Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bäume br und Licht

Obstbäume im heimischen Garten müssen richtig beschnitte­n werden, damit die Ernte üppig ausfällt. Viele Ziersträuc­her blühen nicht mehr, wenn sie einfach nur rundherum gekappt werden.

- VON CAROLA SIEDENTOP

KÖLN Der so genannte Hausmeiste­rschnitt ist in deutschen Gärten weit verbreitet. Er macht wenig Arbeit, erweckt aber den Eindruck von Ordnung und Sauberkeit: Bäume werden radikal in Form geschnitte­n, Sträucher oft bis auf einen halben Meter über den Boden gekappt. Für Gärtner ist das eingraus, fürbäume und Sträucher oft auch. Der richtige Schnitt hingegen sorgt für schönewuch­sformen, Blütenprac­ht und eine gute Ernte. Gartenbau-ingenieur Marcel Kurzbuch von der Gartenoase Köln-west gibt Tipps für den Hobbygärtn­er.

Ein paar Grundsätze

Der häufigste Fehler von Hobbygärtn­ern ist der „Rundumschn­itt“. An jedem Ast schneiden sie etwas weg oder kappen die Spitzen aller Zweige.„am jungen Holz bilden sich aber die meisten Blüten“, sagt Marcel Kurzbuch. Wird das jedes Mal weggeschni­tten, gibt es weder Blütenprac­ht noch Obsternte. Je nach Sorte brauchen Bäume und Sträucher bestimmte Schnitttec­hniken. Doch generell mögen die Pflanzen Licht und Luft. Sie sollen nicht zu dicht wachsen. Sonst können Sträucher im Innern kahl werden, bestimmte Krankheite­nbreiten sich leichter aus. „Eine Faustregel ist: Alles, was nach innen wächst, wird weggeschni­tten“, sagt dergartenb­au-ingenieur. Einenunive­rsalschnit­t für Bäume gibt es nicht.„jede Art, eigentlich sogar jederbaum, hat seinen eigenen Charakter, den man berücksich­tigen sollte“, sagt Kurzbuch. Für kleine und größere Bäume, die von Natur aus mit einem geraden Stamm in die Höhe wachsen, empfiehlt er eine pyramidenf­örmige Krone: Sie ist unten breiter als oben. Dafür wird der Stamm gerade hochgezoge­n. Haben sich zweite Spitzen gebildet, werden sie herausgesc­hnitten. Denn wenn sich Stämme parallel entwickeln, erhöht sich die Bruchgefah­r. Die Seitenäste sollten von unten nach oben kleiner werden und weder zu steil, noch zu flach vom Stamm wegwachsen.

Den Baum beschneide­n

Ein neu gekaufter Baum muss geschnitte­n werden. So soll das Ver- hältnis vonwurzelb­allen zur Baumkrone angegliche­n werden.wurzeln, die beschädigt sind oder ringförmig in einem Topf gewachsen sind, werden gerade abgeschnit­ten. Die Krone sollte dann so beschnitte­n werden, dass sie ein ausgewogen­en Verhältnis zum Wurzelball­en hat. Dieser Pflanzschn­itt ist schon der erste Schritt des Erziehungs­schnittes. Dieser stellt sicher, dass der Baum in der gewünschte­n Kronenform wächst - was beiobstbäu­men wiederum auch wichtig für einen guten Ertrag ist.

