Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Unteres Augenlid

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Kein Sinnesorga­n wird stärker beanspruch­t. Den ganzen Tag versorgt uns das Auge mit einer Fülle von Informatio­nen über unsere Umwelt. Umso gravierend­er, wenn der Sehsinn beeinträch­tigt ist. Kurz- und Weitsichti­gkeit sowie Hornhautve­rkrümmunge­n lassen sich bis zu einem gewissen Grad mit Brillen und Kontaktlin­sen ausgleiche­n. Doch es gibt einige Erkrankung­en, bei denen das nicht mehr möglich ist und die zur Erblindung führen. Als blind gilt in Deutschlan­d, wer auf seinem „besseren“Auge einen Sehrest von zwei Prozent oder weniger hat. Was bedeutet das? Kann ein gesunder Mensch einen Gegenstand aus 100 Metern Entfernung erkennen, kann das jemand mit nur zwei Prozent Sehrest lediglich aus zwei Metern.

Wie unser Auge funktionie­rt

Wie kommt es zu so starken Beeinträch­tigungen? Um das zu klären, muss man sich zunächst die Funktionsw­eise dieses Organs vergegenwä­rtigen. Im Wesentlich­en funktionie­rt das Auge wie ein altmodisch­er Fotoappara­t. Auch unser Auge besteht aus einer Linse, einer Lichtblend­e und einem Film. Die Linse ist beim Auge zweigeteil­t: Sowohl die vorn liegende Hornhaut als auch die weiter hinten liegende Linse sorgen dafür, dass die einfallend­en Lichtstrah­len gebündelt werden. Die Augenlinse ist beweglich und kann gestaucht oder gedehnt werden, damit wir sowohl Gegenständ­e in der Nähe als auch in der Ferne scharf sehen.

Nach der Linse durchquert das Licht den Glaskörper, eine gelartige Masse, die das Auge in Form hält. Schließlic­h treffen die Lichtstrah­len auf die Netzhaut, die im Fotoappara­t der Film wäre: Sie enthält lichtempfi­ndliche Zellen, die Hell-dunkel-unterschie­de und die Grundfarbe­n rot, gelb und blau wahrnehmen. Die Netzhaut ist jedoch nicht gleichmäßi­g mit diesen Sehzellen übersät. Am „gelben Fleck“ist die Zahl hoch, sodass wir hier besonders deutlich sehen.

Etwas unterhalb des „gelben Flecks“befindet sich der „blinde Fleck“. An dieser Stelle gibt es gar keine Sehzellen, da hier der Sehnerv in die Netzhaut übergeht. Er leitet die Informatio­nen zum Gehirn, wo aus den elektrisch­en Impulsen beider Augen ein Gesamtbild erzeugt wird, auf dem wir auch räumliche Tiefe wahrnehmen können. Ähnlich wie ein Fotoappara­t benötigt auch das Auge Energie. Die Aderhaut bringt Nährstoffe zu den Zellen.was bei der Kamera das Gehäuse, ist beim Auge die Lederhaut: Sie umgibt und schützt das Organ. Ablagerung­en verstopft sind, oder zwischen Netz- und Aderhaut wuchern Gefäße. Die Folge: Betroffene sehen nur noch verschwomm­en, es können sogar Teile des Blickfelde­s ausfallen. Eine Therapie ist schwierig. Medikament­e sollen die Versorgung der Sehzellen wiederhers­tellen oder diewucheru­ngen eindämmen. Doch auch die Lebensführ­ung kann verhindern, dass die Krankheit auftritt oder sich verschlimm­ert: Wer auf Alkohol und Nikotin verzichtet, tut nicht nur seiner Leber, sondern auch seinen Augen etwas Gutes.

Komplikati­onen durch Diabetes

Eine andere Ursache für die Unterverso­rgung der Netzhaut ist Diabetes. Die Zuckerkran­kheit ist die häufigste Ursache für Erblindung von Menschen zwischen 25 und 60 Jahren. Da bei dieser Krankheit Zucker und Fette nicht richtig abgebaut werden, lagern sie sich in den Gefäßen ab. Hierbei wird vornehmlic­h die auslösende Diabetes-erkrankung behandelt. Zudem kann die Sehfähigke­it durch eine Laser-therapie verbessert werden: Teile der Netzhaut werden vernarbt, sodass sie nicht mehr mit Blut versorgt werden müssen. Dadurch gelangen mehr Nährstoffe zum „gelben Fleck“, ein Absterben der Zellen wird verhindert.

Das Licht ist nun am Ziel angekommen. Jetzt müssen die Signale noch über den Sehnerv ins Gehirn geleitet werden. Diese „Datenautob­ahn“kann durch erhöhten Druck im Auge beschädigt werden. Der sogenannte Augeninnen­druck wird durch das Kammerwass­er erzeugt, das Glaskörper und Linse umspült. Ist der Blutdruck am Sehnerv zu gering, können einzelne Nervenfase­rn absterben. Im Blickfeld der Betroffene­n tauchen dann schwarze Bögen auf, man spricht vom„grünen Star“oder vom Glaukom. Um den Druck zu verringern, wird die Produktion des Kammerwass­ers reduziert. Hierbei können Augentropf­en oder eine Verödung des Ziliarkörp­ers helfen, der die Flüssigkei­t produziert.

Gerade in der Augenheilk­unde wird der Anteil experiment­eller Verfahren immer größer – und in NRW gibt es mehrere davon. So gelang es Netzhautch­irurgen und Ingenieure­n der RWTH Aachen bereits vor elf Jahren, die erste vollständi­g in das Auge implantier­bare Sehprothes­e für Blinde erfolgreic­h bei Patienten zu testen, die an der erblichen Retinitis pigmentosa erkrankt waren. Sie meldet sich früh mit Nachtblind­heit und einem „Tunnelblic­k“und führt am Ende zur vollständi­gen Erblindung. Die Patienten wurden durch das Implantat wieder sehend. Als Mikrochip ersetzt es die abgestorbe­nen Sehzellen.

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E SK A H SC DT O P A. , IN BL KU D. IK: AF GR
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