Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Theologisches Prestigeprojekt an der Spree
Die Zahl der katholischen Theologiestudenten geht zurück. Doch in Berlin entsteht ein neues Institut.
BERLIN Es ist ein Ereignis mit Seltenheitswert: An der Berliner Humboldt-universität (HU) entsteht ein neues Institut für katholische Theologie.während in der theologischen Wissenschaft in Deutschland derzeit eher über Zusammenlegungen und Schließungen katholischer Fakultäten diskutiert wird, sollen an der Hauptstadt-universität ab dem kommenden Wintersemester fünf neue Professorinnen und Professoren lehren und forschen.
Und zunächst rund 30 Studierende pro Jahrgang sollen den Bachelorstudiengang „Katholische Theologie“belegen können. Aus ihnen sollen eines Tages Religionslehrer an den 28 katholischen – und im Rahmen des freiwilligen Unterrichtsfachs „Katholische Religion“auch an den staatlichen – Schulen in Berlin und Brandenburg werden. Das gaben Hu-präsidentin Sabine Kunst, der katholische Erzbischof von Berlin, Heiner Koch und der Berliner Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach, bekannt. Zudem soll es ab 2020 einen Bachelorstudiengang „Religion und Gesellschaft“geben.
Damit komplettiert sich die Landschaft der theologischen Studiengänge in Berlin und Brandenburg: Neben der seit der Gründung der Universität bestehenden Evangelisch-theologischen Fakultät an der HU entstanden vor einigen Jahren die„jüdischen Studien“und die damit eng verbundene Rabbinerausbildung des Abraham-geiger-kollegs an der Universität Potsdam; zudem befindet sich an der HU ein Institut für Islamische Theologie in Gründung. Und im brandenburgischen Elstal gibt es eine private Fachhochschule der Baptisten, die dort ihre Pastoren ausbilden.
Die Katholiken waren bislang nur mit einem Lehrstuhl an der FU Berlin vertreten, er soll samt der dortigen Studierenden nun in dem neuen Institut aufgehen. Lange schon gab es deswegen Forderungen, man müsse gerade in der Bundeshauptstadt stärker präsent sein. Doch der ganz große Wunsch, ähnlich wie die Protestanten in Berlin eine eigene, prestigeträchtige Fakultät errichten zu können, ging dann doch nicht in Erfüllung. Denn zum einen geht die Zahl der Theologiestudenten deutschlandweit zurück: Während bundesweit 2007 noch knapp 3500 Studienanfänger ein Studium in katholischer Theologie aufnahmen, waren es nach den der Deutschen Bischofskonferenz vorliegenden Zahlen von 2016 nur noch rund 2100.
Zum anderen fehlte den Berlinern auch die Unterstützung der übrigen katholischen Bistümer Ostdeutschlands, die um die gemeinsame, aus Ddr-zeiten stammende Priesterausbildung in Erfurt fürchteten. Weswegen es an dem neuen Institut nun auch keine eigene Priesterausbildung geben wird. Doch auf Theologen scheint die deutsche Hauptstadt dennoch schon eine große Anziehungskraft zu entwickeln. Nach Angaben des Gründungsdirektors, des Mediävisten Johannes Helmrath, hätten sich 140 Kandidatinnen und Kandidaten auf die fünf zu vergebenen Professuren beworben. 22 – darunter gut ein Drittel Frauen – sollen sich in den nächsten Wochen vorstellen.
Zudem soll es eine enge Zusammenarbeit des neuen Instituts mit den übrigen theologischen Studiengängen der Region geben. Dabei sollen die Katholiken mit dem Institut für islamische Theologie sogar das Gebäude teilen, während es mit den Protestanten eine gemeinsame Fachbibliothek geben soll.
Dem Werben des Berliner Erzbischofs Heiner Koch ist es dabei zu verdanken, dass das neue Institut dort einen reichen Schatz einbringen kann. Auf Kochs Initiative vermachte der verstorbene Erzbischof von Mainz, der frühere Professor Karl Kardinal Lehmann, der Berliner Universität seine 36.000 Bände umfassende Privatbibliothek. Er habe ihn immer wieder darauf angesprochen, sagte Koch. „Ich habe Dich verstanden“, habe ihm der frühere Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz dann bei ihrer letzten Begegnung gesagt.