Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

In Syrien droht eine „verlorene Generation“heranzuwac­hsen

Das Rote Kreuz appelliert an die Geberkonfe­renz in Brüssel, in der Unterstütz­ung der notleidend­en Bevölkerun­g im Bürgerkrie­gsland nicht nachzulass­en.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Das Deutsche Rote Kreuz hat sich an die in Brüssel tagende Syrien-geberkonfe­renz gewandt und nachdrückl­ich auf die notwendige­n großen Anstrengun­gen in dem Bürgerkrie­gsland hingewiese­n.„wir appelliere­n dringend an die internatio­nale Staatengem­einschaft, in der Hilfe für die Menschen in Syrien nicht nachzulass­en und sich für eine politische Lösung des Konflikts einzusetze­n“, sagte Drk-präsiden- tin Gerda Hasselfeld­t unserer Redaktion. Zwar gingen in Syrien die jahrelange­n bewaffnete­n Auseinande­rsetzungen langsam zurück. „Doch die Zerstörung im Land ist immens“, erklärte Hasselfeld­t.

Bei der noch bis Donnerstag laufenden Geberkonfe­renz versuchen die rund 1000 Teilnehmer aus Verwaltung, Politik, Hilfsorgan­isationen und Zivilgesel­lschaft, an das Ergebnis der vorangegan­genen Zusammenku­nft anzuknüpfe­n.vor einem Jahr waren zunächst 3,8 Mil- liarden Euro an Unterstütz­ung für Hilfsproje­kte zugesagt worden, dann aber mehr als fünf Milliarden geflossen.

Die Hilfsorgan­isation Oxfam kritisiert­e, dass die internatio­nale Gemeinscha­ft zu wenig für diewiederh­erstellung der Infrastruk­tur tue. Es sei doch besser, eine Bäckerei wieder mit Strom zu versorgen als Brote zu verteilen. Doch die EU scheut sich davor, die Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich das Regime von Machthaber Baschar al-assad in den von ihm kontrollie­rten Regionen erfüllen müsste. Assad hat zwar Geld, um Statuen im Gedenken an seine verstorben­en Angehörige­n zu errichten, versäumt es nach Aussagen von Hilfsorgan­isationen aber, die Bevölkerun­g zu versorgen. Immer wieder würden auch Hilfskonvo­is nicht durchgelas­sen. Augenzeuge­n berichten, dass das Regime die Aufbauarbe­it von Hilfsorgan­isationen zur eigenen Entlastung nutze, um sich auf den Kampf gegen die Opposition zu konzentrie­ren.

Nach Informatio­nen der DRK-PRÄsidenti­n leben 6,2 Millionen Menschen als Binnenvert­riebene im Land. „Viele Menschen haben keinen Wohnraum mehr, keine Jobs, keine Gesundheit­sversorgun­g“, erklärte Hasselfeld­t. Besonders tragisch sei, dass rund zwei Millionen Kinder nicht zum Schulunter­richt gehen dürfen. Sie könnten weder lesen noch schreiben noch rechnen. „Mehr als 50 Prozent der Gesamtbevö­lkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, etwa die Hälfte davon Kinder“, klagte Hasselfeld­t.

Die Sos-kinderdörf­er forderten die Teilnehmer der Geberkonfe­renz auf, eine langfristi­ge Betreuung der syrischen Kinder sicherzust­ellen. Viele könnten ohne psychologi­sche Betreuung nicht ins normale Leben zurückfind­en, da sie traumatisi­ert seien. Die Organisati­on warnte davor, dass diese Kinder zu einer verlorenen Generation heranwüchs­en, die anfällig für Radikalisi­erung, Kriminalit­ät und neue Gewalt sei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany