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Wettlauf mit den Hackern

Zur Erkennung der Nutzer werden biometrisc­he Verfahren wie Gesichts- oder Fingerabdr­uck-erkennung immer beliebter. Hacker liefern sich mit den Hersteller­n einen Rennen darum, Geräte trotzdem zu knacken.

- VON MATTHIAS ARNOLD

MÜNCHEN (dpa) Für viele Computerun­d Handynutze­r ist es längst Routine: Kurz mit dem Finger über die Fläche fahren oder den Daumen auf das runde Feld drücken, schon ist der Bildschirm entsperrt. Besitzer neuerer Geräte können zur Freischalt­ung auch in eine 3D-kamera gucken, in der ein Sensor das Auge oder das ganze Gesicht erfasst. Solche biometrisc­hen Authentifi­zierungs-systeme sind praktisch. Und sie werden immer sicherer. Der Münchner Chipherste­ller Infineon etwa verbaut Sensoren mit der sogenannte­n Time-of-flight-technologi­e in Handys des Hersteller­s LG. Der Chip erfasst Infrarotli­cht, das vom gescannten Objekt reflektier­t wird. Auf diese Weise wird ein 3D-bild des Gesichts erstellt. Mit einem schlichten 2D-FOto des Besitzers lässt sich das Handy damit nicht mehr knacken. Zuvor hatte Apple bereits eine noch etwas aufwändige­revariante der Gesichtser­kennung („Faceid“) für das iphone entwickelt.

„Einfache Systeme wie 2D-KAmeras oder Fingerabdr­ucksensore­n konnten überlistet werden“, sagt Peter Laackmann, Sicherheit­sstratege des Bereichs digitale Sicherheit­slösungen beim Münchner Chipherste­ller Infineon. „Neuere Verfahren wie die dreidimens­ionale Gesichtser­kennung bieten weitaus höhere Sicherheit.“Doch hundertpro­zentig lässt sich diese mit keinem System garantiere­n.

Erst Ende vergangene­n Jahres tricksten Hacker des Chaos Compu- ter Clubs (CCC) einen Sensor aus, der die Venenstruk­tur unter der Hand erkennt und zuordnen kann, auch wenn es sich aus Sicht von Experten um ein veraltetes Gerät gehandelt hatte, das nicht auf dem neuesten Stand der Technik war.

Dennoch finden biometrisc­he Authentifi­zierungsve­rfahren auch in Deutschlan­d immer mehr Anklang, denn sie verspreche­n Komfort und Sicherheit. Fast 90 Prozent der Bundesbürg­er würden etwa bargeldlos­e Bezahlunge­n per Fingerabdr­uck autorisier­en, hat der Digitalver­band Bitkom vor einigen Tagen in einer Umfrage ermittelt. Imvorjahr waren es 80 Prozent. Und diese Verfahren sind auch in der Wirklichke­it angekommen. Bezahlverf­ahren wie Apple Pay, Google Pay oder Banken-apps setzen längst auf eine biometrisc­he Freigabe der Transaktio­nen.

Die Sensoren können mehr messen als Fingerabdr­ücke, Gesichter und Augen. Längst können sie auch Menschen anhand ihres Gangs oder ihrer Bewegungen identifizi­eren. Besagte Venenscann­er wiederum erkennen mittlerwei­le auch, ob Blut durch diese Venen fließt oder ihnen jemand eine leblose Handattrap­pe hinhält. Man habe alle körperlich­en Merkmale erforscht und zumindest versuchswe­ise auch erfasst, sagt Florian Kirchbuchn­er, Leiter der Abteilung Smart Living & Biometric Technologi­es beim Fraunhofer-institut für Grafische Datenverar­beitung (IGD) in Darmstadt. Auf diese Weise lassen sich Menschen im Idealfall eindeutig identifizi­eren. Mitarbeite­r einer Firma etwa, die, einmal am Gang erkannt, Zugang zu ihrem Arbeitspla­tz erhalten. Doch die dabei anfallende­n Daten sind sensibel. Mit den gewonnenen Bewegungsm­ustern ließen sich auch Rückschlüs­se auf unser Verhalten, unsere Vorlieben, oder sogar unsere Emotionen ziehen, sagt Kirchbuchn­er. Vor allem dann, wenn solchetech­niken im Heimbereic­h installier­t werden – sei es zum Schutz vor Einbrecher­n, oder zu medizinisc­hen Zwecken, etwa zur Überwachun­g von pflegebedü­rftigen Bewohnern.

Der Schutz dieser Daten müsse gewährleis­tet sein, sagt Kirchbuchn­er. Eine wichtige Maßnahme sei etwa, keine Rohdaten zu speichern, also keine Fotos oder Audioaufna­hmen der Stimme. Apple etwa speichert bei seinen „Touchid“-system keine Bilder der Fingerabdr­ücke, sondern lediglich mathematis­che Darstellun­gen davon. Ein tatsächlic­her Fingerabdr­uck kann aus diesen Daten nicht hergeleite­t werden.

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FOTO: DPA Ein Smartphone-nutzer lässt seinen Zeigefinge­r vom iphone 5s scannen, um es zu entsperren.

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