Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bälle aus der Banlieue
Der französische Künstler David Bruce stellt in der Galerie „Nina Sagt“an der Stresemannstraße aus.
Ein Turm aus bunten, übereinander gequetschten Basketbällen steht im Schaufenster; an den Wänden der Galerie „Nina Sagt“hängen Bilder und Drucke in knalligen Farben. Neben Smileys tauchen immer wieder Basketbälle in den Arbeiten des französischen Künstlers David Bruce auf. Daneben stehen auf Säulen im Galerieraum verteilt bunte Vasen in verschiedenen Formen und Größen mit dem obligaten Sportgerät.
Aufgewachsen ist Bruce in der Pariser Vorstadt, der Banlieue. Diese Großwohnsiedlungen, in den 60er und 70er Jahren aus dem Boden gestampft, haben nicht gerade den besten Ruf. Sie seien die Brutstätte für Gewalt, Drogen, Extremismus und Hoffnungslosigkeit, würden bourgeoise Franzosen sagen. Doch David Bruce setzt diesem Vorurteil ein jugendliches, verklärtes Bild entgegen – aus Basketbällen. Denn für den jungen Bruce war der Basketballplatz der Treffpunkt mit Freunden. Sonst habe es auch nicht viel Abwechslung in den Trabantenstädten gegeben, sagt er. Hier wurde er sozialisiert, fand Freunde fürs Leben und begann mit ihnen, bunte Graffitis an die Wände der grauen Bentonumgebung zu malen.
Der Autodidakt Bruce, der nie eine Kunsthochschule besucht hat, ist wie viel Künstler seiner Generation erst über das Grafittimalen zur Kunst gekommen. Ausflüge in die geographischen nahen aber sozial sehr weit entfernten Pariser Museen folgten erst viel später.
Das Bunte und Plakative des Graffiti hat er sich dabei bewahrt, es aber um ein künstlerisches Thema erweitert. Heute wohnt Bruce nach einer fünfjährigen Station in Berlin in Lüttich, lebt von seiner Kunst und ist trotzdem der Grafittiszene immer noch nicht ganz entwachsen.
So entspricht er vielen Künstlern, die die Galeristin Nina Bienefeld ausstellt: Sie sind jung, grafisch orientiert und international. „Viele haben ihre Wurzeln in der Street-art, haben sich aber weiterentwickelt und etwas anderes und Neues daraus gemacht“, sagt Bienefeld. Acht Ausstellungen im Jahr organisiert sie in ihrer Galerie auf der Stresemannstraße im quirligen Bahnhofsviertel. Seit vergangenem Jahr teil sie sich die Räumlichkeiten mit dem Concept Store„not a shop“. Im hinteren Teil des großen Ladenlokals haben sich die Stresemann-friseure von gegenüber einen zweiten und sehr privaten Raum geschaffen.
Seit 2011 wirkt die Düsseldorferin Galeristin erst auf der Talstraße, seit 2013 am heutigen Standort. In dieser Zeit sind viele ihrer Künstler mit ihr gewachsen.wie zum Beispiel der Holländer Jordy van den Nieuwendijk, der als weltweit gefragter Illustrator für die New York Times oder den neuen Star am französischen Modehimmel Jacquemus arbeitet. Und immer wieder bei Bienefeld ausstellt. Dabei habe sich das Kunstgeschäft in den vergangenen fünf Jahren dank Instagram stark verändert, sagt Bienefeld. Auf der Fotoplattform werden viele Interessierte auf ihre Künstler aufmerksam, im Gegenzug machen die Ausgestellten auf ihren Kanälen gute Werbung für die Galerie. Verkauft wird also nicht mehr nur in der Region, sondern dank Instagram auch nach Los Angeles, London oder Rom. „Mein Vater hilft mir dann, Versandkisten aus Holz zu bauen“, sagt Bienefeld. Nur wie David Bruces Totem aus Basketbällen sicher verschifft werden kann, weiß Bienefeld noch nicht.