Es gibt verschiede­nen Kronenform­en, zu denen man einen Baum schneiden kann. Sie sind unter anderem von der Wuchsstärk­e und Sorte abhängig. Alte Obstbäume wie in Großmutter­s Garten oder auf der Streuobstw­iese gehören in der Regel aufgrund der starkwüchs­igenverede­lungsunter­lage noch zu den kräftigere­n, großwüchsi­gen Sorten. Obstbäume aus dem Fachhandel sind aber eher schwachwüc­hsig und kleiner. Dafür tragen sie bereits in jungen Jahren Früchte. Sie sind für moderne, also eher kleinere Hausgärten gedacht. Für sie eignet sich die Spindelkro­ne. Sie zeichnet sich durch einen zwei bis drei Meter hohen Stamm aus, von dem relativ schwache Äste zu allen Seitenabge­hen.wenn dieseäste abgeerntet sind, werden sie durch jüngere Triebe ersetzt: Man schneidet die alten Äste raus. Und zwar möglichst nah am Stamm und an einer Stelle, an der sich bereits ein junger Ast als Ersatz gebildet hat. So verfährt man reihum den Stamm hinauf, eben in Spindelfor­m. Außerdem sollten Äste von Obstbäumen nicht zu steil wachsen, weil sie sonst schlecht tragen. Ist der Baum schon größer und hat genug Äste, schneidet man die steilen Zweige weg. Oder man bindet sie auf etwa 45 Grad herunter, indem man sie an Gewichten befestigt, die auf dem Boden stehen.

Strauchobs­t oder Ziersträuc­her

Johannisbe­er- oder Stachelbee­r-büsche sind relativ leicht zu schneiden. Wenn der Busch bereits groß genug ist und ausreichen­d Äste hat, werden jährlich einviertel bis eindrittel der dicksten und ältesten Äste herausgesc­hnitten – und zwar möglichst tief über dem Boden, idealerwei­se über einemneuen Seitentrie­b. Auch Zweige, die nach unten wachsen, sollten abgeschnit­ten werden. Wer die Beeren auf Hochstämm- chen hat, schneidet die alten Äste einfach oben am Stamm auf gleichewei­se ab. Bei Ziergehölz­en und Büschen verfährt man ebenso: Alte Äste werden bodennah über einem neuen Trieb herausgeno­mmen.

Wann und wie oft schneiden?

Pflegeschn­itte kann man das ganze Jahr über machen, klassische­rweisewird aber in denwinterm­onaten geschnitte­n. Radikale Schnitte sind nur von Oktober bis einschließ­lich Februar erlaubt. Wer Bäume und Sträucher komplett entfernen oder sie radikal kürzen will, muss bis Oktober damit warten. Zwischen 1. März und 30. September sind nur Pflegeschn­itte erlaubt. Das heißt: Man darf die Gehölze nur noch formen. Dasverbot, das imbundesna­turschutzg­esetz verankert ist, soll Tiere schützen, die in Bäumen, Hecken und Sträuchern Rückzugsor­te und Nahrung finden. Verstöße können ein hohes Bußgeld zur Folge haben.

„Wenn die Pflanzen keine Blätter mehr haben, sieht man auch besser, wo geschnitte­n werden muss“, sagt Marcel Kurzbuch. Kurz vor dem Herbst sollte man keine starken Rückschnit­te mehr machen, da die Pflanzen dann vielleicht neu austreiben und der Frost Schaden anrichten kann. Nicht sinnvoll sind auch Schnitte kurz vor der Blüte. Erst danach sollten alte Äste rausgeschn­itten werden. Sträucher sollten zumindest alle zwei bis drei Jahre geschnitte­n werden. Ausgewachs­ene Bäume schneidet man bei Bedarf. Das ist der Fall, wenn die Wuchsform nicht mehr stimmt, der Baum zu groß wird oder nur noch wenig Blüten oder Obst trägt.

Wer ist tabu?

Manche Pflanzen sind empfindlic­h und können das Schneiden übel nehmen. Dazu gehören Sorten wie der Japanische­zwergahorn oder der Fächerahor­n, Magnolien, Gingko und viele Nadelgehöl­ze. Hier sollte bei Bedarf nur der Fachmann ran. Auch Pflaumen- und Zwetschgen­bäume brauchen nur wenige Korrekturs­chnitte. Lavendel sollteman nie bis ins Holz abschneide­n.„dann ist es Glückssach­e, ob die Pflanze nochmal wiederkomm­t“, sagt der Gartenbau-ingenieur.

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