Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eine Lesung für „starke Frauen“
Die Zuhörer von Autorin Jule Vollmer sind im Kunstcafé Einblick voll auf ihre Kosten gekommen.
KAARST Bei lebhaften Gesprächen stimmten sich zahlreiche Frauen jetzt im Kunstcafé Einblick auf die Lesung mit Schauspielerin, Autorin und Synchronsprecherin Jule Vollmer anlässlich des Internationalen Frauentages ein. Das Motto:„starke Frauen – Frauen stärken“. Um das zu unterstützen, hatte Sigrid Hecker, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kaarst, Vollmer mit ihrem Programm „Frauen, die sich wehren“eingeladen. In ihrer Begrüßung berichtete Hecker, wie sie beruflich immer wieder mit Frauen konfrontiert wird, die psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt sind. Wie kann Gegenwehr aussehen? In einem amüsanten Wortspiel sagte die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Kaarst, Brigitta Thönißen: „Männer an die Macht: Macht mal Essen, macht mal sauber“.
Auch Jule Vollmer griff in ihren sehr unterhaltsamen Geschichten und Liedern den Machtgedanken auf. Der Grundtenor war bittersüß: eine Mischung aus nachdenklich und augenzwinkernd. Ausstaffiert mit schwarzem Hut positionierte sich die 60-jährige im Stehen vor dem Mikrofon und las die Texte vom ipad ab. Ihr perfekter Vortrag und ihre angenehme Altstimme machten das Zuhören zu einem Genuss. Außerdem schlüpfte sie mit Hilfe von Dialekten in verschiedene Rollen und ließ russische Akzente oder Ruhrpottslang lebendig werden. Die fiktiven Geschichten besitzen immer einen wahren Kern, verriet die Künstlerin.
So habe sie von einem Experiment erfahren, bei dem ein Mann drei Monate lang die„pille“mit hoch dosiertem Östrogen nahm. Zur Begeisterung seiner Frau, denn er wurde sehr mitfühlend. Und dick. Diese Story war die Initialzündung zur Geschichte von Ludmilla, die mittels „Pille“ihren früher gewalttätigen Mann ruhig gestellt hat – und das auch der unter Gewaltexzessen ihres Mannes leidenden Nachbarin empfiehlt. Oder die drei krebskranken Frauen jenseits der 70, die sich als „unsichtbar“empfinden und diesen Vorteil nutzen, um Taschendiebe dingfest zu machen: Niemand kann eine präzise Zeugenbeschreibung abgeben, denn die Damen sind eben tatsächlich nicht verifizierbar. Eine fühlt ihr Ende nahen. Ihre Freundinnen machen weiter, denn: „Aufgeben ist keine Option!“.
Da war bei aller Tragik wieder dieser augenzwinkernde Moment, der sich wie ein roter Faden durch Jule Vollmers Geschichten zieht und die Zuhörerinnen letztendlich mit einem Lächeln entließ. Die Besucherinnen waren begeistert. „Hier wird Frauensolidarität gezeigt“, sagte Katharina Holz. Bei Hildegard Eggers lösten die Geschichten „ganz viele Bilder“aus und Theresia Kappauf gefiel die erfrischende Art des Vortrags.