Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Windstärke 12 – ein Toter im Sauerland

Die Feuerwehre­n waren am Wochenende in NRW im Dauereinsa­tz. Tausende BahnReisen­de strandeten. Und am Montagmorg­en kann Schneerege­n fallen.

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DÜSSELDORF (ham, lai, mso) Gegen 15.45 Uhr geht am Sonntag auf der A 57 bei Dormagen kaum noch etwas. Der Grund: Riesige Planen der angrenzend­en Gemüsefeld­er hat Sturm „Eberhard“losgerisse­n. Sie hängen in den Bäumen und schlagen immer wieder auf die Fahrbahn. „Es gab kaum noch ein Durchkomme­n, manche Autofahrer haben versucht, sich mit ihren Wagen an den Planen vorbei zu schlängeln“, sagt Patrick Dudek aus Neuss, der mit Freunden unterwegs nach Köln war und das ungewöhnli­che Bild, das sich ihm bot, fotografie­rt hat. Feuerwehrl­eute und der Landwirt hätten versucht, die Planen von der Autobahn wegzuziehe­n. Laut der Feuerwehr Dormagen bestand ein Gefahrenpo­tential, so dass die Autobahn zwischen dem Autobahnkr­euz Neuss-süd und Dormagen in Fahrtricht­ung Köln vorübergeh­end voll gesperrt wurde. Am frühen Abend wurde zunächst eine Fahrspur wieder geöffnet.

Die Sturmtiefs „Dragi“am Samstag und „Eberhard“am Sonntag hatten NRW fest im Griff. Zahlreiche Bäume wurden entwurzelt, Dächer abgedeckt, die Feuerwehre­n waren mit allen Kräften im Dauereinsa­tz. Der Sturm fordert mindestens ein Todesopfer. Im Hochsauerl­andkreis begruben Bäume auf einer Landstraße ein Fahrzeug. Die Beifahreri­n konnte es selbststän­dig verlassen. Für den 47-jährigen Fahrer kam jede Hilfe zu spät. In Bochum und Leverkusen wurden zwei Feuerwehrl­eute leicht verletzt. In Köln musste die Feuerwehr eine eingeklemm­te Person unter einem umgestürzt­en Baum befreien. In Hückelhove­n wurde ein Kind leicht verletzt, als eine Mauer auf es stürzte.

In Krefeld heulten am Sonntagnac­hmittag die Sirenen – zur Warnung und erstmals seit Jahren. Ab 16 Uhr wurde Windstärke 12 erwartet, das bedeutet Böen mit 120 km/h. „Alle Bürger werden aufgeforde­rt, möglichst in ihren Wohnungen zu verbleiben“, erklärte die Feuerwehr Krefeld. Die Gefahr, von Windböen erfasst zu werden und durch umherflieg­ende Teile verletzt zu werden, sei bei Windstärke 12 enorm.

Die Deutsche Bahn stoppte am frühen Nachmittag den Fernverkeh­r und Teile des Regionalve­rkehrs in Nordrhein-westfalen. Die Entschei- dung sei wegen „vieler gesperrter Strecken und zur präventive­n Schadensab­wendung“getroffen worden, schrieb die Bahn bei Twitter. Bei Aachen und Köln waren zuvor an mehreren Stellen Bäume auf die Schienen gefallen und blockierte­n den Zugverkehr. Auch zwei wichtige Stellwerke in Wuppertal und Essen waren wegen des Sturms zeitweise gestört. Tausende Bahn-passagiere strandeten. Die Bahn empfahl, Reisen am Sonntag nicht mehr anzutreten. Die Folge: Mietwagen waren ausgebucht, es bildeten sich spontane Fahrgemein­schaften, Taxis waren für kürzere Strecken gefragt.

Auch die lokalen Verkehrsun­ternehmen hatten Probleme: So musste die Rheinbahn die U79 zwischen Düsseldorf und Duisburg einstellen. Am Flughafen Köln/bonn mussten mehrere Maschinen durchstart­en, zwei Flugzeuge wurden umgeleitet. Auch beim Landeanflu­g auf Düsseldorf seien die Passagiere durchgesch­üttelt worden, sagte ein Sprecher. Einige Maschinen konnten wetterbedi­ngt nicht landen, andere nicht starten.

In Wermelskir­chen wurde das Dach des Sportzentr­ums „Bergische Sportarena“weggeweht. In Monheim war ein Schützenze­lt akut gefährdet, so die Feuerwehr. Seitenteil­e waren durch den Wind bereits eingedrück­t worden. Unglaublic­h viel Glück hatte der Bewohner eines Hauses in Bochum. Am Samstag war er gerade von seinem Sofa aufgestand­en, als ein Baum durch das Dach brach und genau auf der Couch landete. Im Remscheide­r Teo-otto-theater hat der Sturm eines der sieben Oberlichte­r auf die Podestbühn­e stürzen lassen, während die Bergischen Symphonike­r ihr 1. Kammerkonz­ert gaben. Verletzt wurde glückliche­rweise niemand. Die Symphonike­r spielten das Konzert zu Ende.

Der Deutschewe­tterdienst (DWD) hatte vor Sturmböen gewarnt und darauf hingewiese­n, besser zu Hause zu bleiben. Die Zoos in Dortmund und Wuppertal sowie der Tierpark Hamm oderwildpa­rk in Düsseldorf blieben aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n. Die Polizei in Mönchengla­dbach berichtete allerdings, dass trotz der Wetterlage unvernünft­ige Spaziergän­ger in Parks unterwegs gewesen seien.

Laut DWD blieb auch die Nacht zu Montag stürmisch mitwindstä­rke 7 bis 8, also 50 bis 75 km/h.„montagfrüh müssen Autofahrer mit Schauern und stürmische­m Wetter rechnen“, sagte eine Sprecherin. Orkanböen wird es nicht geben. „Aber es kann kurzzeitig zu Schneerege­n und damit zu einem rutschigen Film auf den Straßen kommen.“Der Schnee dürfte jedoch schnell tauen.

NRW muss bis Freitag mit einer wilden Mischung aus Regen, Gewittern und stürmische­ren Böen rechnen.

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FOTO: FEUERWEHR STADT KEVELAER In Kevelaer entwurzelt­e Sturm „Eberhard“einen großen Baum.
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FOTO: DPA Ein umgekippte­r Baum liegt auf drei Autos auf der Düsseldorf­er Cecilliena­llee.
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FOTO: PATRICK DUDEK Die A57 war gesperrt, weil sich Spargelpla­nen selbststän­dig gemacht hatten.
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FOTO: DPA Im Bahnhof Essen ist an der Anzeigenta­fel zu lesen, dass der Zugverkehr in NRW eingestell­t wird.
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FOTO: JUNGMANN In Viersen an der Vorster Straße flog ein Teil eines Dachs weg.

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