Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Die Herzlichkeit hat mich berührt“
Von Neuss nach Afrika: Afroditi Amanatidou macht im „Lukas“eine Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin und gerade ein vierwöchiges Praktikum in einer Klinik in Ghana. Dort vermisst sie Nudeln und Pizza.
NEUSS Es war erst einmal ein Schock, als Afroditi Amanatidou im St. Patrick Hospital in Offinso (Ghana) den Operationssaal betrat und feststellte, dass es keine Desinfektionsmittel gab und nur Abdeckungen und Op-kittel aus Baumwolle. „Alle Flüssigkeiten, natürlich auch Blut, gehen durch den Stoff durch“, berichtet sie. Doch das ist nicht das Einzige, mit dem die Neusserin schnell lernen musste, in der fremden Umgebung zu leben. Jeden Tag unter die
„Wir haben den Kollegen dort gezeigt, wie wir unsere Hände desinfizieren“Afroditi Amanatidou Auszubildende
Dusche – Fehlanzeige. „Es kommt vor, dass wir hier ein paar Tage kein Wasser haben, und mindestens ein Mal am Tag Stromausfall“, sagt sie. Nach über drei Wochen ist sie daran jetzt gewöhnt. Auf Dauer jedoch hätte sie schon Schwierigkeiten auf die Standards, wie sie in deutschen Op-sälen herrschen, zu verzichten. „Ich konnte das zuerst nur schwer mit meinem Gewissen vereinbaren“, gesteht sie. Hygiene und Sterilität hätten dort eben einen anderen Stellenwert. Aber man lerne schnell, pragmatisch zu denken, und irgendwann denke man sich, „hier ist es halt so und es scheint zu funktionieren“.
Die 22 Jahre alte Neusserin mit griechischen Wurzeln hatte gleich zu Beginn ihrer Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin (OTA) im „Lukas“in ihrer Schule von der Möglichkeit eines vierwöchigen Praktikums in Ghana gehört. Da wollte sie hin. Mitte Februar war es dann so weit. Es hieß, Abschied nehmen von zu Hause, eintauchen in eine völlig andere Welt. Und am Freitag wird sie sich dann dort verabschieden müssen, und das mit vor allen Dingen jeder Menge neu- er Eindrücke und Erfahrungen im Gepäck.
„Wir haben den Kollegen dort zum Beispiel gezeigt, wie wir unsere Hände desinfizieren, uns für eine OP einkleiden und Instrumente anreichen“, sagt sie. Und: „Es war schon lustig, wie wir immer beobachtet wurden, weil wir uns ständig die Hände wuschen.“Mit „uns“meint Afroditi noch zwei Kolleginnen aus Mönchengladbach, Isabel Göckel und Annika Schroers, die ebenfalls in Offinso waren.
Am meisten berührt habe sie die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen. Kaum einer sei schlecht gelaunt, alle recht entspannt. Die Kinder ihrer Nachbarschaft seien immer auf die „drei Deutschen“zugelaufen, sobald sie sie erspähten. „Sie wollten mit uns spielen und unse- re helle Haut anfassen“, sagt Afroditi. Auf was sie sich am meisten, kurz vor ihrer Rückkehr, freut, sei das Essen, denn das war ihr in Ghana eindeutig zu scharf. „Zum Frühstück Brötchen mit Käse, Nudeln und Pizza, das habe ich vermisst“, sagt sie. In Neuss wird sie dann wohl das angenehme Klima –„jeden Tag über 32 Grad“– vermissen.
Über ihr außergewöhnliches Praktikum sagt sie: „Das ist eine der besten Erfahrungen, die man im Leben machen kann. Man lernt so viel über das Leben und sich selbst kennen, lernt vieles in Deutschland zu schätzen, zum Beispiel, dass Wasser ein echter Luxusartikel ist.“