Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kurzweilig­er Ausflug

Heutejange­orgstartet­schüttedie­neuerealis­iertrtl-showmit„klassentre­ffen“„temptation­islandsein­en–versuchung­nächstenen­semblefilm.im Paradies“. Doch warum machen Paare überhaupt bei dem Tv-treuetest mit? Ob das Konzept der Show moralisch verwerflic­h ist, erkl

- VON TIM KRONNER

DÜSSELDORF DÜSSELDORF Die Zeiten, in denen Menschen die große Liebe im Fernsehen suchten, sind offenbar vorbei. Stattdesse­n geht es jetzt darum, sie zu behalten. So lautet kurz zusammenge­fasst das Konzept der neuen Rtl-entkuppel-show. Denn auf „Temptation Island“unterziehe­n sich vier Paare einem Treuetest. Dazu werden sie nach ihrer Ankunft im paradiesis­chen Asien getrennt und jedes Geschlecht bezieht eine Luxus-villa. Dort sind sie nicht allein – sie wohnen mit jeweils elf weiblichen und männlichen Singles zusammen. Die Aufgabe der „sexy Singles“, wie RTL die Villa-bewohner nennt: einen Keil zwischen die Paare treiben.

„Wenn eines dieser Paare mich vorher um Rat gefragt hätte, hätte ich gesagt: Fahrt erst gar nicht hin. Sagt das Ganze ab“, sagt Carina Holthoff. Die Düsseldorf­erin ist studierte Psychologi­n und Paartherap­eutin. Sie findet die neue RTLShow zwar spannend, für die Teilnehmer aber auch bedenklich. „Da kann ganz viel schief gehen“, sagt Holthoff. Denn sich überhaupt bei einer Show wie„temptation Island“anzumelden, spreche dafür, dass die Paare schon im Alltag eher unsicher bezüglich ihres Beziehungs­status sind. Keine gute Grundlage für eine solche Extremsitu­ation.

„Ich sehe meinen Partner nicht, kann nicht mit ihm sprechen. Ich weiß nicht, was gerade in der anderen Villa passiert. Und dann kommt die Fantasie ins Spiel“, sagt Holthoff über die Zeit, die die Pärchen bei „Temptation Island“durchmache­n. Dass RTL den Kandidaten am Abend eines jeden Tages Ausschnit- te vom Geschehen aus der anderen Villa zeigt, mache die Sache nicht besser. Denn unabhängig davon, wie möglicherw­eise sinnentfre­mdet diese Zusammensc­hnitte sind, können sie nicht den kompletten Tag abbilden. „Da bleibt viel Interpreta­tionsspiel­raum. Und dann kommen die Gedanken, dann kommen die Zweifel“, erklärt Holthoff. Auf diese Weise könne sich ein Partner leicht in eine Sache hineinstei­gern, die so gar nicht passiert ist. „Obwohl der andere vielleicht noch gar nichts gemacht hat, ist das dann schon total im Kopf drin“, erklärt Holthoff. „Wenn der sowieso fremdgeht, muss ich ja nicht hier sitzen und heulen. Dann kann ich das genauso machen“, schildert Holthoff den möglichen Gedankenga­ng einer Kandidatin.

Für die 33-Jährige sind die Beweggründ­e der Teilnehmer nur bedingt nachvollzi­ehbar. „Wenn man sich gegenseiti­g vertraut, kann man das natürlich als gratis Urlaub mitnehmen“, sagt Holthoff zwar. Dass die Paare wirklich ihre Treue testen wollen, kann sie sich jedoch kaum vorstellen: „Das geht auch im Alltag. Dafür muss man nicht ins Fernsehen.“Viel naheliegen­der sei es, dass die Kandidaten einfach berühmt werden wollen. Die eigene Beziehung auf diese Art und Weise öffentlich zu machen, hält Holthoff nicht für sinnvoll. „Das geht entgegen einer romantisch­envorstell­ung von Partnersch­aft und Liebe.“

In diesem Sinne passe ein andeKlasse­ntreffen, rer Titel als „Insel 20.15 der Uhr, Versuchung“ARD

Z„ZDFzeit“- „Ziemlich beste Nachbarn“ deutlich besser. „,Insel der Trennung’ zum Beispiel“, sagt Holthoff. „Ich denke, dass bei den Paaren, die da mitmachen, schon vorher so viel im Argen liegt, dass die sich wahrschein­lich sowieso irgendwann trennen“, erklärt die Paartherap­eutin. Unter diesen Voraussetz­ungen überhaupt an „Temptation Island“teilzunehm­en, spreche noch für einen ganz anderen Sendungsti­tel: „Insel des Wahnsinns“.

Holthoff will jedoch nicht ausschließ­en, dass die Teilnahme an „Temptation Island“auch einen positiven Effekt haben könnte. „Ich glaube durchaus, dass eine Beziehung daran wachsen kann“, sagt Holthoff.wenn auch auf Kosten anderer. Nämlich in dem Fall, dass nur eines der Paare zusammenbl­eibt. Und im Gegensatz zu den gescheiter­ten anderen Pärchen ohne großes Drama und Eifersucht auskommt. Die Gefahr, seine Partnersch­aft auf der „Insel der Versuchung“zu verlieren, sei deutlich größer. „Wenn man sich rein dieses Prinzip anschaut, dann ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass Beziehunge­n durch so ein Format zerbrechen.“

Ist es moralisch verwerflic­h, für Konflikte zwischen Pärchen zu sorgen und so möglicherw­eise deren Beziehung zu sabotieren? Und das unter dem Deckmantel eines Treuetests. „So lange es Menschen gibt, die da freiwillig mitmachen und natürlich auch Menschen, die sich das Ganze angucken, kann man die Moral-frage eigentlich gar nicht beantworte­n“, sagt Holthoff. „Aber das Format ist natürlich schon etwas, bei dem ich persönlich sage: Braucht unsere Gesellscha­ft das?“ „Temptation Island“, RTL, 20.15 Uhr

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FOTO: WDR/WOLFGANG ENNENBACH FOTO: RTL Christina und Salvatore stellen in der RTL-SHOW „Temptation Island“ihre Beziehung auf die Probe. Dass Paare mitmachen, weil sie die Treue des Partners testen wollen, kann sich Paartherap­eutin Carina Holthoff nicht vorstellen.

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