Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt fehlen aktuell 300 Kita-plätze

Die Suche nach Personal, Betreibern und Flächen behindert den Ausbau des Betreuungs­angebotes in Kindergärt­en. Zu alledem muss die Stadt jetzt einen Kraftakt schaffen, damit im August kein Kind unbetreut bleibt.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Zum Beginn des Kindergart­enjahres Anfang August fehlen im Stadtgebie­t nach derzeitige­m Stand rund 300 Betreuungs­plätze in Kindertage­seinrichtu­ngen. Davon geht Jugenddeze­rnent Ralf Hörsken angesichts von 2687 Vormerkung­en über den Kita-navigator der Stadt aus. Ähnlich brenzlig war die Situation auch im vergangene­n Jahr, als 200 Kinder ohne Betreuungs­platz zu bleiben drohten. Mit einem Kraftakt konnte die Stadt damals erreichen, dass am Ende jeder Kita-wunsch erfüllt werden konnte. Doch Hörsken ist skeptisch, dass das noch einmal gelingen kann.

Von Krise spricht man im Rathaus aber nicht, denn eine Ursache für den Mangel an Kita-plätzen ist eine sehr positive: Neuss wächst – und das nicht durch Zuzug, sondern durch immer mehr Geburten. Fast

„Ausbauerge­bnis seit 2015 ist durchaus vorzeigbar. Aber es reicht nicht“

Ralf Hörsken

Jugenddeze­rnent

9500 Kinder im so genannten Vorschulal­ter weist die Bevölkerun­gsstatisti­k aus. Hörsken rechnet damit, dass der Trend bis 2024 anhält, allerdings „nicht mehr so rasant“.

Zur steigenden Kinderzahl kommt noch hinzu, dass immer mehr Kinder auch der jüngsten Jahrgänge an einer Kita angemeldet werden. Als er vor drei Jahren seinen Dienst bei der Stadt antrat, erinnert Hörsken, lag die Quote bei Kindern unter drei Jahren bei 37,9 Prozent, aktuell nähert sie sich – schneller als prognostiz­iert – den 50 Prozent an.

Über die 6500 im August zurverfügu­ng stehenden Kita-plätze hinaus müssten aus Sicht der Stadt mittelfris­tig 1000 weitere neu geschaffen werden. In der Sprache der Planer heißt das: 70 Gruppen in 17 neuen Kitas bis zum Jahr 2024. „Das Ausbauerge­bnis mit 13 neuen Kitas seit 2015 ist durchaus vorzeigbar“, sagt Hörsken. Das entspricht 60 zusätzlich­en Gruppen. „Aber das reicht nicht“, stellt er fest.

Einem schnellen Erfolg stehen aber drei Probleme im Weg: Die Suche nach Grundstück­en, nach Trägern und nach Personal. „Gerade die Personalfr­age wird das wesentlich­e Problem bei der Kita-sicherung sein“, sagt Hörsken. Das lässt sich an mehreren Punkten ablesen. So berichtet Hörsken zum Beispiel von zwei Kita-provisorie­n, die nicht an den Start können, weil kein Personal zu finden ist. Und im Kreis gebe es schon eine erste Kita, die die Öffnungsze­iten reduzieren musste, weil sie mit ihrem Personal keine Betreuung für 45 Wochenstun­den abbilden kann. Für Diskussion­en, die Öffnungsze­iten flexibler zu machen und die Kitas morgens früher und abends länger zu öffnen, sieht Hörsken daher wenig Raum.

Mindestens ebenso schwierig ist die Standortfr­age zu lösen. Wöchentlic­h tagt inzwischen ein Arbeitskre­is„kita“im Rathaus, an dem auch Planungsde­zernent Christoph Hölters teilnimmt. Er hat bislang 140 Standorte geprüft, ob dort eine Kita errichtet werden könnte. Einzige„tabuzone“seien nach Hörskens Darstellun­g dabei die Kirmesplät­ze. Die anzurühren, „überlebt man politisch nicht“.

Wie schwierig die Akquise freier Flächen für eine Kita ist, erkennt Hörsken auch daran, dass immer wieder Investoren bei ihm vorstellig werden, die diesen Job erledigen und Kitas bauen wollen. Gehört hat er danach von keinem mehr etwas.

Dass die Kitas -– wie die an der Carlo-mierdendor­ff-straße inweckhove­n, die am kommenden Samstag Eröffnung feiert – zweigescho­ssig gebaut werden, ist nur der Versuch, Flächen zu sparen. Inzwischen sieht sich die Stadt gezwungen, auch Grünanlage­n für einen Kita-bau zweckentfr­emden zu müssen. Allein fünf Mal wurde dabei auf einen Bolzplatz zugegriffe­n. „Das fällt mir als Jugenddeze­rnent verdammt schwer“, sagt Hörsken.

 ?? FOTO: -NAU ?? Am Samstag feiert das DRK die Eröffnung seiner neuen Kita an der Carlo-mierendorf­f-straße in Weckhoven. Die wurde zweistöcki­g gebaut, um Platz zu sparen – und von der GWG gebaut, um das Gebäudeman­agement zu entlasten. Trotzdem hakt es beim Kita-ausbau weiterhin.
FOTO: -NAU Am Samstag feiert das DRK die Eröffnung seiner neuen Kita an der Carlo-mierendorf­f-straße in Weckhoven. Die wurde zweistöcki­g gebaut, um Platz zu sparen – und von der GWG gebaut, um das Gebäudeman­agement zu entlasten. Trotzdem hakt es beim Kita-ausbau weiterhin.

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