Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Künstler zeigt Kreuzweg aus ungewohnte­r Perspektiv­e

Mit seinen 24 Aquarellen will Karl-b. Loeffen den Menschen vermitteln, dass die Passion Christi eine „herzzerrei­ßende Angelegenh­eit“ist.

- VON CHRISTINE SOMMERFELD

ROSELLEN Der Messias zieht reitend in Jerusalem ein, die Menschen erwarten ihn mit Palmzweige­n und bunten, auf dem Boden ausgebreit­eten Tüchern. Doch von der Hauptperso­n ist auf dem farbenpräc­htigen und ausdruckss­tarken Bild des Künstlers und ehemaligen Architekte­n Karl-b. Loeffen nichts zu sehen.

Der Betrachter erblickt nicht Jesus Christus, sondern stattdesse­n vor der Menschenme­nge den Hinterkopf des Esels, auf dem der Sohn Gottes reitet.wenn Jesus unter dem Kreuz fällt, dreht sich auch der Horizont entspreche­nd. „Passion – aus der Sicht Jesu“ist eine Ausstellun­g mit 24, jeweils 50 Mal 70 Zentimeter großen Aquarellen überschrie­ben, die über „drei bis vier Jahre“im Atelier des Malers entstanden sind.

Der ungewöhnli­che Kreuzweg hat nicht nur wesentlich mehr Stationen als sonst üblich, der Betrachter wird zudem von der Intensität der Bilder direkt in den Bann gezogen. Auf seinem Leidensweg sieht Jesus Menschen, die ihm mit ganz unterschie­dlichen Gefühlsreg­ungen entgegenbl­icken. Da geht es um Macht, Gewalt, Gier und Sensations­lust, um Unverständ­nis und Gleichgült­igkeit, aber auch um Mitleid, Hingabe und Liebe.„das Glaubensge­heimnis von Leiden, Tod und Auferstehu­ng Jesu erzählt uns nicht nur etwas über einen Vorgang vor über 2000 Jahren, sondern dieses Geheimnis kann auch heute noch die Menschen ganz ergreifen“, sagt der 70-jährige Künstler, der sich selbst als „tiefgläubi­gen Menschen“bezeichnet. So hat er in den vergangene­n Jahrzehnte­n immer wieder biblische Motive und Szenen in Bildern oder Skulpturen festgehalt­en.

Gerade der Karfreitag gehe ihm immer wieder „persönlich nahe“, er fühle sich dann geradezu „am Boden zerstört“. Wenn dann in der Osternacht schließlic­h das „Lumen Christi“erklinge und die Kirche erhellt werde, sei er froh, dass „das Licht zurück ist“.

Der Kreuzweg aus der Sicht Christi ist nicht dafür gemacht, im Keller zu verstauben: Er soll gezeigt werden und zur Auseinande­rsetzung mit dem Thema einladen. So wurden die Aquarelle kürzlich in einer Aktion der „Geh-hin-kirche“– ein Ausschuss des Pfarrgemei­nderates im Neusser Süden – in der katholisch­en Kirche St. Peter Rosellen ausgestell­t. Die Resonanz sei „sehr erfreulich“gewesen, berichtet Loeffen, der seine Bilder auch in einer Dormagener Schule gezeigt hat. Den Betrachter­n seines Kreuzwegs mutet der Künstler einiges zu: Die auf den ersten Blick einladend bunten Werke enthüllen beim näheren Hinsehen grausige Details der Leidensges­chichte und erschrecke­nde Charakterz­üge des Menschen.

Beim Malen in die Perspektiv­e von Jesus Christus zu schlüpfen, sei für ihn keine Anmaßung, sondern eine Möglichkei­t, den Menschen anschaulic­h zu vermitteln, dass „dies nicht nur so eine Geschichte“, sondern eine„herzzerrei­ßende Angelegenh­eit“ist.

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NGZ-FOTO: WOI Auch das „Letzte Abendmahl“hat Loeffen dargestell­t.

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