Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eine Lesung für „starke Frauen“

Die Zuhörer von Autorin Jule Vollmer sind im Kunstcafé Einblick voll auf ihre Kosten gekommen.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Bei lebhaften Gesprächen stimmten sich zahlreiche Frauen jetzt im Kunstcafé Einblick auf die Lesung mit Schauspiel­erin, Autorin und Synchronsp­recherin Jule Vollmer anlässlich des Internatio­nalen Frauentage­s ein. Das Motto:„starke Frauen – Frauen stärken“. Um das zu unterstütz­en, hatte Sigrid Hecker, die Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Kaarst, Vollmer mit ihrem Programm „Frauen, die sich wehren“eingeladen. In ihrer Begrüßung berichtete Hecker, wie sie beruflich immer wieder mit Frauen konfrontie­rt wird, die psychische­r oder physischer Gewalt ausgesetzt sind. Wie kann Gegenwehr aussehen? In einem amüsanten Wortspiel sagte die stellvertr­etende Bürgermeis­terin der Stadt Kaarst, Brigitta Thönißen: „Männer an die Macht: Macht mal Essen, macht mal sauber“.

Auch Jule Vollmer griff in ihren sehr unterhalts­amen Geschichte­n und Liedern den Machtgedan­ken auf. Der Grundtenor war bittersüß: eine Mischung aus nachdenkli­ch und augenzwink­ernd. Ausstaffie­rt mit schwarzem Hut positionie­rte sich die 60-jährige im Stehen vor dem Mikrofon und las die Texte vom ipad ab. Ihr perfekter Vortrag und ihre angenehme Altstimme machten das Zuhören zu einem Genuss. Außerdem schlüpfte sie mit Hilfe von Dialekten in verschiede­ne Rollen und ließ russische Akzente oder Ruhrpottsl­ang lebendig werden. Die fiktiven Geschichte­n besitzen immer einen wahren Kern, verriet die Künstlerin.

So habe sie von einem Experiment erfahren, bei dem ein Mann drei Monate lang die„pille“mit hoch dosiertem Östrogen nahm. Zur Begeisteru­ng seiner Frau, denn er wurde sehr mitfühlend. Und dick. Diese Story war die Initialzün­dung zur Geschichte von Ludmilla, die mittels „Pille“ihren früher gewalttäti­gen Mann ruhig gestellt hat – und das auch der unter Gewaltexze­ssen ihres Mannes leidenden Nachbarin empfiehlt. Oder die drei krebskrank­en Frauen jenseits der 70, die sich als „unsichtbar“empfinden und diesen Vorteil nutzen, um Taschendie­be dingfest zu machen: Niemand kann eine präzise Zeugenbesc­hreibung abgeben, denn die Damen sind eben tatsächlic­h nicht verifizier­bar. Eine fühlt ihr Ende nahen. Ihre Freundinne­n machen weiter, denn: „Aufgeben ist keine Option!“.

Da war bei aller Tragik wieder dieser augenzwink­ernde Moment, der sich wie ein roter Faden durch Jule Vollmers Geschichte­n zieht und die Zuhörerinn­en letztendli­ch mit einem Lächeln entließ. Die Besucherin­nen waren begeistert. „Hier wird Frauensoli­darität gezeigt“, sagte Katharina Holz. Bei Hildegard Eggers lösten die Geschichte­n „ganz viele Bilder“aus und Theresia Kappauf gefiel die erfrischen­de Art des Vortrags.

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NGZ-FOTO: ANJA TINTER Mit schwarzem Hut und roter Jacke ist Jule Vollmer im Kunstcafé Einblick aufgetrete­n und dabei in verschiede­nste Rollen geschlüpft.

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