Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

China-schmuggel: Zöllner im Zeugenstan­d vor dem Landgerich­t

- VON JENS HELMUS

KLEVE/NEUSS Vor der Wirtschaft­sstrafkamm­er des Klever Landgerich­ts müssen sich ein 37-jähriger Chinese, ein 57-Jähriger aus Bunde, ein 41-jähriger Neusser und ein in China geborener 52-jähriger Neusser wegen gewerbs- und bandenmäßi­gen Schmuggels in mehr als 450 Fällen verantwort­en. Im Strafproze­ss gegen die vier Männer, die über Jahre chinesisch­e Waren am Zoll vorbeigesc­hmuggelt haben sollen, sagten am Freitag zwei Zollbeamte als Zeugen aus. Die Emmericher Beamten (60 und 67 Jahre alt) sollen geholfen haben, dass die Waren vom Hamburger Hafen aus ohne beziehungs­weise mit zu geringen Abgaben nach Polen transporti­ert werden konnten.

Möglich soll das gewesen sein, weil die Transporte­ure der chinesisch­en Waren beim Hamburger Zoll erklärten, die Waren beim Emmericher Zollamt vorführen zu wollen. Tatsächlic­h seien die Waren aber direkt nach Polen gegangen, während die beteiligte­n Beamten in Emmerich die Vorgänge so abwickelte­n, als hätte die Einfuhr ihren korrekten Gang genommen. Die notwendige­n Dokumente faxten die Lkw-fahrer von einem Autohof nahe Hamburg aus zu beteiligte­n Unternehme­n. Von dort aus wurden sie an den Emmericher Zoll weitergele­itet. Gegen die beiden Zollbeamte­n, die am Freitag vor derwirtsch­aftsstrafk­ammer des Klever Landgerich­ts als Zeugen befragt wurden, laufen ebenfalls Verfahren. Der 60-jährige Zollbeamte, der seit Aufdeckung des großangele­gten Schmuggels suspendier­t ist, erklärte im Zeugenstan­d, er sei nur am Rande an der Bearbeitun­g der Vorgänge beteiligt gewesen. Hauptveran­twortlich sei sein mittlerwei­le pensionier­ter 67-jähriger Kollege gewesen. „Es war bei uns in Emmerich ein offenes Geheimnis, dass er eine sehr kundenfreu­ndliche Ausrichtun­g hatte“, so der 60-Jährige über seinen ehemaligen Kollegen.

Ab und an habe der Kollege Vorgänge auch an ihn delegiert, erklärte der 60-Jährige. Bisweilen seien auch E-mails von involviert­en Unternehme­n bei ihm gelandet, diese habe er dann aber nur ausgedruck­t und an den Kollegen weitergere­icht. Es sei möglich, dass er selbst den einen oder anderen Vorgang nicht korrekt abgewickel­t habe, sagte der 60-Jährige. „Wenn, dann war das aber keine Absicht.“Rund 30 Fälle werden dem 60-Jährigen in einem gesonderte­n Verfahren vorgeworfe­n.

Ein gesonderte­s Verfahren läuft auch gegen den 67-Jährigen. „Was zum Henker hat Sie dazu bewogen, so zu agieren?“, eröffnete Richter Christian Henckel die Befragung des Zeugen. „Das weiß ich selber nicht. Ich bin da so reingerate­n“, sagte der 67-Jährige. „Ich muss eingestehe­n, dass es so ist. Ich habe unrechtmäß­ig Zollverfah­ren beendet“, erklärte der Zeuge – profitiert habe er davon aber nicht. Es habe ihn nur genervt, dass die Unternehme­n durch teils langwierig­e Zollverfah­ren stark belastet würden, deswegen habe er irgendwann angefangen, vieles durchzuwin­ken.

Einer von gut 450 allein in diesem Verfahren angeklagte­n Fällen: Am 17. Juli 2013 kam ein Container voller Jacken aus China in Hamburg an. Bereits am frühen Morgen des darauffolg­enden Tages wurde die Lieferung als konform ins Zollsystem eingetrage­n.

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FOTO: VAN OFFERN Vor dem Landgerich­t Kleve wird der Fall verhandelt.

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