Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ringen ums Urheberrec­ht

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

ANALYSE Künstler, Autoren und Verlage sollen gegenüber Internetri­esen wie Google, Apple und Facebook an Macht gewinnen. Doch die geplante Reform des Eu-rechts stößt auf breite Kritik. Warum ist das so?

Kaum ein anderes Thema treibt Internetnu­tzer derzeit so um wie die Vorschläge der Eu-kommission und der Mitgliedst­aaten zur Reform des europäisch­en Urheberrec­hts. Zensur, das Ende der Freiheit, der Tod des Internets: Die Wortwahl bei vielen Demonstrat­ionen ist drastisch, die Debatte um Streitpunk­te wie Upload-filter emotional aufgeladen. Wir geben Antworten auf die wichtigste­n Fragen zum Thema.

Was genau soll geändert werden?

Grundsätzl­ich geht es darum, das Urheberrec­ht beispielsw­eise für Musik, Filme und Texte europaweit anzugleich­en und an das digitale Zeitalter anzupassen. So soll die Neuregelun­g die Interessen der Urheber, der Nutzer und der beteiligte­n Unternehme­n wie Internetpl­attformen und Verlage angemessen berücksich­tigen. Hauptstrei­tpunkt ist die geplante Haftung von Plattforme­n wie Youtube und anderen für hochgelade­ne Inhalte. Dafür soll der Artikel 13 der Eu-urheberrec­htsrichtli­nie geändert werden. In der Konsequenz droht die Einführung sogenannte­r Upload-filter, die auch rechtmäßig­e Inhalte ausbremsen könnten. Über Artikel 11 der Richtlinie soll zudem ein neues Recht für Presseverl­eger eingeführt werden, wonach diese Geld von den Plattforme­n verlangen können, wenn die Anbieter Presse-erzeugniss­e nutzen.

Warum ist die Reform des Urheberrec­hts notwendig?

Mit der Entwicklun­g digitaler Geschäftsm­odelle kamen Probleme auf. Bei der Videoplatt­form Youtube etwa werden täglich weit mehr als 550.000 Stunden Filmmateri­al hochgelade­n. Niemand kann jedoch manuell prüfen, ob dabei nicht Urheberrec­hte verletzt werden. Gleichzeit­ig verdient Youtube, das zum Google-konzern Alphabet gehört, viel Geld mit Werbeeinsp­ielern in den Videos – die Rechteinha­ber von möglicherw­eise illegal hochgelade­nen Inhalten haben davon nichts.

Wie argumentie­ren die Befürworte­r der Reform?

Sie sehen in dem vorliegend­en Kompromiss der Kommission und der Mitgliedss­taaten ein Instrument, um Urhebern und Verlagen mehr Macht gegenüber Internetpl­attformen einzuräume­n. Der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) und viele andere Interessen­svertreter von Autoren, Künstlern und Kreativen sehen im neuen Artikel 11 eine Verbesseru­ng für die Kulturwirt­schaft in ganz Europa. Die Änderung biete Verlagen erstmals die Chance, „mit den großen Tech-plattforme­n über die Nutzung ihrer Inhalte zu einem fairen Preis zu verhandeln“, heißt es vom BDZV.

„Bei Artikel 13 geht es um den Schutz des geistigen Eigentums Anderer. Das ist ein Grundrecht, das wir mit der digitalenw­elt dringend in Einklang bringen müssen. Mit der Neuregelun­g liegen wir auf der Linie der Rechtsprec­hung des Europäisch­en Gerichtsho­fs“, sagt der Eu-parlamenta­rier Axel Voss (CDU). Er verweist auch darauf, dass die Neuregelun­gen des Artikels 13 nur aktive Plattforme­n beträfen, die in großem Stil urheberrec­htlich geschützte­n Werke Anderer hochlüden und damit Geld verdienten. „Es ist nicht richtig, wie vielfach behauptet wird, dass mit Artikel 13 auch Nachbarsch­afts-, Dating- und Handelspla­ttformen künftig ihre Inhalte systematis­ch auf Urheberrec­htswerke kontrollie­ren müssen.“Nur ein bis fünf Prozent der Plattforme­n seien überhaupt betroffen.

Was stört die Gegner des geplanten Artikels 13?

Die Wahrschein­lichkeit, dass Websitenbe­treiber und Plattforme­n mit jedem Urheber Lizenzvert­räge für die Veröffentl­ichung von urheberrec­htlich geschützte­n Inhalten abschließe­n, ist nicht sehr hoch. Sollte es auch nicht gelingen, ein pauschales Lizenzsyst­em zu etablieren, bleibt laut Kritikern für die Umsetzung des Artikels 13 nur die Einführung sogenannte­r Uploadfilt­er. Der Kölner Medienrech­tsanwalt Christian Solmecke lehnt Artikel 13 ab. „Das Problem ist, dass der Artikel un-

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