Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Quoten im Studium gegen Landarztma­ngel

NRW führt eine Quote im Medizinstu­dium ein, um mehr Hausärzte für ländliche Regionen zu gewinnen.

- VON DOROTHEA HÜLSMEIER

DÜSSELDORF (dpa) Das Bewerbungs­verfahren für die neuen Landarzt-studienplä­tze in Nordrhein-westfalen startet Ende März. In einem zweistufig­en Verfahren können sich Studierend­e für einen Medizinstu­dienplatz mit Landarztqu­ote bewerben.

An welchen Unis wird der Studiengan­g angeboten?

An der RWTH Aachen, der Ruhr-universitä­t Bochum, der Universitä­t Bonn, dazu kommt eine Kooperatio­n der Universitä­ten Bonn und Siegen, sowie Plätze an den Universitä­ten Düsseldorf, Duisburg-essen, Köln und Münster. Die Bewerber können Präferenze­n für die möglichen Studienort­e angeben.

Welche Verpflicht­ungen gehen die Studierend­en ein?

Die Studierend­en verpflicht­en sich, nach der Ausbildung zehn Jahre als Hausarzt in einer unterverso­rgten Region zu arbeiten. Wer den Vertrag nicht erfüllt, muss mit einer Strafzahlu­ng in Höhe von 250.000 Euro rechnen – so viel kostet das Land ein Medizinstu­dienplatz. Die Grünen kritisiert­en es als unverantwo­rtlich, „dass junge Menschen eine langfristi­g bindende Entscheidu­ng treffen müssen, deren Folgen sie noch nicht klar abschätzen können“. Auch die SPD hat rechtliche Bedenken, dass Abiturient­en bereits in jungem Alter auf einen bestimmten Berufsweg festgelegt werden sollten. „Mit An- fang 20 oder noch jünger weiß niemand, wie sein Berufslebe­n viele Jahre später aussehen wird.“

Wieviele Ärzte werden in NRW pro Jahr ausgebilde­t?

In NRW werden nach Angaben von Gesundheit­sminister Karl-josef Laumann (CDU) pro Jahr etwa 2000 Ärzte ausgebilde­t. Das Problem: Nur etwa 200 von ihnen entscheide­n sich für eine Weiterbild­ung in Allgemeinm­edizin. Darüber hinaus wurden nach Angaben Laumanns allein im vergangene­n Jahr rund 1500 ausländisc­he Ärzte in NRW anerkannt. Aber auch mit ihnen werde das Problem des Ärztemange­ls nicht gelöst.

Wie steht es aktuell um die Hausärzte auf dem Land?

Immer mehr Hausärzte gehen in den Ruhestand. Von rund 11.000 Hausärzten haben fast 60 Prozent das 60. Lebensjahr überschrit­ten. Rund jeder achte Hausarzt in NRW arbeitet über das 65. Lebensjahr hinaus – in Westfalen-lippe ist es sogar jeder fünfte. Jedes Jahr gehen Laumann zufolge in NRW mehr als 400 Allgemeinm­ediziner in Rente – und nicht einmal halb so viele neue kommen aus der Ausbildung.

Wie sieht die Landarztqu­ote aus?

7,6 Prozent der Medizinstu­dienplätze werden künftig im Rahmen der Landarztqu­ote vergeben – unabhängig vom üblichen Numerus clausus. Insgesamt stehen damit zunächst jährlich rund 170 Studienplä­tze zur Verfügung – davon im kommenden Winterseme­ster 145 Plätze, im Sommerseme­ster 2020 kommen dann 25 hinzu.

Wie sind die Bewerbungs­fristen?

Wer zumwinters­emester einen Medizinstu­dienplatz über die Landarztqu­ote bekommen will, kann sich vom 31. März bis 30. April 2019 online und dann in Papierform beim Landeszent­rum für Gesundheit (LZG) in Bochum bewerben.vom 1. bis 30. September läuft die Bewerbungs­frist für das Sommerseme­ster.

Wie läuft das Bewerbungs­verfahren ab?

Das Verfahren ist zweistufig. Zuerst werden die Abiturnote und der Test für Medizinstu­diengänge mit je 30 Prozent und eine Ausbildung oder berufliche Tätigkeit mit 40 Prozent gewichtet. Dann folgen Auswahlges­präche. Aus den Ergebnisse­n wird eine Gesamtrang­liste gebildet.

Wann kommen die ersten „Quoten-landärzte“?

Laumann räumt ein, dass die Landarztqu­ote erst spät Wirkung zeigen wird.wer 2019 anfange zu studieren, werde erst in etwa zehn Jahren mit Studium und Ausbildung fertig sein. Es gebe aber weitere Instrument­e, um mit dem Problem des Hausärztem­angels fertig zu werden, etwa der Quereinsti­eg für ältere Klinikärzt­e. Zudem seien die Studienplä­tze in Witten-herdecke auf 170 verdoppelt worden, weil dort rund ein Drittel der Absolvente­n in die Allgemeinm­edizin gehe. Mit Hochdruck werde auch am Aufbau der Medizinisc­hen Fakultät Ostwestfal­en in Bielefeld mit 300 Studienplä­tzen ab 2022 gearbeitet.

Gibt es die Landarztqu­ote auch in anderen Bundesländ­ern?

Auch Bayern und Rheinland-pfalz sind dabei, die gesetzlich­en Grundlagen dafür zu schaffen.

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FOTO: DPA Die Bewerber verpflicht­en sich, zehn Jahre in einer unterverso­rgten Region zu arbeiten. Sonst droht eine Strafe von bis zu 250.000 Euro.

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