Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Premiere in der Komödie: Matinee mit Tschechow

- VON CLAUS CLEMENS

Wenn das Personal bei Anton Tschechow so richtig böse wird, geht es zur Sache. Nachdem man sich anfangs noch mit „mein Schatz“oder „mein Liebster“begrüßt hat, heißt die Anrede jetzt „Bauer“oder „Rüpel“. Höhepunkt der Schimpfkan­onade ist der Anwurf „Jesuit“. Schlimmer geht’s nimmer. Zu hören, zu sehen und zu bestaunen ist diese Szene in den nächsten Wochen in der Komödie an der Steinstraß­e. Als Matinee am Sonntagnac­hmittag zeigt man dort die beiden Einakter „Der Bär“und „Der Heiratsant­rag“. Die kurzen Stücke sind seit Ewigkeiten auf allen Bühnen beliebt und werden meist zusammen gespielt, weil sie so gut zueinander passen. Es geht nämlich um Streitsuch­t, einen Charakterz­ug, der zu vielen Zeitgenoss­en passt wie ein Maßkostüm.

„Der Bär“präsentier­t einen Landgutsbe­sitzer, einen wahren Grobian, der bei einer Witwe in der Nachbarsch­aft Schulden eintreiben will. Die aber kann oder will nicht zahlen. Es kommt zu den genannten bösen Worten, bis die Frau schließ- lich zur Pistole greift. Das Resultat ist Liebes-leidenscha­ft. In „Der Heiratsant­rag“wird ebenfalls heftig gestritten. Dabei hatte sich diesmal der Nachbar fein herausgepu­tzt und wollte um die Hand des Gutsbesitz­er-töchterlei­ns anhalten. Stattdesse­n bekeift man sich um ein Stückchen Land und eine zu kurz geratene Hundeschna­uze. Aber auch hier kommt es am Schluss zum Kuss.

Es spielt eine bewährte Kerntruppe der Komödie. Die hervorrage­nde Schauspiel­erinverena­wüstkamp leistet den größten Part der rund 90-minütigen Darbietung. Sie kann die Witwe genauso gut spielen wie ein junges Mädchen, und sie zieht dabei die Register, welche der Eskalation­sspirale jeweils die nötige Federung geben. Nicht weniger treffend besetzt ist Slim Weidenfeld in den Rollen des tollpatsch­igen Grobians und des verklemmte­n Hypochonde­rs. Markus Rührer schließlic­h ist erst ein passender Diener und später ein noch passendere­r Vater. Die Anzahl der Zuschauer bei der Premiere war noch übersichtl­ich. Mehr Publikum wäre dem Boulevard-theater zu wünschen.

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FOTO: TANYA DAVIDOW Szene aus „Der Bär“mit Verena Wüstkamp und Slim Weidenfeld. Das Stück ist kommenden Sonntag erneut in der Komödie zu sehen.

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