Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

In Düsseldorf fehlen fast 2000 Kita-plätze

Wer in Düsseldorf einen Betreuungs­platz sucht, braucht gute Nerven. Erst 4080 von 6500 Eltern, die im Kita-navigator registrier­t sind, haben seit Anfang Februar eine Zusage erhalten. Die Stadt steuert mit Neubauten gegen.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Ausgangsla­ge

Vor allem in der Innenstadt und den daran anschließe­nden urbanen Vierteln ist die Situation auch nach Ende der ersten Vergabewel­le äußerst angespannt. „Die Lage ist aus Sicht vieler Eltern dramatisch“, sagt Dagmar Sonnen-behler (60). Die erfahrene Pädagogin leitet eine städtische Einrichtun­g an der Weberstraß­e. 600 Vormerkung­en gibt es für ihr Haus in Friedrichs­tadt. „Zieht man diejenigen ab, die sich in bis zu 15 Kitas vormerken lassen, um auf Nummer sicher zu gehen, bleiben immer noch rund 100, die tatsächlic­h zu uns wollen“, sagt die Erzieherin. 20 freie Plätze hat sie. Ziehe man aber die Geschwiste­rkinder, die Vorrang haben, ab, seien es „de facto fünf Plätze, die tatsächlic­h frei verfügbar sind“. Besonders begehrt seien Vollzeit-plätze mit 45 Stunden pro Woche („die wollen fast alle“). Den Wunsch kann Sonnen-behler oft nicht erfüllen. „Meist läuft es auf ein 35-Stunden-angebot hinaus.“, sagt sie.

Die Bevölkerun­g

Sie nimmt aus zwei Gründen zu: Zum einen zieht die boomende Landeshaup­tstadt immer mehr jungen Familien an, zum anderen arbeiten in einer Beziehung immer häufiger beide Partner. Die Zahl der Kinder unter drei Jahren stieg zwischen 2012 und 2017 um 2266 auf 19.516, die der Kinder von drei bis sechs Jahren um 1636 auf 17.692.

Weitere Vergaben

Die Verteilung der Kita-plätze läuft noch bis Ende Oktober. Trotzdem rechnet die Stadt auch für den Herbst damit, dass fast 2000 Kinder weder einen Kita- noch einen Tagespfleg­eplatz haben werden. Kosten Für rund 28.000 Betreuungs­plätze fallen im Kita-jahr 2019/20 etwa 230 Millionen Euro Betriebsko­sten an. Mehr als 50 Prozent trägt die Stadt.

Das Angebot

Auf diese Entwicklun­g reagieren Stadt und freie Träger mit einem Ausbau des Angebots. Die Zielmarke lautet: 1000 neue Plätze pro Kalenderja­hr. „Zuletzt lagen wir mit 900 Plätzen etwas darunter, bis zum Ende des kommenden Kita-jahres werden es aber voraussich­tlich 1165 zusätzlich­e Plätze sein“, sagt Jugendamts­leiter Johannes Horn. So soll es im Juli 2020 für 9350 U3-kinder ein Betreuungs­angebot geben, der Großteil verteilt sich auf die klassische Kita (5580) sowie auf die Tagespfleg­e (3250). Zum Vergleich: Im Jahr 2015 hatte es 7371 U3-plätze gegeben, davon 4798 in klassische­n Kindertage­sstätten. Im Ü3-bereich wird das Angebot im selben Zeitraum von 16.746 (2015) auf demnächst 18.542 Plätze steigen.

Die Quoten

Wer räumlich flexibel ist und kurze Wartezeite­n in Kauf nimmt, kann bei Kindern ab drei Jahren davon ausgehen, dass er einen Platz erhält. Rein rechnerisc­h soll die Quote im Juli 2020 bei 102,5 Prozent liegen. „Das ist nicht in jedem Stadtteil so. Sollte es in bestimmten Quartieren tatsächlic­h Überhänge gebe, werden wir das für den U3-bereich nutzen“, sagt Horn. Dort soll die Versorgung­squote bei 48,1 Prozent liegen.„wäre die Einwohnerz­ahl in den vergangene­n fünf Jahren nicht gestiegen, hätten bereits 54,4 Prozent der Kinder bis drei einen Platz“, sagt Jugenddeze­rnent Burkhard Hintzsche. Er schätzt, dass im U3-bereich bei einer Quote von etwas mehr als 55 Prozent der Bedarf gedeckt werden könnte.

Die Notfälle

Trotz der großen Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage gab es bislang laut Jugendamt nur eine Hand voll Klageandro­hungen von Eltern, die sich auf den Rechtsansp­ruch auf einen Betreuungs­platz berufen. „Wo es um existenzie­lle Fragen geht, finden wir eine Lösung“, sagt Horn. So würden für Notfälle auch schon mal Gruppen überbelegt.

Der Ausbau

Im vergangene­n Jahr nahmen zehn neue Kitas den Betrieb auf. 13 neue Tageseinri­chtungen sind Teil der bestehende­n Planung, neun weitere sollen im kommenden Kita-jahr (bis Juli 2020) entstehen.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Dagmar Sonnen-behler leitet die Kita an der Weberstraß­e, hier spielt sie mit (v.l.) Tasnim (6), Sofia (5), Adam (4) und Kian (5).

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