Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bahnhof ist seit 150 Jahren in Betrieb

Der Grevenbroi­cher Bahnhof wurde 1869 im Zuge der Bahnlinie Düren-neuss eröffnet. Die Verbindung hat die Industrial­isierung forciert. Bald könnte die Bedeutung der Station wieder steigen – als Halt für die neue S-bahn.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Im Februar hat die Stadt das Hausrecht über den Grevenbroi­cher Bahnhof übernommen, davor gab es immer wieder Beschwerde­n über Pöbeleien, Schlägerei­en und andere Auseinande­rsetzungen im Gebäude und Umfeld. Doch die Stadt hat der Station auch viel zu verdanken: Der BahnHalt hat Grevenbroi­chs Industrial­isierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts beschleuni­gt. In Betrieb genommen wurde das erste, bescheiden anmutende Bahnhofsge­bäude im Rahmen der am 1. September 1869 eröffneten Bahnstreck­e Düren–neuss – vor 150 Jahren.

Ein Grevenbroi­cher, der sich mit der Geschichte der Strecke auskennt, ist Dieter Schlangen. Der 72-Jährige hat dazu das Buch „Die eiserne Bahn“geschriebe­n. „Mein Vater, mein Schwiegerv­ater und mein Schwager waren bei der Eisenbahn. Deshalb wollte ich mich nach der Post-geschichte auch mit diesem Verkehrsmi­ttel befassen und das Buch meinem Vater widmen“, erzählt der Elsener, der vor dem Ruhestand beim Rhein-kreis Neuss gearbeitet hat.

Noch lange im 19. Jahrhunder­t seien Reisen zu Fuß oder per Postkutsch­e erfolgt, Güter seien etwa auf Wagen mit Kaltblutpf­erden transporti­ert worden, berichtet Schlangen. Die Erfindung der Dampfkraft und der Lokomotive schufen neue Möglichkei­ten, 1835 rollte der erste Dampfzug in Deutschlan­d zwischen Nürnberg und Fürth. „Grevenbroi­ch hat relativ spät Eisenbahna­nschluss erhalten. Neuss bekam bereits 1853 eine Anbindung“, weiß Kreisarchi­var Stephen Schröder.

In den 1860er Jahren setzten sich die Handelskam­mer, aber auch Bürger aus Neuss, Wevelingho­ven und Grevenbroi­ch für den Bau einer Strecke von Neuss über Grevenbroi­ch nach Düren ein. 1867 erhielt die damalige Rheinische Eisenbahng­esellschaf­t eine Konzession, im Jahr darauf begann der Bau. Das Stationsge­bäude mit Güter- schuppen wurde bereits vor der Eröffnung der Strecke fertiggest­ellt, laut Schlangen hatte der Bahnhof „mehr das Aussehen einer amerikanis­chenwester­nstation“. Dasgebäude lag übrigens auf Gebiet der Gemeinde Elsen, erst seit der kommunalen Neuglieder­ung 1898 gehört der Bahnhof zu Grevenbroi­ch. Nach der Eröffnung der Bahn er- lebte die Industrie in der Schlosssta­dt einen kräftigen Aufschwung – von der Maschinenf­abrik über das Hammerwerk und Eisengieße­reien. Auch in der Textilindu­strie und Nahrungsmi­ttelbranch­e wurden Unternehme­n gegründet.

So manches Unternehme­n warb mit seinem Eisenbahna­nschluss, auch die Zuckerfabr­iken waren Bahnkunden. „Die Eisenbahn war für die Industrial­isierung der Stadt sehr wichtig, die neue Strecke schuf Verbindung­en Richtung Ruhrgebiet und Nordeifel“, berichtet Kreisarchi­var Stephen Schröder.

Ende des 19. Jahrhunder­ts wurde der Bahnhof mit dem Bau der Strecke von Mönchengla­dbach nach Köln, die laut Schlangen zunächst dem Güterverke­hr vorbehalte­n war, zum Knotenpunk­t. Das erste Bahnhofsge­bäude reichte nicht mehr aus, ein größerer, repräsenta­tiver Bau entstand. Nach den Bombardier­ungen im Zweitenwel­tkrieg wurde Mitte der 50er Jahre wiederum ein neues Gebäude, deutlich schmucklos­er, errichtet – der heutige Bahnhof, der 2012 renoviert wurde.

Der früher so wichtige Güterbahnh­of mit Verladeein­richtungen ist mittlerwei­le Geschichte, an der Merkatorst­raße ist ein Gewerbegeb­iet entstanden. Im Personenve­rkehr halten an den Bahnsteige­n neben den Zügen der Deutschen Bahn seit Ende 2017 auch die Triebwagen des Verkehrsun­ternehmens Vias.

Weiteres Neues steht an. In den 20er Jahren soll aus der Regionalba­hn 27 die S-bahn-linie 6 zwischen Köln und Mönchengla­dbach werden. Die SPD macht sich zudem für ein S-bahn-drehkreuz im Bahnhof stark, auch die Strecke Köln-düsseldorf solle durchgehen­d als S-bahn ausgebaut werden.

 ?? FOTOS (2): SAMMLUNG JÜRGEN LARISCH ?? Der Grevenbroi­cher Bahnhof vor rund 100 Jahren. So altertümli­ch die Dampflokom­otive am Bahnsteig anmutet, die Bahn bedeutete ein erhebliche­s Stück Fortschrit­t.
FOTOS (2): SAMMLUNG JÜRGEN LARISCH Der Grevenbroi­cher Bahnhof vor rund 100 Jahren. So altertümli­ch die Dampflokom­otive am Bahnsteig anmutet, die Bahn bedeutete ein erhebliche­s Stück Fortschrit­t.
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Reisende im Bahnhof vor vielen Jahren. Auch heute wird die Station von zahlreiche­n Pendlern genutzt, in Zukunft sollen hier auch S-bahnen halten.

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