Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bäume br und Licht
Obstbäume im heimischen Garten müssen richtig beschnitten werden, damit die Ernte üppig ausfällt. Viele Ziersträucher blühen nicht mehr, wenn sie einfach nur rundherum gekappt werden.
KÖLN Der so genannte Hausmeisterschnitt ist in deutschen Gärten weit verbreitet. Er macht wenig Arbeit, erweckt aber den Eindruck von Ordnung und Sauberkeit: Bäume werden radikal in Form geschnitten, Sträucher oft bis auf einen halben Meter über den Boden gekappt. Für Gärtner ist das eingraus, fürbäume und Sträucher oft auch. Der richtige Schnitt hingegen sorgt für schönewuchsformen, Blütenpracht und eine gute Ernte. Gartenbau-ingenieur Marcel Kurzbuch von der Gartenoase Köln-west gibt Tipps für den Hobbygärtner.
Ein paar Grundsätze
Der häufigste Fehler von Hobbygärtnern ist der „Rundumschnitt“. An jedem Ast schneiden sie etwas weg oder kappen die Spitzen aller Zweige.„am jungen Holz bilden sich aber die meisten Blüten“, sagt Marcel Kurzbuch. Wird das jedes Mal weggeschnitten, gibt es weder Blütenpracht noch Obsternte. Je nach Sorte brauchen Bäume und Sträucher bestimmte Schnitttechniken. Doch generell mögen die Pflanzen Licht und Luft. Sie sollen nicht zu dicht wachsen. Sonst können Sträucher im Innern kahl werden, bestimmte Krankheitenbreiten sich leichter aus. „Eine Faustregel ist: Alles, was nach innen wächst, wird weggeschnitten“, sagt dergartenbau-ingenieur. Einenuniversalschnitt für Bäume gibt es nicht.„jede Art, eigentlich sogar jederbaum, hat seinen eigenen Charakter, den man berücksichtigen sollte“, sagt Kurzbuch. Für kleine und größere Bäume, die von Natur aus mit einem geraden Stamm in die Höhe wachsen, empfiehlt er eine pyramidenförmige Krone: Sie ist unten breiter als oben. Dafür wird der Stamm gerade hochgezogen. Haben sich zweite Spitzen gebildet, werden sie herausgeschnitten. Denn wenn sich Stämme parallel entwickeln, erhöht sich die Bruchgefahr. Die Seitenäste sollten von unten nach oben kleiner werden und weder zu steil, noch zu flach vom Stamm wegwachsen.
Den Baum beschneiden
Ein neu gekaufter Baum muss geschnitten werden. So soll das Ver- hältnis vonwurzelballen zur Baumkrone angeglichen werden.wurzeln, die beschädigt sind oder ringförmig in einem Topf gewachsen sind, werden gerade abgeschnitten. Die Krone sollte dann so beschnitten werden, dass sie ein ausgewogenen Verhältnis zum Wurzelballen hat. Dieser Pflanzschnitt ist schon der erste Schritt des Erziehungsschnittes. Dieser stellt sicher, dass der Baum in der gewünschten Kronenform wächst - was beiobstbäumen wiederum auch wichtig für einen guten Ertrag ist.
Es gibt verschiedenen Kronenformen, zu denen man einen Baum schneiden kann. Sie sind unter anderem von der Wuchsstärke und Sorte abhängig. Alte Obstbäume wie in Großmutters Garten oder auf der Streuobstwiese gehören in der Regel aufgrund der starkwüchsigenveredelungsunterlage noch zu den kräftigeren, großwüchsigen Sorten. Obstbäume aus dem Fachhandel sind aber eher schwachwüchsig und kleiner. Dafür tragen sie bereits in jungen Jahren Früchte. Sie sind für moderne, also eher kleinere Hausgärten gedacht. Für sie eignet sich die Spindelkrone. Sie zeichnet sich durch einen zwei bis drei Meter hohen Stamm aus, von dem relativ schwache Äste zu allen Seitenabgehen.wenn dieseäste abgeerntet sind, werden sie durch jüngere Triebe ersetzt: Man schneidet die alten Äste raus. Und zwar möglichst nah am Stamm und an einer Stelle, an der sich bereits ein junger Ast als Ersatz gebildet hat. So verfährt man reihum den Stamm hinauf, eben in Spindelform. Außerdem sollten Äste von Obstbäumen nicht zu steil wachsen, weil sie sonst schlecht tragen. Ist der Baum schon größer und hat genug Äste, schneidet man die steilen Zweige weg. Oder man bindet sie auf etwa 45 Grad herunter, indem man sie an Gewichten befestigt, die auf dem Boden stehen.
Strauchobst oder Ziersträucher
Johannisbeer- oder Stachelbeer-büsche sind relativ leicht zu schneiden. Wenn der Busch bereits groß genug ist und ausreichend Äste hat, werden jährlich einviertel bis eindrittel der dicksten und ältesten Äste herausgeschnitten – und zwar möglichst tief über dem Boden, idealerweise über einemneuen Seitentrieb. Auch Zweige, die nach unten wachsen, sollten abgeschnitten werden. Wer die Beeren auf Hochstämm- chen hat, schneidet die alten Äste einfach oben am Stamm auf gleicheweise ab. Bei Ziergehölzen und Büschen verfährt man ebenso: Alte Äste werden bodennah über einem neuen Trieb herausgenommen.
Wann und wie oft schneiden?
Pflegeschnitte kann man das ganze Jahr über machen, klassischerweisewird aber in denwintermonaten geschnitten. Radikale Schnitte sind nur von Oktober bis einschließlich Februar erlaubt. Wer Bäume und Sträucher komplett entfernen oder sie radikal kürzen will, muss bis Oktober damit warten. Zwischen 1. März und 30. September sind nur Pflegeschnitte erlaubt. Das heißt: Man darf die Gehölze nur noch formen. Dasverbot, das imbundesnaturschutzgesetz verankert ist, soll Tiere schützen, die in Bäumen, Hecken und Sträuchern Rückzugsorte und Nahrung finden. Verstöße können ein hohes Bußgeld zur Folge haben.
„Wenn die Pflanzen keine Blätter mehr haben, sieht man auch besser, wo geschnitten werden muss“, sagt Marcel Kurzbuch. Kurz vor dem Herbst sollte man keine starken Rückschnitte mehr machen, da die Pflanzen dann vielleicht neu austreiben und der Frost Schaden anrichten kann. Nicht sinnvoll sind auch Schnitte kurz vor der Blüte. Erst danach sollten alte Äste rausgeschnitten werden. Sträucher sollten zumindest alle zwei bis drei Jahre geschnitten werden. Ausgewachsene Bäume schneidet man bei Bedarf. Das ist der Fall, wenn die Wuchsform nicht mehr stimmt, der Baum zu groß wird oder nur noch wenig Blüten oder Obst trägt.
Wer ist tabu?
Manche Pflanzen sind empfindlich und können das Schneiden übel nehmen. Dazu gehören Sorten wie der Japanischezwergahorn oder der Fächerahorn, Magnolien, Gingko und viele Nadelgehölze. Hier sollte bei Bedarf nur der Fachmann ran. Auch Pflaumen- und Zwetschgenbäume brauchen nur wenige Korrekturschnitte. Lavendel sollteman nie bis ins Holz abschneiden.„dann ist es Glückssache, ob die Pflanze nochmal wiederkommt“, sagt der Gartenbau-ingenieur.