Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
In Syrien droht eine „verlorene Generation“heranzuwachsen
Das Rote Kreuz appelliert an die Geberkonferenz in Brüssel, in der Unterstützung der notleidenden Bevölkerung im Bürgerkriegsland nicht nachzulassen.
BERLIN Das Deutsche Rote Kreuz hat sich an die in Brüssel tagende Syrien-geberkonferenz gewandt und nachdrücklich auf die notwendigen großen Anstrengungen in dem Bürgerkriegsland hingewiesen.„wir appellieren dringend an die internationale Staatengemeinschaft, in der Hilfe für die Menschen in Syrien nicht nachzulassen und sich für eine politische Lösung des Konflikts einzusetzen“, sagte Drk-präsiden- tin Gerda Hasselfeldt unserer Redaktion. Zwar gingen in Syrien die jahrelangen bewaffneten Auseinandersetzungen langsam zurück. „Doch die Zerstörung im Land ist immens“, erklärte Hasselfeldt.
Bei der noch bis Donnerstag laufenden Geberkonferenz versuchen die rund 1000 Teilnehmer aus Verwaltung, Politik, Hilfsorganisationen und Zivilgesellschaft, an das Ergebnis der vorangegangenen Zusammenkunft anzuknüpfen.vor einem Jahr waren zunächst 3,8 Mil- liarden Euro an Unterstützung für Hilfsprojekte zugesagt worden, dann aber mehr als fünf Milliarden geflossen.
Die Hilfsorganisation Oxfam kritisierte, dass die internationale Gemeinschaft zu wenig für diewiederherstellung der Infrastruktur tue. Es sei doch besser, eine Bäckerei wieder mit Strom zu versorgen als Brote zu verteilen. Doch die EU scheut sich davor, die Aufgaben zu übernehmen, die eigentlich das Regime von Machthaber Baschar al-assad in den von ihm kontrollierten Regionen erfüllen müsste. Assad hat zwar Geld, um Statuen im Gedenken an seine verstorbenen Angehörigen zu errichten, versäumt es nach Aussagen von Hilfsorganisationen aber, die Bevölkerung zu versorgen. Immer wieder würden auch Hilfskonvois nicht durchgelassen. Augenzeugen berichten, dass das Regime die Aufbauarbeit von Hilfsorganisationen zur eigenen Entlastung nutze, um sich auf den Kampf gegen die Opposition zu konzentrieren.
Nach Informationen der DRK-PRÄsidentin leben 6,2 Millionen Menschen als Binnenvertriebene im Land. „Viele Menschen haben keinen Wohnraum mehr, keine Jobs, keine Gesundheitsversorgung“, erklärte Hasselfeldt. Besonders tragisch sei, dass rund zwei Millionen Kinder nicht zum Schulunterricht gehen dürfen. Sie könnten weder lesen noch schreiben noch rechnen. „Mehr als 50 Prozent der Gesamtbevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, etwa die Hälfte davon Kinder“, klagte Hasselfeldt.
Die Sos-kinderdörfer forderten die Teilnehmer der Geberkonferenz auf, eine langfristige Betreuung der syrischen Kinder sicherzustellen. Viele könnten ohne psychologische Betreuung nicht ins normale Leben zurückfinden, da sie traumatisiert seien. Die Organisation warnte davor, dass diese Kinder zu einer verlorenen Generation heranwüchsen, die anfällig für Radikalisierung, Kriminalität und neue Gewalt sei.