Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
May vor neuer Niederlage im Brexit-streit
Die britische Premierministerin will an diesem Dienstagabend abermals über ihr Austrittsabkommen mit der EU abstimmen lassen.
LONDON (witt) Sie hat es doch nicht gewagt. Noch am Montagmorgen spielte Großbritanniens Premierministerin Theresa May mit dem Gedanken, die Abstimmung über ihren Brexit-deal, die am Dienstagabend im Unterhaus stattfindet, abzublasen. Am Wochenende hatten Parteifreunde sie beschworen, das Votum zu stornieren. Der Grund: Eine weitere krachende Niederlage, wie schon bei der ersten Abstimmung Mitte Januar geschehen, scheint unabwendbar. Kabinettskollegen hatten ihrer Chefin bedeutet, dass dann ihre Position gefährdet sei.
Die Verhandlungen mit der Europäischen Union über eine mögliche Änderung des Austrittsvertrages sind festgefahren. May wollte von Brüssel Konzessionen beim sogenannten Backstop, der eine har- te Grenze in Irland verhindern soll: Großbritannien dürfe nicht unbegrenzt in einer Zollunion mit der EU gefangen bleiben, hieß ihre Forderung. Doch Eu-chefunterhändler Michel Barnier hatte ein ums andere Mal klargemacht, dass ein Wiederaufschnüren des Austrittsvertrages nicht zur Debatte stehe. Damit dürfte jedoch gesichert sein, dass die Brexit-hardliner in Mays Konservati- ver Partei gegen den Austrittsvertrag stimmen werden.
May sind von nun an die Hände gebunden. Sollte ihr Deal abgelehnt werden, so hatte sie versprechen müssen, werde sie dem Unterhaus die Gelegenheit geben, darüber abzustimmen, ob es ein No-deal-szenario ablehnt. Hier dürfte der Ausgang klar sein. Wenn sich im Unterhaus auch kaum eine Mehrheit für eine wie auch immer geartete Brexit-lösung finden lässt, so ist doch sicher: Einen „No Deal“, einen ungeregelten Austritt mit all seinen chaotischen Folgen, will eine deutliche Mehrheit von Abgeordneten aller Couleur nicht zulassen.
Sollte sich das Haus gegen einen „No Deal“aussprechen, so lautete eine weitere Versicherung der Premierministerin, darf es in ei- nem weiteren Wahlgang darüber abstimmen, ob die Regierung um eine Fristverlängerung in Brüssel nachsuchen muss. Auch hier gilt eine Annahme durch das Unterhaus als wahrscheinlich: Um den „No Deal“am 29. März zu verhindern, braucht es eine Aufschiebung. Ob es allerdings auf Eu-seite die uneingeschränkte Bereitschaft für eine Fristverlängerung gibt, ist fraglich.