Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erinnerung­en an die Neusser Kindheit

Der in der Quirinusst­adt geborene und aufgewachs­ene Lyriker Norbert Hummelt kommt zu einer Lesung in die Stadtbibli­othek.

- VON HELGA BITTNER

NEUSS Die Stadt lässt ihn nicht los. In seinen Gedichten und Texten verarbeite­t der Lyriker Norbert Hummelt immer wieder Erlebnisse aus Kindheit und Jugend in Neuss. Aber gelesen hat er hier schon lange nicht mehr. Umso größer ist die Freude des in Berlin lebenden Dichters, dass er zum Tag der Poesie (der am 21. März gefeiert wird) am Freitag, 15. März, wieder mal nach Neuss kommt und vor allem, dass er aus seinen Büchern lesen wird. Der Hölty-preis ist es schuld, denn

„Die Wohnung war klein und heimelig, mit vielen Bildern von Neuss“Norbert Hummelt Lyriker

die Hannoveran­er Auszeichnu­ng führte zum Kontakt mit der Neusser Kulturdeze­rnentin Christiane Zangs, die wiederum Hummelts Namen in der Stadtbibli­othek und im Stadtarchi­v ins Spiel brachte. Die Folgen: eine Lesung in der Stadtbibli­othek und ein Essay „Mein Bild von Neuss“in der „Zeitpunkt“-reihe der aktuellen Jahrbuch-ausgabe des Novaesium.

Viel Zeit aber hat Hummelt für Neuss nicht. Er reise zwar einen Tag vorher an und auch erst am Samstag wieder ab, erzählt er, aber in beiden Fällen engen andere Termine in Berlin und in Heidelberg den Zeitplan ein. „Leider“, sagt er, „aber ich werde mir die Zeit nehmen und das Grab meiner Eltern auf dem Hauptfried­hof besuchen.“Denn mittler- weile ist das der einzige Ort in der Stadt, der noch eine konkrete Verbindung zwischen dem Lyriker und seiner Herkunft schafft. Eine seiner beiden Schwestern lebt zwar mit Familie in Büttgen, auch gibt es da immer wieder Besuche, „aber ehrlicherw­eise muss ich sagen, dass ich mehr Verbindung­en nach Köln als nach Neuss habe“. Dort leben viele Freunde, die Hummelt seit der Zeit kennt, als er von Neuss wegging und in die Domstadt zog.

Doch seine Gedichte und Texte sprechen auch eine andere Sprache. Das wurde schon in dem vor einem Jahr erschienen­en Buch „Atlas der Erinnerung­en“deutlich und ist auch in dem Essay für das Jahrbuch nachzulese­n. Kindheit und Jugend holt Hummelt immer wieder zurück: „Ich bin sehr dankbar, dass es diesen Speicher gibt“, sagt er, „auch wenn es weniger einewieder­begegnung als vielmehr eine Neubegegnu­ng bedeutet“.

Zum Beispiel mit der Wohnung der Großmutter an der Schillerst­raße. Bis 2012, bis die dort lebende Tante von ihm starb, gab es noch Besuche.„als Kind und Jugendlich­er gefühlt jeden Sonntag“, sagt er lachend und erzählt, warum diewohnung so wichtig für ihn war: „Sie war immer da, auch als ich nach Köln ging. Sie war klein und heimelig, mit den vielen Bildern von Neuss, den Kalendern, die nie aktuell gehalten wurden und den vielen Uhren, die falsch gingen.“Einiges durfte er mit- nehmen – zum Beispiel auch eine Radierung von Stefan Gesell von „Neuss, Hafen und Pegel“, die schon in der Wohnung der Oma hing, als er noch nicht geboren war.

Sie macht Hummelt zum Ausgangspu­nkt seines Essays. 2003 ist das Bild zu einem Gedicht geworden: „neusser radierung“. Die zeitliche Entfernung, so sagt er, empfinde er als fruchtbar für das Schreiben, dieses sei dieverbind­ung zu den Erinnerung­en, „und ich bin froh, dass ich in Gedichten meine Herkunft zurückhole­n kann“. Das führt sogar bis nach New York, aber immer wieder zurück nach Neuss, in die Hafengegen­d, wie sie Gesell um 1925 gesehen hat. Und zu der Entdeckung, dass das Grab des Neusser Künstlers direkt neben dem seiner Eltern liegt.„ich habe nach Nachkommen gegoogelt“, sagt er, zwar wenig Erfolg gehabt, aber dennoch die Hoffnung, dass er solche kennenlern­t. Vielleicht ja bei seiner Lesung in der Stadtbibli­othek.

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FOTO: KERSTIN NIEKE Norbert Hummelt stellt in Neuss zwei Bücher vor: „Atlas der Erinnerung­en“und „Fegefeuer“.
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FOTO: SAMMLUNG KUNST AUS NEUSS Die Radierung von Stefan Gesell (um 1925) hängt auch in der Berliner Wohnung von Norbert Hummelt.

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