Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Indianer-kostüme in Hamburger Kita unerwünscht
HAMBURG Karneval ist nichts für Hanseaten. Rosenmontage unterscheiden sich in Hamburg nicht groß von gewöhnlichenwochenanfängen, und wer zu einer Kostümparty will, muss an der Elbe lange suchen. Karnevalskultur gibt es allenfalls an den Kitas, wo die Kinder genauso viel Spaß amverkleiden haben wie die Pänz im Rheinland.
Genau da setzt eine Meldung an, die am Dienstag für heftige Reakti- onen in den sozialen Medien sorgte. Eine Hamburger Kita hatte in einem Schreiben die Eltern aufgefordert, ihre Kinder zum Kostümfest nicht als Indianer zu verkleiden.„wir achten im Kitaalltag sehr auf eine kultursensible, diskriminierungsfreie und vorurteilsbewusste Erziehung“, heißt es in dem Brief. Die Eltern sollten darauf achten, dass zu Karneval keine Stereotypen bedient werden. „Beispielsweise möchten wir nicht, dass Kinder als ,Indianer‘, ,Scheich‘ oder ähnliches verkleidet sind.“
Erwartbar grell fielen die Reaktionen in den sozialen Medien aus. „Willkommen im Wahnsinn, liebe Kinder“, schrieb ein Facebook-user, „Die Menschheit wird immer bekloppter“, konstatierte ein anderer.
Um Mäßigung bemüht ist Franziska Larrà, Geschäftsführerin des städtischen Kita-trägers Elbkinder. „Von einemverbot kann überhaupt keine Rede sein“, sagt sie.wenn zum Kostümfest nun doch ein Kind als Yakari oder Winnetou aufgetaucht wäre, hätte das keinerlei Konse- quenzen gehabt. Dennoch: Dass die Kita-leitung um Sensibilität gebeten habe, sei erstmal zu begrüßen. Man habe „Indianer“eben aufgezählt als Beispiel für ein Kostüm, das andere beleidigen könnte.
Tatsächlich wird um die ethische Vertretbarkeit bestimmter Kostüme schon länger gerungen – auch im Rheinland. Immer wieder gibt es zum Beispiel heftige Kritik an „Afrikanern“mit dunkel bemalten Gesichtern, Stichwort: Blackfacing. Und unter dem Slogan„ich bin kein Kostüm!“warb kürzlich eine Plakatkampagne für diskriminierungsfreie Verkleidungen.
Bleibt die Frage, welcher amerikanische Ureinwohner sich durch Fünfjährige mit Federschmuck in Hamburg-ottensen gestört fühlen soll. Auch der Kita-träger selbst scheint nicht glücklich zu sein mit dem Elternbrief. Derverzicht auf Indianerkostüme sei ein Beispiel für Inklusion im Karneval, sagt Larrà. „Aber ob das ein gutes Beispiel war, darüber kann man sich streiten.“