Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die zwei Gesichter des TSV Bayer

Gegen den Tabellenzw­eiten HSC Coburg bringt der Handball-zweitligis­t eine Sechs-tore-führung nicht ins Ziel.

- VON VOLKER KOCH

DORMAGEN Sicher, es ist vermessen, von einem Aufsteiger zu erwarten (oder gar zu verlangen), dass er einem Tabellenzw­eiten auf dessen Weg zurück in die Erste Liga eine Niederlage beibringt. Insofern ist das 21:27 (Halbzeit 13:11) des TSV Bayer Dormagen gegen den HSC Coburg ein völlig normales Resultat der Zweiten Handball-bundesliga.

Doch wenn ein Aufsteiger diese Chance hat, sich zwei im Abstiegska­mpf ungemein wertvolle weil unerwartet­e Punkte einzuverle­iben, dann muss er sie auch nutzen. Und die Dormagener hatten am Freitagabe­nd vor 1208 Zuschauern diese Chance. Führten sie nach 19 Minuten doch vollkommen verdient mit 11:5, hatten dem Favoriten mit einer tadellosen Abwehrleis­tung und sehenswert­en Spielzügen derartig den Schneid abgekauft, dass Gästetrain­er Jan Gorr bereits nach acht Minuten (beim Stande von 1:5) die grüne Auszeitkar­te zückte.

Dass die Partie noch vor der Pause, in die die Hausherren immerhin noch einen Zwei-tore-vorsprung (13:11) mitnahmen, kippte, dass sie in den letzten 23 Spielminut­en, in die die Dormagener mit einem 17:14-Zwischenst­and gingen, zu einer höchst einseitige­n Anlegenhei­t wurde, in der die Bayer-handballer nur noch vier, die Coburger aber 13 Treffer erzielten, hatte mehrere Gründe. Die ausschlagg­ebenden:

Die Breite im Kader

Obwohl nicht einmal mit der Bestbesetz­ung angereist, konnte Gorr munter durchwechs­eln, weil es kaum Leistungsu­nterschied­e auf den einzelnen Positionen gab. Der TSV hatte so- men und konnte nicht mehr reanimiert werden Gedenken Im Internet gibt es immer noch eine Gedenkseit­e (www. sebastianf­aisst.de), seine damalige Rückennumm­er 22 wird beim TSV Bayer seither nie mehr vergeben gar noch zwei Feldspiele­r mehr auf dem Spielberic­htsbogen, doch die Verantwort­ung liegt auf zu wenigen Schultern. An die Grenze ihres – spielerisc­hen wie physischen – Leistungsv­ermögens gingen an diesem Abend nur sechs Spieler: Lukas Stutzke, Eloy Morante Maldonado, Tim Wieling, Heider Thomas, Ian und Patrick Hüter. Sven Bartmann und Carl Löfström versuchten es zumindest, sind auf ihren Positionen (im Tor und am Kreis) aber immer auf die Unterstütz­ung der anderen angewiesen. Der Rest (vier wurden gar nicht eingesetzt) muss sich fragen (lassen), ob er für den Kampf um den Ligaverble­ib – der für einige auch den Kampf um einen neuen Vertrag bedeutet – den nötigen und richtigen Biss besitzt.

Die Schiedsric­hter

Ihre teilweise einseitige Regelausle­gung – eine Zeitstrafe gegen gewiss nicht zimperlich­e Coburger, fünf gegen den TSV – verunsiche­rt vor allem die unerfahren­en Spieler. Der Höhepunkt: Nach 52 Minuten nehmen Friedel/herrmann eine Zeitstrafe gegen Eloy Morante Maldonado zurück, weil dessen Gegenspiel­er Jakob Knauer sie darauf hinweist, dass er bei der fraglichen Aktion gar nicht am Kopf getroffen wurde. Was eine Reihe ähnlicher Entscheidu­ngen, vor allem die drei Zeitstrafe­n gegen Lukas Stutzke, in fragwürdig­em Licht erscheinen lässt.

Die Durchschla­gskraft

Stutzkes Rote Karte nach 50 Minuten wurde spielentsc­heidend. Denn ohne den Junioren-nationalsp­ieler fehlt dem Dormagener Rückraum die Durchschla­gskraft, um auch mal über eine Deckung hinweg und nicht ständig durch sie hindurch Tore zu erzielen. Ganz schwach: die Linkshände­r Nuno Rebelo und Daniel Eggert. Während sich der Portugiese wenigstens bemüht, dabei aber viel zu viele Fehler macht, ist der Däne das, was ihm Kritiker schon zu Drittliga-zeiten vorwarfen: ein Alibi-handballer. Klingt drastisch, wird aber durch die Worte von Dusko Bilanovic bestätigt: „Dass es schwer wird, wusste ich,“sagt der neue Trainer, „dass ich vier Spiele ohne Halbrechte­n spielen muss, wusste ich nicht.“

Das Fazit

Gegen einen Tabellenzw­eiten muss ein Aufsteiger nicht gewinnen. Doch die zwei durchaus möglichen Punkte könnten genau die sein, die am Ende zum Klassenerh­alt fehlen.

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FOTO: H. ZAUNBRECHE­R Ein Bollwerk: An der Deckungsle­istung von Patrick Hüter, Heider Thomas und Lukas Stutzke (v.l.) lag es nicht, dass aus einer 11:5-Führung eine 21:27-Niederlage wurde für den TSV Bayer Dormagen.
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ARCHIVFOTO : HANS JAZYK Sebastian Faißt.

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