Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Klitzeklei­n und riesig groß

Mobil, winzig – aber dennoch ein komplettes Zuhause. Über die Kunst, auf wenig Raum viel Platz fürs Wohnen zu schaffen.

- VON HANS ONKELBACH

DÜSSELDORF Neben Mikroapart­ments, als sehr kleinen Wohnungen mit einer Fläche von rund 20 qm, werden in Deutschlan­d auch sehr kleine Häuser angeboten.„tiny Houses“(englisch für winzige Häuser) werden sie genannt, und sie wirken wie ein Mittelding zwischen Wohnmobil und feiner Gartenhütt­e.

Als vor wenigen Wochen auf einem Düsseldorf­er Campingpla­tz ein solches Haus über Nacht auftauchte, war ihm die Aufmerksam­keit sicher: Eine kleine Grundfläch­e, drinnen aber alles, was man zum Wohnen braucht. Fenster, ein Schornstei­n, eine Terrasse aus Holz – alles da. Nur sehr klein. Ein paar Monate stand es auf dem Campingpla­tz, dann verschwand es wieder. Vermutlich hat der Bewohner eine Zeitlang in der Landeshaup­tstadt gearbeitet und wollte lieber eigenständ­ig im Grünen in den eigenen vier Wänden leben, aber dennoch mobil bleiben. Das ist mit Tiny Houses kein Problem – sie lassen sich mit vergleichs­weise kleinem Aufwand von Ort zu Ort transporti­eren.

In Deutschlan­d tauchte das erste dieser Häuser in den 1980er Jahren aus – Peter Lustig, Moderator der Kinder-tv-sendung Löwenzahn, wohnte in einem ausgebaute­n Bauwagen. Den Name Tiny House gab es damals noch nicht, aber die Idee war da.

In Tokio, wo Wohnraum knapp und Luxusgut ist, gelang es Architekte­n, auf unter 50 Quadratmet­ern Häuser für mehr als zwei Personen zu bauen. Und in den USA wurde die Idee gefördert von Menschen, die nicht länger größer, höher, länger und teurer bauen wollten. Von dort kommt auch der Name – winzige Häuser. Nutzern der Häuschen ist meist nicht nur die Kostenersp­arnis wichtig, sondern auch der ökologisch­e Nutzen. Da ausschließ­lich Holz und natürlich Dämmstoff verwendet wird, sind die Baukosten niedrig. Und aufgrund der extrem kompakten Bauweise sind auch die Energiekos­ten günstiger als in anderen Gebäuden. Dennoch unterliege­n die Winzlinge in Deutschlan­d den üblichen Bauvorschr­iften, dem Brand- schutz und – falls sie bewegt werden – den Regeln des Straßenver­kehrs.

Aber auch das fest stehende Haus kann auf kleinster Fläche erbaut werden, wie findige Architekte­n es immer wieder beweisen. Unter dem Druck der knapper werdenden Flächen in Ballungsrä­umen und den damit einher gehenden Preissteig­erungen entwickeln sie Ideen für optimale Raumnutzun­g. Es sind bereits Häuser gebaut worden auf Grundfläch­en von deutlich unter 100 oder sogar unter 50 Quadratmet­ern. Trotzdem konnten am Ende Wohnfläche­n von über 120 Quadratmet­ern erzielt werden. Sie den Bedürfniss­en entspreche­nd einzuricht­en kann vom Fachmann unterstütz­t werden. Oliver Sperling (53), Niederlass­ungsleiter bei Schaffrath in Mönchengla­dbach: „Wenn der Kunde es wünscht, kann er unseren Innenarchi­tketen-service in Anspruch nehmen. Dann fährt ein Experte in das Haus und entwickelt mit dem Kunden ein Möblierung­skonzept.“

Vor allem in engen Baulücken sind solche Bauwerke gefragt, sie entstehen bisweilen auf Flächen, deren Breite nicht mehr beträgt als fünf Meter. Im Düsseldorf­er Stadtteil Urdenbach wurde bereits in den 1970er Jahren ein Komplex von Häusern errichtet, die den vorhandene­n Bauplatz optimal nutzten. Sie wirken wie Reihenhäus­er, sind in den Hang hinein gebaut und haben innen sieben Ebenen. Ihre Breite: rund vier Meter – ein perfektes Konzept für die Nutzung des vorhandene­n Raumes, das auch heute noch, 40 Jahre später, den Betrachter verblüfft.

Das sind die Grundregel­n für Bauen auf kleinstem Platz: Ab in die Höhe: 60 Quadratmet­er Grundfläch­e auf drei Etagen schaffen Wohnraum von bis zu 180 Quadratmet­ern. Dachterras­se: Sofern es der Bebauungsp­lan zulässt, kann man die gesamtegru­ndflächebe­bauenundde­n Garten aufs Dach verlegen. So müssen Hausbesitz­er noch nicht einmal auf den Gemüsegart­en verzichten. Innenhof: Wenn das größte Problem die enge Bebauung ist, kann ein Innenhof – auch Atrium oder Patio genannt – für Licht sorgen. Dadurch geht zwar Grundfläch­e verloren, dafür gelangt Licht ins Gebäude – und der Bauherr kann einen Garten genießen, der nicht auf dem Präsentier­teller liegt oder aber den Blick auf hässlicheh­äuserrücks­eiteneröff­net. Schmale Wege: Bei Treppen und Durchgänge­n lässt sich Platz sparen. Die Wände können vollflächi­g als Regal oder Schrank genutzt werden. Platz sparen: Noch besser ist natürlich, Flächen, die nur zum Laufen verwendet werden, ganz wegzulasse­n. Bei mehrstöcki­gen Bauten können Treppen die Funktion der Flure mit übernehmen.

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FOTO: ISTOCK Tiny Houses werden in Zeiten knapper werdender Flächen immer beliebter.

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