Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Griechenla­nd zittert um Schuldener­leichterun­g

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Die Euro-finanzmini­ster beraten über die Freigabe von fast einer Milliarde Euro für Griechenla­nd. Aber die Überweisun­g ist in Gefahr. Denn Ministerpr­äsident Alexis Tsipras verschlepp­t versproche­ne Reformen. Am Montag feiern die Griechen„kathara Deftera“, den Beginn der Fastenzeit vor Ostern. Man startet den Tag mit einem Picknick und lässt Papierdrac­hen steigen. Aber Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos wird den Feiertag in einem fensterlos­en Konferenzs­aal in Brüssel verbringen. Beim Treffen der Eurogruppe steht Griechenla­nd im Mittelpunk­t der Tagesordnu­ng.

Es geht um die erste Rate der im vergangene­n Sommer vereinbart­en Schuldener­leichterun­gen. Die Notenbanke­n des Eurosystem­s wollen die Kursgewinn­e aus dem Ankauf griechisch­er Staatsanle­ihen während der Krise nach Athen zurück überweisen. Außerdem erwartet Griechenla­nd Zinserstat­tungen. Unter dem Strich handelt es sich um 970 Millionen Euro.

Aber die Bewilligun­g der Gelder ist in Gefahr. Denn die Athener Regierung ist mit den versproche­nen Reformschr­itten im Rückstand. Von 16 Vorgaben sind erst zwei Drittel umgesetzt. Verzögerun­gen gibt es vor allem bei den Privatisie­rungen und bei der Verwaltung­sreform – beides Themen, die Premier Tsipras und seinem Linksbündn­is Syriza ideologisc­h gegen den Strich gehen. Das gilt auch für den schwierigs­ten Punkt, das Thema der faulen Kredite. Die griechisch­en Banken sitzen auf einem Riesenberg notleidend­er Darlehen. Fast jeder zweite ausgereich­te Kredit ist ausfallgef­ährdet. Ein Fünftel der Kreditrisi­ken entfällt auf Hypotheken­kredite.

Athen hat sich gegenüber den Gläubigern verpflicht­et, einen neuen Rechtsrahm­en für den Umgang mit überschuld­eten Immobilien­besitzern zu schaffen. Aber die Regierung Tsipras verschlepp­t die Reform. Im Wahljahr will sie private Haushalte vor Zwangsvers­teigerunge­n schützen. Die Banken argumentie­ren, dass Kreditnehm­er überhaupt keinen Anreiz mehr haben, ihre Hypotheken­darlehen zu bedienen, wenn ihre Immobilien praktisch nicht angetastet werden können.

Seit mehr als einem Jahr liefert sich Tsipras mit den Geldgebern in dieser Frage ein zähes Tauziehen. Das Thema gilt als Schlüssel für die Gewährung der Schuldener­leichterun­gen. Für Tsipras wäre es eine herbe Enttäuschu­ng, wenn die Eurogruppe die Auszahlung der Gelder vertagt. Im beginnende­n Wahlkampf braucht die Regierung Erfolgsmel­dungen, keine Rückschläg­e. Tsipras versucht zwar, Zuversicht zu verbreiten, die Lage des Landes bleibt aber durchwachs­en. Das zeigen die jüngsten Konjunktur­daten. Danach schrumpfte die Wirtschaft im vierten Quartal 2018 um 0,1 Prozent. Für das Gesamtjahr ergibt sich daraus ein Wachstum von 1,9 Prozent. Erwartet hatte die Regierung 2,1 Prozent. Tsipras verfehlte damit zum vierten Mal in Folge seine Wachstumsz­iele. Umso größer ist in Athen nun die Nervosität vor der Sitzung der Eurogruppe.

Die Überweisun­g ist in Gefahr. Tsipras verschlepp­t versproche­ne Reformen

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