Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Vhs-rücktritt wegen Führungszeugnis
Seit Jahren ist Werner Schell ehrenamtlich bei der Volkshochschule Neuss als Dozent tätig. Dass er nun ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen soll, empfindet der 79-Jährige als Affront – nun möchte er seine Tätigkeit niederlegen.
NEUSS Werner Schell traute seinen Augen nicht, als er jetzt einen Brief von der Volkshochschule Neuss erhielt. „Ein erweitertes Führungszeugnis?“, fragte sich der 79-Jährige. Das soll er jetzt – wie alle anderen Dozenten dervhs Neuss – vorlegen, um dort weiter ehrenamtlich tätig werden zu können. Seit Jahren hält Schell an dervhs Neuss verschiedenevorträge zum Patientenrecht, zur Patientenautonomie am Lebensende beziehungsweise zur Pflege. Dazu bringt er umfangreiches Informationsmaterial mit und steht auch darüber hinaus für klärende Gespräche zurverfügung .„Das Honorar von 50 Euro ist unter Berücksichtigung aller Umstände nur eine Aufwandsentschädigung“, sagt der Träger des Bundesverdienstkreuzes.
Dass er nun ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen und die Gebühren dafür auch noch selbst bezahlen soll, empfindet er als „klaren Affront“, den er unter keinen Umständen hinnehmen möchte. Darum hat Schell jetzt angekündigt, seine Tätigkeit als Dozent an der VHS niederzulegen, sollte die Forderung seitens der Stadt bestehen bleiben.
Diese begründet ihre Forderung unter anderem damit, dass Dozenten der VHS auch Kontakt mit Minderjährigen haben können. Prinzipiell sei die VHS schließlich eine Einrichtung, die den kinder- und jugendnahen Bereich nicht räumlich trennt. Schell betont jedoch: „Da ich nur wenige Vorträge anbie- te und meine Zuhörer in der Regel im Seniorenalter sind, kann ich mir den Sinn der Aufforderung nicht erklären.“Noch nie habe jemand an seinen Vorträgen teilgenommen, der unter 18 Jahre alt ist.
Dass auch Dozenten ein solches Dokument vorlegen müssen, die bei ihrer Arbeit – wie Werner Schell – nie mit Kindern in Kontakt treten, bezeichnet die Stadt „als ein besonderes Qualitätsmerkmal“.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte sich Georg Kaster mit unserer Redaktion in Verbindung gesetzt, weil er die neue Forderung des Bürgermeisters scharf kritisierte. Auch Kaster hat nämlich als Lei-
Bei der Antragstellung ist eine schriftliche Aufforderung der Stelle vorzulegen, die das erweiterte Führungszeugnis verlangt. Unterschied Das erweiterte Führungszeugnis enthält zusätzlich Eintragungen auch geringfügiger Verurteilungen und Verurteilungen, die nicht mehr in das normale Führungszeugnis kämen.
„Das Honorar von 50 Euro ist nur eine Aufwandsentschädigung“Werner Schell Dozent
ter des „Seniorensingkreises“nie mit Minderjährigen im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit zu tun. Zwar hat sich Kaster mittlerweile zähneknirschend das erweiterte Führungszeugnis besorgt, wird jedoch nach Ende des kommenden Semesters seine Tätigkeit bei der VHS an den Nagel hängen, weil er in den Dienst als Bundeswehr-offizier zurückkehrt.
Doch es gibt auchvhs-dozenten, die die neue Forderung des Bürgermeisters positiv sehen. Regina Thebud-lassak bietet unter anderem regelmäßig Pilz-exkursionen an.„in Anbetracht der Missbrauchsskandale – auch in öffentlichen Institutionen – finde ich es gut, wenn man als Dozent eine weißeweste vorweisen muss“, sagt Regina Thebud-lassak, die hinzufügt:„auch wenn es im ersten Moment vielleicht lästig ist.“