Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Digitalisierung als Bürgerschreck
Wer in Düsseldorf einen Pass beantragen will, fühlt sich wie in Kafkas Schloss 4.0. Dass es ganz anders geht, zeigt Estland, der Vorreiter bei digitaler Verwaltung.
Eigentlich soll die Digitalisierung das Leben erleichtern. Alexa spielt auf Zuruf Musik, der Dash-button ordert neues Waschpulver, und mit der Apple Watch zahlen wir im Supermarkt lässig mit dem Handgelenk. Wo es oft noch gar nicht klappt, ist bei der öffentlichen Verwaltung.
Wer etwa bei der Stadt Düsseldorf versucht, einen Termin zur Ausweis-beantragung zu bekommen, wähnt sich in Kafkas Schloss 4.0. Zwar gibt es eine schicke Seite, auf der man online einen Termin vereinbaren kann. Doch die Bürgerbüros bieten diese nur begrenzt an. Aktuell ausgebucht, und das an allen Standorten, heißt es dann. Zudem stellen die Bürgerbüros nur Termine für bis zu 15 Tage bereit. Der Rat der Stadt: „Zwischen neun und 9.30 Uhr können Sie täglich online Termine für den laufenden Tag buchen.“So nutzt man die Digitalisierung, um sich Kundschaft ANTJE HÖNING der arme Herr K. um Kafkas Schloss immer wieder auf die Internetseite und hofft, dass genau jetzt ein neuer Termin eingestellt wird. Das kann jede Arztpraxis besser. Dass es auch für eine Verwaltung ganz anders geht, zeigt Estland, das als Vorbild in Sachen E-government gilt. Dort muss der Bürger vielfach gar nicht mehr aufs Amt. Denn alle haben einen Chip im Ausweis, eine Pin und ein Lesegerät für ihren PC, über das sie sich daheim ausweisen können. So können sie mit wenigen Klicks ihre Steuerklärungen abgeben, ihr Auto anmelden oder eine Firma gründen.
Was soll all das Gewese um Digitale Hubs und It-cluster! Wer sich als Standort attraktiv machen will, sollte Bürgern und Firmen einfach den Alltag erleichtern. Düsseldorf ist davon weit entfernt. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de