Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rekordkuli­sse sieht extrem wichtigen Sieg

Der TSV Bayer Dormagen hat das erste von fünf „Endspielen“um den Verbleib in der 2. Handball-bundesliga für sich entschiede­n. Vor 1754 Zuschauern, der besten Kulisse seit Jahren, feierte der Aufsteiger einen nie wirklich gefährdete­n 31:28-Sieg (Halbzeit 1

- VON VOLKER KOCH

NEUSS Für Björn Barthel fielen am Gründonner­stag Weihnachte­n, Ostern, Geburtstag und was man sonst noch an Festtagen so feiern kann auf ein Datum: Erst erhält der Handball-geschäftsf­ührer die frohe Kunde, dass der TSV Bayer Dormagen die Lizenz für eine weitere Saison in der Zweiten Liga ohne Auflagen erhält, dann spuckt das Zählsystem am Eingang des Bayer-sportcente­rs die beachtlich­e Zahl von 1754 Besuchern aus. Und zuguterlet­zt glückt den Dormagener­n mit dem 31:28 (Halbzeit 16:13) über den HSV Hamburg ein extrem wichtiger Sieg im Kampf um den sportliche­n Klassenerh­alt.

Vielleicht der wichtigste überhaupt auf der Zielgerade­n einer beispiello­sen Zweitliga-saison. Nicht nur, weil der Aufsteiger mit den beiden Punkten den Anschluss ans schmale Mittelfeld der Tabelle hergestell­t hat. Sondern vor allem, weil er ihm das nötige Selbstvert­rauen für die weiteren „Endspiele“geben müsste.„wenn wir so weitermach­en, sollten wir es schaffen,“sagt Dusko Bilanovic. Der Trainer wirkte nach dem fünften Sieg (plus ein Unentschie­den) im zehnten Spiel unter seiner Regie sichtlich erleichter­t.

Kein Wunder, stellte das Duell mit dem zuvor in fünf Spielen unbesiegte­n Mitaufstei­ger doch für ihn gleich zwei Herausford­erungen dar. Schließlic­h hatten seine Schützling­e in genau diesen„endspielen“gegen direkte Konkurrent­en, in denen der Druck besonders hoch ist, zumeist gepatzt. Und schließlic­h musste er das Herzstück seiner Handball-philosophi­e, die Abwehr, umbauen, weil deren Chef Heider Thomas am Dienstag an einem Leistenbru­ch operiert worden war.

Beides gelang. Das eine, weil Daniel Eggert nach etlichen Spielen als Bankdrücke­r ab der 20 Minute einen grundsolid­en Part in der Deckungsmi­tte übernahm. „Das hat er gut gemacht,“lobte Bilanovic den Dänen. Das andere, weil die Dormagener sich selbst vom größten Druck befreiten, indem sie von Beginn an das Heft des Handelns in die Hand nahmen: 10:6 durch Carl Löfström hieß es nach einer Viertelstu­nde, als Torsten Jansen die erste Auszeit nahm. Was der Ex-weltmeiste­r auf der Bank der Hamburger zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnte: Dass damit die Partie eigentlich schon entschiede­n war. Denn näher als bis auf drei Tore kamen die Gäste nicht mehr heran. Weil ihnen gegen die kompakte Dormagener Deckung außer den Distanzwür­fen des neun Mal erfolgreic­hen Finn Wullenwebe­r zu wenig einfiel. Und weil sie ihre eigene Abwehr auch nicht ansatzweis­e so dicht bekamen wie die Hausherren die ihrige. Was sich auch aufs Leistungsv­ermögen der Torhüter niederschl­ug: Aron Edvardsson, am Montag beim 29:23-Sieg über Wilhelmsha­ven mit 16 Paraden noch Matchwinne­r der Hamburger, blieb blass, sein Vertreter Marcel Kokoszka ebenso.

Da fiel es kaum ins Gewicht, dass auch die Dormagener Schlussleu­te wenig überzeugen­d auftraten. Sven Bartmann, der vor der Partie seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hatte, rettete nach seiner Wieder-einwechslu­ng (50.) mit vier Paraden in den letzten acht Minuten wenigstens den Vorsprung über die Zeit.

Dass es bis in diese Schlusspha­se spannend blieb, lag an einer Schwäche, die Bilanovic graue Haare beschert: „Wir schaffen es einfach nicht, uns mal richtig abzusetzen, da kriegst du als Trainer die Krise,“sagt der 47-Jährige. Möglichkei­ten dazu gab es genug, denn neun Mal führten die Hausherren mit fünf Toren, ließen die Hamburger aber immer wieder herankomme­n, obwohl Torsten Jansen feststellt­e: „Wir waren einfach zu langsam.“

Das größte Manko auf Dormagener Seite hat auch der Trainer erkannt: „Wir lassen zu viele freie Chancen liegen.“Vor allem die Außen patzen immer wieder bei Gegenstöße­n. Und auch das Spiel gegen eine offensive Abwehrform­ation, auf die die Hamburger in den Schlussmin­uten umschaltet­en, ist durchaus verbesseru­ngswürdig – so schmolz der Vorsprung allzu schnell von fünf auf drei Tore dahin.

Doch unterm Strich war die intensive und temporeich­e Partie alles andere als ein Duell zweier Abstiegska­ndidaten. Drei, im schlechtes­ten Fall vier Siege (aus acht Spielen) sollten ausreichen, damit auch die Tabelle diese Feststellu­ng widerspieg­elt. „Heute, der war extrem wichtig,“sagte Ian Hüter. Björn Barthel jedenfalls gab zu: „Ich war vorher sehr angespannt, jetzt bin ich einfach nur erleichter­t.“So, wie es sich für einen Feiertag auch gehört.

 ?? FOTO: HEINZ ZAUNBRECHE­R ?? Tolles Spiel vor toller Kulisse: Ian Hüter und Carl Löfström (v.l.) gegen die Hamburger Niklas Weller und Dominik Vogt.
FOTO: HEINZ ZAUNBRECHE­R Tolles Spiel vor toller Kulisse: Ian Hüter und Carl Löfström (v.l.) gegen die Hamburger Niklas Weller und Dominik Vogt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany