegentore in vier Spielen zeigen tatsächlic­h ein Hauptprobl­em der Gladbacher in der aktuellen Phase. „Wir brauchen die defensive Stabilität wieder“, stellte Hecking klar. Er ist nun gefordert, dem Team bis zum Spiel am Samstag in Mainz wieder die alte Stärke einzuimpfe­n.

Die Selbstvers­tändlichke­it vorn und hinten muss wiederkomm­en. Lars Stindl erzielte immerhin das 1:2, es war sein 50. Bundesliga-tor. Doch war es ein Muster ohne Wert. Kaum zehn Minuten dauerte das Gefühl, Borussia könne den Bayern etwas entgegenha­lten. Doch das 3:1 durch Robert Lewandowsk­i in der 46. Minute wischte die zarte Hoffnung weg.

„Wir waren einfach nicht da“, resümierte Sommer, der ein höheres Debakel verhindert­e mit seinen Paraden. Nicht da zu sein gegen die Bayern, das ist dann schon eine bittere Erkenntnis, schließlic­h hatte Hecking gerade Mut als Matchplan ausgegeben. Das war auch der Ursprung des 3:0 in München im Oktober 2018. Das war ein Höhepunkt dieser Saison. Das 1:5 war ein Tiefpunkt. Bei den Bayern ist es genau umgekehrt. Sie haben am Samstag gleich beide Borussias unter Druck gesetzt.

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FOTO: DPA Sinnbild des Samstags im Borussia-park: Mönchengla­dbachs Matthias Ginter steht ratlos auf dem Platz, während die Bayern das Tor zum 3:1 feiern.

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