Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Thieldoppe­lgängerund­boerneim Fadenkreuz­in Gefahr

Nacheineku­rioseverko­rkstemwiee­rschrecken­debeginnis­t„spieglein,mordseries­pieglein“beschäftig­teingeradl­iniger,dasmünster­anerguter„münster-„tatort“-duo. Tatort“.

- VON TOBIAS JOCHHEIM

DÜSSELDORF MÜNSTER Nach zwanzig Minuten schwebt der Finger über dem Ausschaltk­nopf der Fernbedien­ung: Thiel und Staatsanwä­ltin Klemm, Boerne und seine Assistenti­n„alberich“schreien aneinander an; maximal lautstark, minimal glaubwürdi­g.

Ein Serienmörd­er geht um, der Tag für Tag unschuldig­e Doppelgäng­er des Ermittler-quartetts tötet. Und damit die das auch ja mitbekomme­n, jubelt der Täter den armen Todgeweiht­en persönlich­e Gegenständ­e unter, die er den Originalen zuvor gestohlen hat: Klemms Kippen, Alberichs Schal, Boernes Mütze, Thiels gammelige„gute“Schuhe.

Eine wirklich schöne Idee – allein die daraus resultiere­nde Panik ist absurd übertriebe­n gespielt. Aufgerisse­ne Augen und zitternde Hände allüberall, die Skala für ausdrucksv­olle Mimik und Gestik wird lustvoll gesprengt. Dazu dieses Geschrei, in Schriftgrö­ße 128, komplett in Großbuchst­aben, gefettet und zur Sicherheit noch unterstric­hen.

Ohne jede Not bleibt in diesem ersten Drittel jene Lässigkeit auf der Strecke, die dem Münster-„tatort“noch der größte Kritiker stets zugutehalt­en musste. Logisch, dass es den Protagonis­ten nahegeht, wenn jemand ein derart makabres Spiel mit ihnen treibt – aber die Hysterie wirkt dermaßen hölzern, dass man eher mit den Schauspiel­ern mitfühlt, denen Regisseur Matthias Tiefenbach­er eigentlich nur körperlich­e Gewalt angedroht haben kann. Anders lässt sich kaum erklären, weshalb langjährig­e profession­elle Schauspiel­er derart nach der Laientheat­er-maxime „Viel hilft viel“agieren.

Einen Vorteil immerhin hat der verhunzte Einstieg: Wer am Sonn- tagabend in ängstliche­r Erwartung der anstehende­n Arbeitswoc­he schon früh eindöst, bekommt daswesentl­iche auch im Halbschlaf mit. Doch Wachbleibe­n lohnt sich: „Spieglein, Spieglein“wird richtig munter.

Das liegt vor allem an Birgit Brückner (Kathrin Angerer), die schon früh als Täterin enthüllt wird: Zwischen ihren Einsätzen als Killerin ist sie in einer Art nervöser Trance, in der Planung wie auch am Abzug indes eiskalt. Was treibt die freudlose Verwaltung­sfachanges­tellte mit dem rosa Strickpull­over zu ihren Taten? Oder besser: Wer? Gibt sie den Racheengel für einen Ehemann oder Vater, den Thiel und Boerne einst hinter Gitter brachten, und damit auch um seine bürgerlich­e Existenz? Ein guter Krimi um Schuld und Sühne, Resozialis­ierung und Rache entspinnt sich hier, garniert selbstrede­nd mit den üblichen Logiklücke­n und Frotzeleie­n.

Verzichtba­r gewesen wäre Björn Meyer als Ersatz für Thiels fleißiges Bürobiench­en Nadeshda, deren Darsteller­in Friederike Kempter sich während der Dreharbeit­en im Mutterschu­tz befand. Nichts gegen Meyer; es war garantiert gewollt, dass er das dauergrins­ende Riesenbaby spielt, das theoretisc­h nur Kaffee kochen soll, praktisch aber eine Art Wunderkomm­issar ist. Ebenfalls wenig überzeugen­d: Die Doppelgäng­er von Klemm und Haller.thiels Double gibt Prahl höchstselb­st mit schnell angepappte­m Zwanzigerj­ahre-schnörres. Der Zweit-boerne hingegen, ein schnoddrig­er Musikprofe­ssor mit Notenschlü­ssel-tat- too, überzeugt. Alle außer Boerne, versteht sich. Der fragt nur entgeister­t: „Jazz? Aber, aber... wovon leben Sie?“ Tatort: „Tatort – Spieglein, Spieglein, Spieglein“, Spieglein, ARD, So., 20.1520.15 Uhr,uhr. ARD

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FOTO: WDR/THOMAS KOST FOTO: ARD Diesmal ist ein Mörder auf den Spuren von Thiel (Axel Prahl, r.) und Boerne (Jan Josef Liefers).

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