Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Borussia sucht nach der Wahrheit

Nach der kürzlichen Negativser­ie wachsen die Zweifel am Gladbacher Status des Spitzentea­ms. In Mainz will das Team die Wende einleiten. Ansonsten droht dem Verein mehr als nur der Verlust der Punkte.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER UND KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Vergangene­n Sonntag, nach dem düsteren 1:5 gegen den FC Bayern München, saß Hans Meyer, Präsidiums­mitglied von Borussia Mönchengla­dbach, im „Sport-1-doppelpass“. Meyer, früher selbst Trainer der Borussen, war um Einordnung bemüht. Die aktuelle Phase der Gladbacher, die in den letzten vier Spielen nur einen Punkt holten bei einem Torverhält­nis von 2:12, belege, dass das Team auf den Plätzen zwei und drei nichts zu suchen habe. Gleichwohl sei auch die Misswirtsc­haft der letzten vier Wochen nicht diewahrhei­t über Borussia in der Saison 2018/2019.

Daran schließt sich die Frage an: Was ist die Gladbacher Wahrheit? Die Antwort wird es in den letzten zehn Spielen der Saison geben, und das erste ist das am Samstag (18.30 Uhr) bei Mainz 05. Ein Gegner aus der Kategorie unangenehm.weswegen es für die Borussen ein sportliche­r wie mentaler Test ist: Können sie Krisenmana­gement, können sie die Wende schaffen? Wichtig wäre es, denn ansonsten würde sich das, was sie partout nicht Krise nennen wollen, verschärfe­n.

Es steht viel auf dem Spiel. Zum einen das, was sich die Borussen aufgebaut haben in den ersten 20 Spielen. Nur zweimal standen sie nicht auf einem Champions-league-rang, weswegen sie zwischenze­itlich einsortier­t wurden als Überraschu­ngsteilneh­mer am Titelrenne­n. Solcherlei Gedankengu­t wollte Meyer mit seiner Einlassung zurechtrüc­ken. Aber andersheru­m: Wer so lange so weit oben steht, ist dann was? Nun, Europa ist das Ziel, mindestens die kleine Variante namens Europa League. Doch hätte es für die Borussen nicht nur Charme, wieder auf der ganz großen Bühne dabei zu sein.

Die Champions League ist eben auch ein Lockmittel. Nicht nur für neue Spieler, sondern auch für die, die da sind und als Köpfe des Teams langfristi­g helfen könnten: Thorgan Hazard, der bei vielen Top-klubs gehandelt wird und nur einen Vertrag bis 2020 hat.wird der Kontrakt nicht ausgeweite­t, geht der Belgier im Sommer. Dass der Faktor Champions League bei ihm eine Rolle spielt, hat er gesagt. Auch Matthias Ginter, der nach der neuen Sachlage im Nationalte­am künftig eine gewichtige­re Rolle spielen dürfte, hat sicher großes Interesse, sich auch im Klub auf dieser Bühne zu beweisen.

Die vergangene­n Wochen haben auch eine größere Planungsic­herheit für Manager Max Eberl verhindert. Er kann nun das internatio­nale Geschäft nicht ohne ein „vielleicht“in Verhandlun­gen mit eventuelle­n Zugängen verkaufen. Das kann zu Verzögerun­gen führen. Dabei ist auch auf dem Transferma­rkt Zeit Geld. Letzteres gäbe es durch die Champions-league-qualifikat­ion zuhauf. Die Borussen planen nicht mit dem Geld, doch nutzen würden sie es gern, um das Tream weiter zu verstärken. Dass ein Champions-league-teilnehmer auch im Kontext der Internatio­nalisierun­g klangvolle­r ist, ist ebenfalls logisch.

Natürlich steht auch die neue sportliche Ausrichtun­g auf dem Prüfstand. Trainer Dieter Hecking hat auf Offensive gesetzt, auf ein mutiges, angriffslu­stiges Spiel. Nun ist der Überraschu­ngseffekt vorbei und es wird sich zeigen, wie stark der Ansatz auf Strecke ist. Kann Heckings 4-3-3 zum Symbol für eine neue Ära in Gladbach werden?

Dafür muss Borussia die Konsequenz und die Effektivit­ät wiederfind­en, die das Team ausgezeich­net hat, vorn wie hinten. Vor allem muss sie defensiv wieder dicht machen: Sie hatte die beste Abwehr der Liga bis Anfang Februar. Steht die Null, ist die Erfolgswah­rscheinlic­h- keit groß, denn vorn gibt es einige Herren, die jederzeit treffen können. Aber auch da gilt: Sie müssen es wieder tun. Effektivit­ät ist nun mal die Folge von Konsequenz.

Wie es ist, wenn Borussia all das auf den Rasen bringt, bekam Mainz in der Hinserie zu spüren, das 4:0 war der höchste Liga-sieg dieser Saison. Nun wird das Rückspiel ein Wegweiser sein für die Gladbacher. Verlieren sie, drohen sie erstmals seit dem vierten Spieltag aus den Champions-league-rängen zu rutschen, wenn Frankfurt siegt. Die Eintracht ist wie Leipzig (3. Platz) und Leverkusen (6.) im Aufwind, Gladbach nimmt sich indes die erste Schwächeph­ase der Saison. Sie nun in Mainz zu beenden und damit auch den anderen zu zeigen, dass man zwar gestrauche­lt, aber nicht gefallen ist, wäre eine psychologi­sch wertvolle Botschaft. Auch an sich selbst. Denn plötzlich Verfolger zu sein und es nicht mehr selbst in der Hand zu haben, das ist schon eine andere Geschichte. Es wäre zudem ein Fingerzeig an die Kritiker, die vermuten, dass Borussia doch nicht bereit sei, Großes zu erreichen.

 ?? FOTO: DPA/FEDERICO GAMBARINI ?? Thorgan Hazard ist in diesem Jahr noch ohne Treffer, dabei braucht Borussia die Tore des belgischen Stars, um die Qualifikat­ion für die Champions League zu packen. Anstonsten wird er wohl im kommenden Sommer den Verein verlassen wollen.
FOTO: DPA/FEDERICO GAMBARINI Thorgan Hazard ist in diesem Jahr noch ohne Treffer, dabei braucht Borussia die Tore des belgischen Stars, um die Qualifikat­ion für die Champions League zu packen. Anstonsten wird er wohl im kommenden Sommer den Verein verlassen wollen.

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