Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Pilot setzte noch Notruf ab
Das Flugzeug war neu. Der Pilot galt als erfahren. Trotzdem stürzte die Boeing 737 der Ethiopian Airlines nur wenige Minuten nach dem Start ab. Menschen aus 33 Ländern waren an Bord, auch viele Europäer.
ADDISABEBA (dpa) Beim Absturz einer Passagiermaschine in Äthiopien sind nach Angaben der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines alle 157 Insassen ums Leben gekommen. Unter den Opfern seien zahlreiche Europäer, teilte die Airline mit. An Bord der Boeing 737 seien 149 Passagiere und acht Crew-mitglieder gewesen. Die Fluggesellschaft hatte die neue Maschine nach eigenen Angaben erst im November erworben.
Bei der Passagiermaschine handelt es sich nach Angaben von Boeing um einen Flieger vom Typ 737 Max 8. Das teilte der Flugzeugbauer am Sonntag mit. Demnach würde es sich um denselben Flugzeugtyp handeln wie bei dem Absturz einer Lion-air-maschine im Oktober in Indonesien, bei dem 189 Menschen ums Leben gekommen waren. Einem vorläufigen Untersuchungsbericht zufolge hatten die Piloten immer wieder versucht, einen automatisch eingeleiteten Sinkflug abzufangen und den Jet nach oben zu ziehen. Boeing äußerte sich dazu konkret zunächst nicht.
Die Unglücksmaschine, die von Addis Abeba nach Nairobi fliegen sollte, war am Sonntagmorgen kurz nach dem Start abgestürzt. Die Maschine zerschellte nach Angaben der Fluggesellschaft nahe der Stadt Bishoftu, etwa 50 Kilometer südöstlich der äthiopischen Hauptstadt. Die Insassen hätten 33 verschiedene Nationalitäten gehabt, meldete das Staatsfernsehen. Unter den Todesopfern waren nach Angaben der Airline 32 Kenianer, 18 Kanadier, neun Äthiopier, acht Us-amerikaner, acht Italiener, acht Chinesen, sieben Briten sowie sieben Franzosen, sagte der CEO der Fluggesellschaft, Tewolde Gebremariam, am Sonntagmittag vor Journalisten.
Unklar blieb zunächst, ob an Bord auch Deutsche waren. Zwar veröffentlichte die Fluggesellschaft Ethiopian Airlines eine Liste, der zufolge sich fünf Deutsche unter den Opfern befinden. In einer Pressekonferenz sprach der Chef der Fluggesellschaft, Tewolde Gebremariam, jedoch von niederländischen Opfern – möglicherweise lag eine Verwechslung vor. Im Internet kursierte zuvor auch eine Liste mit fünf niederländischen Opfern. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte am späten Nachmittag jedoch mit, unter den Opfern seien auch Deutsche – ohne eine genaue Zahl zu nennen.
Nach Angaben von Un-generalsekretär António Guterres sind auch Mitarbeiter der Vereinten Nationen ums Leben gekommen. Genaue Zahlen oder Details nannte Guterres in einer Mitteilung allerdings nicht. Die Vereinten Nationen stünden in Kontakt mit den Behörden. Das Unglück mache ihn „zutiefst traurig“, sagte Guterres.
Kurz nach Abflug habe der erfahrene Pilot einen Notruf abgesetzt und daraufhin die Freigabe zur Rückkehr erhalten, sagte Gebremariam. Der Funkkontakt zur Maschine sei wenige Minuten nach dem Start abgebrochen, hatte die Airline zuvor erklärt. Laut der Flugüberwachungs-webseite Flightradar24 schwankte die Geschwindigkeit während des Steigflugs. Die neue Maschine war zuletzt am 4. Februar gewartet worden. Seit dem Kauf des Flugzeuges Ende letzten Jahres sei es rund 1200 Stunden im Einsatz gewesen. Der Pilot hatte seit 2010 für die Fluggesellschaft gearbeitet. Technische Probleme seien nicht verzeichnet, und der Pilot habe eine ausgezeichnete Flugbilanz gehabt. Am Morgen sei die Maschine aus Johannesburg gekommen.
Ethiopian Airlines gilt als zuverlässige Fluggesellschaft. Sie bietet weltweite Verbindungen an, auch nach Frankfurt am Main, München, London, New York, Bangkok und Dubai. Es ist allerdings nicht das erste Unglück eines Flugzeugs der Airline. Am 25. Januar 2010 stürzte eine Boeing 737-800 der Fluggesellschaft vor der libanesischen Küste ins Mittelmeer, die 90 Insassen starben. Im November 1996 wurde eine Maschine der Airline entführt. Sie war ebenfalls auf dem Weg von Addis Abeba nach Nairobi. Die Entführer forderten trotz zu geringer Treibstoffmenge, nach Australien geflogen zu werden. Der Kapitän entschloss sich zu einer spektakulären Notwasserung vor den Komoren, um möglichst viele Passagiere zu retten. 125 Insassen starben, rund 50 überlebten.