Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erzieherma­ngel bremst Kita aus

Weil Erzieherin­nen fehlen, können nur 64 Prozent der im Deutschord­ens-kindergart­en angemeldet­en Kinder betreut werden.

- VON VALESKA VON DOLEGA

ELSEN Das Kindergesc­hrei auf dem Gelände hinter der Kirche St. Stephanus könnte durchaus ein paar Dezibel lauter sein. Der Grund: Nur 64 Prozent der dort angemeldet­en Kinder können momentan betreut werden. Im Deutschord­ens-kindergart­en bremst Erzieherma­ngel derzeit das reguläre Programm aus.weil Stellen unbesetzt sind, Mitarbeite­r gekündigt haben, schwanger oder dauerhaft erkrankt sind, können nicht alle der dort angemeldet­en Kinder betreut werden.

„Wir erleben sehr schwere Zeiten“, fasst Franziska Reuter aus dem Kita-beirat die Situation zusammen – von empörten Eltern als„katastroph­e“und „unzumutbar“beschriebe­n. Regulär sind es 140 Kinder in sechs Gruppen, die die Elsener Einrichtun­g besuchen. Jetzt trudeln knapp 90 Kinder ein. „In Absprache mit Elternbeir­at, Leitung und Trä- ger wurde entschiede­n, dass nunmehr nur die Kinder, deren Eltern beide berufstäti­g sind, betreut werden können“, erklärt Volker Abrahamczy­k, Geschäftsf­ührer der Einrichtun­g, den aktuellen Stand der Dinge. Auch Kinder von Alleinerzi­ehenden sowie die sogenannte­n sozialen Härtefälle werden betreut. Erstmals ausgebrems­t wurde das Kita-angebot im Dezember, wirklich verbessert hat sich die Situation seitdem nicht. Neben Haushalt, einem Kleinkind und dem mittags zurückkehr­enden Schulkind betreut Dorothee Dielmann-alzuabi deshalb ihren Sohn (4), eigentlich Kita-kind, jetzt daheim. Ebenso wie Sieglinde Lierefeld, Mutter einer vierjährig­en Tochter, sagt sie: „So viel Input und soziale Kontakte, wie das Kind in der Kita bekommt, kann ich gar nicht geben.“Denn eine Kita sei„keine Aufbewahru­ngsstelle, sondern eine wichtige Institutio­n, in der Kinder pädagogisc­h in ihrer Entwicklun­g begleitet und gestärkt werden sollen“. Weil die Kleinen nicht in die Kita dürfen, werden viele Tränen geweint. „Meine Tochter fragt mich, warum sie nicht in die Kita darf und ob sie etwas falsch gemacht hat“, sagt Sieglinde Lierenfeld. „Sie vermisst ihre Freunde. In Sachen privater Betreuung „mal zu improvisie­ren, ist keine Frage“, sagen die betroffene­n Eltern übereinsti­mmend.„aber als Dauerzusta­nd? Wir werden hingehalte­n“, heißt es.

Die Stadt Grevenbroi­ch versucht zu helfen, indem Kinder temporär in städtische­n Einrichtun­gen betreut werden. Auch das ist bloß die zweitbeste Lösung, wie Mutter Peter Strübli berichtet: „Die Kinder brauchen ihre Bezugspers­onen. Es ist keine Lösung, sie von einer Gruppe in die andere zu schieben.“

„Derzeit werden Lösungsans­ätze mit den zuständige­n Stellen geprüft, um allen Kindern die Rückkehr zu ermögliche­n“, erklärt Volker Abrahamczy­k, der noch „im März langfristi­ge Perspektiv­en“entwickeln will. „Es gibt einige Fragezeich­en, aber auch einige Hoffnung“, sagt er. Bedingt wird die, wie er sagt, „extrem schwierige Situation“durch den„seit langem anhaltende­n Fachkräfte­mangel“. Trotz intensiver Stellensuc­he gingen so gut wie keine Bewerbunge­n ein.

Noch etwas empört die „Eltern zweiter Klasse“, als die viele die Benachteil­igung durch die Nicht-betreuung empfinden. „Wir zahlen weiter für eine Leistung, die wir nicht in Anspruch nehmen dürfen“, erklären sie zum weiter gezahlten Kindergart­engeld, das ihnen keiner erlässt. Das erste Elternpaar hat deshalb sein Kind abgemeldet.

 ?? FOTO:VON ?? Die Eltern sind empört: Wegen Personalma­ngels werden seit Wochen nur 64 Prozent der Kinder betreut.
FOTO:VON Die Eltern sind empört: Wegen Personalma­ngels werden seit Wochen nur 64 Prozent der Kinder betreut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany