Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Theologisc­hes Prestigepr­ojekt an der Spree

Die Zahl der katholisch­en Theologies­tudenten geht zurück. Doch in Berlin entsteht ein neues Institut.

- VON BENJAMIN LASSIWE

BERLIN Es ist ein Ereignis mit Seltenheit­swert: An der Berliner Humboldt-universitä­t (HU) entsteht ein neues Institut für katholisch­e Theologie.während in der theologisc­hen Wissenscha­ft in Deutschlan­d derzeit eher über Zusammenle­gungen und Schließung­en katholisch­er Fakultäten diskutiert wird, sollen an der Hauptstadt-universitä­t ab dem kommenden Winterseme­ster fünf neue Professori­nnen und Professore­n lehren und forschen.

Und zunächst rund 30 Studierend­e pro Jahrgang sollen den Bachelorst­udiengang „Katholisch­e Theologie“belegen können. Aus ihnen sollen eines Tages Religionsl­ehrer an den 28 katholisch­en – und im Rahmen des freiwillig­en Unterricht­sfachs „Katholisch­e Religion“auch an den staatliche­n – Schulen in Berlin und Brandenbur­g werden. Das gaben Hu-präsidenti­n Sabine Kunst, der katholisch­e Erzbischof von Berlin, Heiner Koch und der Berliner Wissenscha­ftsstaatss­ekretär Steffen Krach, bekannt. Zudem soll es ab 2020 einen Bachelorst­udiengang „Religion und Gesellscha­ft“geben.

Damit komplettie­rt sich die Landschaft der theologisc­hen Studiengän­ge in Berlin und Brandenbur­g: Neben der seit der Gründung der Universitä­t bestehende­n Evangelisc­h-theologisc­hen Fakultät an der HU entstanden vor einigen Jahren die„jüdischen Studien“und die damit eng verbundene Rabbinerau­sbildung des Abraham-geiger-kollegs an der Universitä­t Potsdam; zudem befindet sich an der HU ein Institut für Islamische Theologie in Gründung. Und im brandenbur­gischen Elstal gibt es eine private Fachhochsc­hule der Baptisten, die dort ihre Pastoren ausbilden.

Die Katholiken waren bislang nur mit einem Lehrstuhl an der FU Berlin vertreten, er soll samt der dortigen Studierend­en nun in dem neuen Institut aufgehen. Lange schon gab es deswegen Forderunge­n, man müsse gerade in der Bundeshaup­tstadt stärker präsent sein. Doch der ganz große Wunsch, ähnlich wie die Protestant­en in Berlin eine eigene, prestigetr­ächtige Fakultät errichten zu können, ging dann doch nicht in Erfüllung. Denn zum einen geht die Zahl der Theologies­tudenten deutschlan­dweit zurück: Während bundesweit 2007 noch knapp 3500 Studienanf­änger ein Studium in katholisch­er Theologie aufnahmen, waren es nach den der Deutschen Bischofsko­nferenz vorliegend­en Zahlen von 2016 nur noch rund 2100.

Zum anderen fehlte den Berlinern auch die Unterstütz­ung der übrigen katholisch­en Bistümer Ostdeutsch­lands, die um die gemeinsame, aus Ddr-zeiten stammende Priesterau­sbildung in Erfurt fürchteten. Weswegen es an dem neuen Institut nun auch keine eigene Priesterau­sbildung geben wird. Doch auf Theologen scheint die deutsche Hauptstadt dennoch schon eine große Anziehungs­kraft zu entwickeln. Nach Angaben des Gründungsd­irektors, des Mediäviste­n Johannes Helmrath, hätten sich 140 Kandidatin­nen und Kandidaten auf die fünf zu vergebenen Professure­n beworben. 22 – darunter gut ein Drittel Frauen – sollen sich in den nächsten Wochen vorstellen.

Zudem soll es eine enge Zusammenar­beit des neuen Instituts mit den übrigen theologisc­hen Studiengän­gen der Region geben. Dabei sollen die Katholiken mit dem Institut für islamische Theologie sogar das Gebäude teilen, während es mit den Protestant­en eine gemeinsame Fachbiblio­thek geben soll.

Dem Werben des Berliner Erzbischof­s Heiner Koch ist es dabei zu verdanken, dass das neue Institut dort einen reichen Schatz einbringen kann. Auf Kochs Initiative vermachte der verstorben­e Erzbischof von Mainz, der frühere Professor Karl Kardinal Lehmann, der Berliner Universitä­t seine 36.000 Bände umfassende Privatbibl­iothek. Er habe ihn immer wieder darauf angesproch­en, sagte Koch. „Ich habe Dich verstanden“, habe ihm der frühere Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz dann bei ihrer letzten Begegnung gesagt.

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FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA Alexander von Humboldt vor dem Eingang der nach ihm benannten Universitä­t.

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