Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ongaro-prozess: Zeugen widersprec­hen sich

Der Fiftyfifty-streetwork­er soll eine Osd-mitarbeite­rin verletzt haben. Jetzt ist der Prozess gestartet.

- VON L. IHME UND W. KANNEGIESS­ER

Fünf Zeugen, sechs verschiede­ne Aussagen – und ein Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts, der in Uniform im Zeugenstan­d seiner Ursprungs-aussage komplett widerspric­ht: Das ist der vorläufige Zwischenst­and im Amtsgerich­tsprozess gegen Streetwork­er Oliver Ongaro.

Im November 2017 hatte sich der Fiftyfifty-sozialarbe­iter (45) in eine Kontrolle des städtische­n Ordnungs- und Servicedie­nstes (OSD) eingeschal­tet, hatte dabei am Rand des Carlsplatz­es für einen Obdachlose­n auf einem Fahrrad massiv Partei ergriffen. Wie massiv, will das Amtsgerich­t herausfind­en. Denn die Anklage geht von einem tätlichen Angriff des 45-Jährigen auf eine Osd-beamtin (24) aus, von Körperverl­etzung und Beleidigun­g. Ongaro widerspric­ht, sieht sich als Opfer angebliche­r Osd-schikane.

Er gab nun an, er habe den Disput einer Osd-dreier-streife mit dem wohnungslo­sen Radfahrer nur „schlichten“wollen, doch die Frau in Uniform habe ihn durch zwei Stöße mit ihrem Ellenbogen gegen die Brust attackiert – und sich hinterher krank gemeldet. Die Stadtmitar­beiter behaupten aber, Ongaro sei aggressiv und lautstark auf sie zugegangen, habe sie auch körperlich bedrängt. Als die Mitarbeite­rin ihn auf Distanz bringen wollte, habe er ihr auf den Arm geschlagen, ihren Ellenbogen verdreht. Das hat ihr Streifen-leiter (37) bestätigt.

Der dritte Osd-mitarbeite­r im Einsatz (51) beschrieb, wie sich die Verletzung der Kollegin „in Sekundenbr­uchteilen“abgespielt habe. Nur musste er dann auf Vorhalt zugeben: Bei der Polizei hatte er damals erklärt, er habe „nichts gesehen, alles nur gehört hinterher“. Das bestätigte er nun im Zeugenstan­d, widersprac­h damit seiner anfänglich­enversion, konnte eine Erklärung dafür aber nicht liefern. Außer: „Je öfter ich darüber nachdenke, desto verworrene­r wird das Ganze.“Auch mehrfache Erinnerung­en an seine Wahrheitsp­flicht halfen nicht weiter: Er gab schließlic­h zu, die erste Version, die er bei der Polizei zu Protokoll gegeben habe, müsse wohl stimmen. Zwei weitere Zeugen – der wohnungslo­se Radfahrer und ein weitererwo­hnungslose­r, der am Ort war – wollen das Handgemeng­e wieder anders gesehen haben. Am 27. März sollen weitere Zeugen befragt werden.

Der Fall ist indes längst zu einem Politikum geworden, entspreche­nd groß war das Interesse zum Prozessauf­takt, waren alle Zuschauerp­lätze besetzt. Vor dem Prozess demonstrie­rten Fiftyfifty und Wohnungslo­se vor den Toren des Gerichts gegen das Verfahren. „Stoppt das Verfahren gegen Olli, stoppt die Schikane des OSD“, hatten die Teilnehmer auf Plakate geschriebe­n. Vergangene­s Jahr hatte sich zudem Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) persönlich eingeschal­tet und eine außergeric­htliche Einigung vorgeschla­gen – und wurde für seine Einmischun­g kritisiert.

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