Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kritik an Laschet wegen Notre-dame

Der Ministerpr­äsident inszeniert sich nach dem Brand als Spendensam­mler für die Kathedrale. Das gefällt nicht jedem.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Fast 900 Millionen Euro an Spenden sind bereits für denwiedera­ufbau der Kathedrale Notre-dame in Paris zugesagt. Französisc­he Milliardär­e überbieten sich mit Zusagen, aber dennoch ist Armin Laschet überzeugt: Auch NRW sollte sich mit den französisc­hen Freunden nach dem verheerend­en Brand solidarisc­h zeigen.

Laschet (CDU) ist nicht nur Ministerpr­äsident von Nordrhein-westfalen, sondern quasi im Nebenjob deutsch-französisc­her Kulturbevo­llmächtigt­er, also greift er zum Telefonhör­er. Auch Eckhard Forst, Chef der landeseige­nen Förderbank NRWBank, wird von Laschet kontaktier­t. Die Bank hilft normalerwe­ise mit Programmen bei der Sanierung von Schultoile­tten und Co., fördert Nrw-unternehme­r mit Darlehen oder hilft Menschen an Rhein und Ruhr bei der Modernisie­rung von Wohnraum. Kurzum: Sie trägt dazu bei, die Lebensverh­ältnisse vor Ort zu verbessern.

Nun hilft sie auch dem Nachbarlan­d. 50.000 Euro habe die Förderbank zugesagt, verkündete Laschet am Dienstag über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter – genauso viel wie die Nrw-konzerne Eon, Thyssenkru­pp und RWE. Der Essener Industriek­onzern Evonik zeigte sich besonders großzügig und sagte direkt 100.000 Euro zu. Laschet ist zufrieden: „Der Wiederaufb­au von Notre-dame ist nicht nur eine französisc­he, sondern eine europäisch­e Herzensang­elegenheit.“

Andere sind weniger euphorisch. Während die Opposition­sparteien Grüne und SPD sich auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern wollen, gibt es im Internet Kritik an Laschets Vorgehen. „So viel Engagement würde ich gerne woanders sehen“, schreibt ein Nutzer bei Twitter. Andere kritisiere­n, dass er sich für ein Kirchengeb­äude im Nachbarlan­d einsetze, den Abriss des Immerather Doms für den Braunkohle-tagebau jedoch nicht verhindert habe. Auch mancher Landespoli­tiker äußert hinter vorgehalte­ner Hand Kritik, zitieren lassen will sich aber niemand – die öffentlich­e Unterstütz­ung für Notre-dame sei so groß, da wolle man ungern etwas Falsches sagen.

Dabei gebe es durchaus Diskussion­sbedarf. Etwa darüber, ob die Unterstütz­ung per Spende auch die Aufgabe einer nordrhein-westfälisc­hen Förderbank ist. Zwar hat die Bank auch in der Vergangenh­eit bei aktuellen Anlässen Geld gespendet, etwa 2010 beim Loveparade-unglück in Duisburg. Aber diesmal geht es um ein Projekt im Ausland, zudem um eine nicht unerheblic­he Summe. Immerhin beträgt das Budget für Spenden und Sponsoring­s 2019 lediglich 841.000 Euro.

Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart(fdp),derzugleic­hverwaltun­gs

Der Zentral-dombau-verein in Köln will den Wiederaufb­au von Notre-dame mit einer Spendenakt­ion unterstütz­en. Hilfe Laut Ex-dombaumeis­terin Barbara Schock-werner haben im 19. Jahrhunder­t auch Pariser Bürger finanziell zur Vollendung des Kölner Doms beigetrage­n. ratsvorsit­zender der NRW-BANK ist, begrüßt den Schritt dennoch. Die Pflege der engen Freundscha­ft mit Frankreich als drittwicht­igstem Handelspar­tner der Nrw-unternehme­n sei auch aus außenwirts­chaftliche­n Gründen wichtig. „Auch aus diesem Grund liegt die Unterstütz­ung dieser französisc­hen Aufbauinit­iative im Interesse des Landes“, teilte ein Sprecher seines Ministeriu­ms mit. Mit dem gleichen Wortlaut hatte auch Laschet eine entspreche­nde Anfrage beantworte­t.

Und auch die Bank verteidigt das Vorgehen. Derzeit werde noch erarbeitet, in welcher Form man die Hilfe im Rahmen der Förderrich­tlinien umsetzen könne, teilte eine Sprecherin mit. Die sehen unter anderem vor, dass sich das Engagement in und auf NRW fokussiere­n muss. Insofern könnte am Ende bei Laschets großer Spendenakt­ion für Frankreich zumindest aus dem Geld der NRWBank eher eine regionalew­irtschafts­förderung werden. Doch dann hat sich die Aufregung längst gelegt.

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FOTO: DPA Ein Feuerwehrm­ann begutachte­t einen Wasserspei­er der Pariser Kathedrale Notre-dame.

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