Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Knurrer ist zurück

Huub Stevens soll Vizemeiste­r Schalke 04 vor dem Abstieg bewahren.

- VON GIANNI COSTA

GELSENKIRC­HEN Der Fußball wird von einigen gerne als schrecklic­h komplizier­ter Sport inszeniert. Es ist vor geraumer Zeit der sogenannte Laptop-trainer erfunden worden, weil es angeblich unter einem Terabyte-speicherka­pazität und mega-mega-mega-schnellen Prozessore­n überhaupt nicht möglich ist, das große Einmaleins des Spiels angemessen zu verarbeite­n. Trainertyp­en wie Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco werden dieser Generation zugeordnet. Junge Typen, fachlich hervorrage­nd ausgebilde­t, kommunikat­iv. Am Ende gewinnt aber immer das Phrasensch­wein. Denn wenn die Ergebnisse nicht stimmen, wird der mobile Computer ganz schnell wieder zugeklappt, und der Nächste darf sein Glück versuchen.

So ist es in diesen Tagen Tedesco ergangen. 33 Jahre alt und mit einem imposanten Lebenslauf. In der vergangene­n Saison ist er mit dem FC Schalke 04 Vizemeiste­r in der Bundesliga. In dieser Spielzeit ist dummerweis­e ein weiterer Eintrag dazu gekommen: im Abstiegska­mpf von den Aufgaben freigestel­lt. An seiner Stelle soll nun jemand den Klassenerh­alt sicherstel­len, von dem nicht einmal überliefer­t ist, ob er überhaupt einen Laptop zu seiner Standardau­srüstung zählt.

Hubertus Jozef Margaretha, genannt „Huub“, Stevens, 65, hatte sich eigentlich schon aufs Altenteil zurückgezo­gen. Doch zum Engagement bei den Königsblau­en musste der „Knurrer von Kerkrade“, 2001 mit Schalke „Meister der Herzen“geworden, nicht lange überredet werden. Bis zum Saisonende und nicht nur für das Spiel am Samstag bei RB Leipzig übernimmt der Jahrhunder­ttrainer. Er wird assistiert von den Euro-fightern Mike Büskens und Gerald Asamoah als Teammanage­r.„in dieser Konstella- tion werden wir die Saison bis zum Ende spielen“, sagt Jochen Schneider. Zudem wird Matthias Kreutzer als Spielanaly­st und Co-trainer zum Stab stoßen. Die Suche nach einem Sportdirek­tor und einem Technische­n Direktor stehe erst einmal hintenan.

Stevens‘ Aufgabe ist laut Schneider auf drei Monate beschränkt, danach werde er zurück ins Kontrollgr­emium desvereins wechseln. Der Niederländ­er ist aber klar der Cheftraine­r.„huub hat den Hut auf“, sagt Assistent Büskens. Schneider findet, bei der Entlassung von Tedesco sei alles den Umständen entspreche­nd okay gelaufen. Tedesco, der am Donnerstag noch das Training leitete, hatte erst am frühen Abend von seiner Entlassung erfahren.„domenico hatteverst­ändnis“, sagt er. „Die Vizemeiste­rschaft 2018 wird immer mit seinem Namen verbunden sein.“

Stevens, der seine letzte Trainerste­lle in Hoffenheim im Februar 2016 wegen Herzrhythm­usstörunge­n aufgegeben hatte, versichert: „Mir geht es gut. Und ich hoffe, dass es mir nach den drei Monaten immer noch gut geht.“Ob der von Tedesco im neuen Jahr beförderte Alexander Nübel Torhüter bleibt oder Kapitän Ralf Fährmann ins Tor zurückkehr­t, ließ Stevens offen: „Im Tor spielt der, der Handschuhe anhat.“

Stevens steht für einfachen Fußball. Er steht auf Malocher-typen und Maloche auf dem Platz. Er steht für klare Ansprachen. Dinge, auf die es in den unteren Regionen der Tabelle vor allem ankommt. „Wir befinden uns in einer äußerst prekären Situation“, sagt er. „Wir wollen wieder eine Mannschaft sehen, die kämpft und Leidenscha­ft zeigt. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, gemeinsam mit den Fans, und wieder zeigen, dass wir eine Familie sind.“Sätze aus Zeiten, als noch niemand an Laptops dachte.

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FOTO: DPA Wieder aktiv in der Arena: Schalkes Interimstr­ainer Huub Stevens vor seiner Vorstellun­g.

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