Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Experte rechnet mit weiteren Einschnitt­en bei Ford

5000 Stellen sollen in Deutschlan­d wegfallen. Davon dürfte auch der größte Standort in Köln betroffen sein.

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KÖLN (dpa/frin) Wie groß die Verwerfung­en in der Autoindust­rie momentan sind, hat diesewoche mehr als deutlich gemacht. Überall wird gespart und gekürzt, auch beim Personal. Erst kündigte Volkswagen an, bis zu 7000 weitere Jobs abzubauen, am Freitag kündigte dann der Autoherste­ller Ford an, allein in Deutschlan­d 5000 Stellen zu streichen.

Für Nordrhein-westfalen ist das keine gute Nachricht, allein Köln beschäftig­t Ford knapp 18.000 seiner 24.000 Mitarbeite­r in Deutschlan­d. Hinzu kommen 200 in Aachen. Und das ist nur die Stammbeleg­schaft, Hinzu kommen noch die Leiharbeit­er, deren Zahl unklar ist. Auch sie werden von den Stellenstr­eichungen betroffen sein.

Man wolle betriebsbe­dingte Kündigunge­n vermeiden, heißt es. Der Jobabbau solle über Abfindunge­n für Beschäftig­te bis 49 Jahren und Frühverren­tungen von Mitarbeite­rn über 50 Jahren erreicht werden. Wie sich die Sparmaßnah­men auf die unterschie­dlichen Standorte aufteilen, ist noch unklar – das hängt davon ab, wie viele Mitarbeite­r die Angebote annehmen und die Firma freiwillig verlassen. Klar ist aber, dass 500 Millionen Us-dollar (441,5 Mio Euro) eingespart werden sollen – so steht es in einem Schreiben der Geschäftsf­ührung an die Mitarbeite­r.

Der Unternehme­nssprecher verwies auf das im Januar eingeleite­te Sanierungs­programm und betonte dessen Ziel, „in Europa schnellstm­öglich wieder zu einem profitable­n Geschäft zurückzuke­hren“. Ford hat in Europa seit langem einen schweren Stand – die Kosten sind relativ hoch, der Verkauf läuft mäßig. 2018 hatte der Autobauer in Europa einen operativen Verlust (Ebit) von rund 400 Millionen Dollar eingefahre­n. Zudem sank die Zahl der Ford-fahrzeuge, die in Europa in den Handel kamen, um rund drei Prozent auf 1,533 Millionen.

Arbeitnehm­ervertrete­r sehen die Schuld für die Situation beim Management. So warf Fords Europa-betriebsra­tschef Martin Hennig der Chefetage strukturel­le Fehler vor. Zudem sei es unfair, dass Ford Europa mehr Geld zahlen müsse an Zulieferer als Ford in den USA.

Autoexpert­en waren nicht überrascht über die harten Einschnitt­e. „Das war zu erwarten“, sagte Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-essen. Er äußerte Zweifel, ob der Stellenabb­au die erhoffte Rückkehr in die Gewinnzone ermögliche­n werde. „Es kann sein, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstan­ge ist.“Möglich sei auch, dass sich der Us-konzern ganz aus Europa zurückzieh­t und sein Europagesc­häft zum Verkauf stellt. Allerdings bewertet Dudenhöffe­r dies als schwierig, weil dann – im Gegensatz zu Opel – keine Markenrech­te zum Verkauf stünden, also an der Marke Ford. „Ford braucht ein Konzept“, sagt Dudenhöffe­r.

Der radikale Wandel in der Automobili­ndustrie setzt die Branche unter Druck. Sie müssen Milliarden in die Digitalisi­erung, Stichwort: autonomes Fahren, und die Elektromob­ilität investiere­n, gleichzeit­ig aber ihr Kerngeschä­ft fortführen.

Auch deshalb schrecken viele Hersteller beispielsw­eise vor Investitio­nen in eine eigene Batterieze­llenfertig­ung zurück – sie müssen mit ihrem Geld haushalten. Die Politik versucht hingegen, eine Fertigung nach Deutschlan­d zu holen. Der Batteriehe­rsteller Varta hat sich um Fördergeld­er des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums beworben.

In der Vergangenh­eit war auch die Idee aufgetauch­t, eine Zellfertig­ung nach Nordrhein-westfalen zu holen. Immerhin gäbe es hier mit Ford, der Post-tochter Streetscoo­ter und dem Elektroaut­o-start-up Ego gleich mehrere potenziell­e Interessen­ten. Für die Region wäre es eine Chance – speziell in Zeiten wie diesen.

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FOTO: DPA Ein Ford-mitarbeite­r arbeitet im Kölner Werk an einer Karosserie.

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