Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Folgen des Huawei-boykotts
Google sperrt Huawei. Das macht Smartphones teurer, warnen Verbraucherschützer. Der Us-konzern versucht derweil, die Verbraucher zu beruhigen: Sicherheitslücken würden weiter geschlossen.
DÜSSELDORF Der Handelskrieg zwischendenusaundchinaführtdazu, dass der globale Smartphone-markt in Turbulenzen gerät. Google kündigte an, Huawei nicht mehr mit dem Betriebssystem Android zu versorgen, weil man sich an Auflagen der Us-regierung halten müsse.wir beantworten Fragen zu der Krise.
Was ist geschehen?
Die amerikanische Regierung hat vergangene Woche den Notstand in der Telekommunikationsindustrie ausgerufen. Us-firmen dürfen demnach nur noch mit Sondererlaubnis Geschäfte mit Huawei machen. Daraufhin erklärte Google, an Huawei keine Software und Hardware mehr zu liefern, also auch nicht mehr das global dominierende Betriebssystem Android. Allerdings darf Huawei weiter auf Teile von Android zurückgreifen, die als Open-source-software jedermann zur Verfügung stehen. Auch Halbleiterfirmen wie Intel und Qualcomm müssen sich am Boykott gegen Huawei beteiligen, ein Verkaufsstopp der Chinesen droht.
Könnten die Handy-preise nun steigen?
Ja. Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, rechnet damit, dass Smartphones anderer Hersteller teurer werden könnten, wenn Huawei als wichtiger Anbieter schwächelt. „Diese Entscheidung ist extrem ärgerlich“, sagt er. „Neben steigenden Preisen sind Einschränkungen bei Nutzungsumfang und Sicherheit der Smartphones zu befürchten.“Müller: „Das ist nun der Vorbote weiteren Verbraucherärgers.“
Droht Huawei-geräten cherheitsproblem?
ein SiKurzfristige Sicherheitsrisiken müssen die vielen Millionen Nutzer von Huawei-smartphones und Tablet-pcs offenbar nicht befürchten. Google erklärt, der App-store Googleplay und der Sicherheitsmechanismus von Android würden auf existierenden Huawei-smartphones weiter „funktionieren“. Nutzer können also weiterhin Apps herunterladen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die für Herbst angekündigte nächsteversion des Android-betriebssystems auf Huawei-smartphones nicht geladen werden kann. Dies würde bedeuten, dass eine Reihe an Edelhandys wie Kunden Wissenschaft
Strategische Partner
das Mate 20, Mate 20 Pro, Mate 20 X, P30 oder P30 Pro anders als bisher erwartet das Update nicht erhalten. Auch künftige Geräte wie das faltbare Mate X müssen auf das neue Betriebssystem verzichten – für Huawei ist das eine Katastrophe. „Sie haben sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als Anbieter sehr anspruchsvoller Smartphones erworben“, sagt der Branchenexperte Torsten Gerpott, „jetzt droht ihnen der größte anzunehmende Unfall.“
Können Huawei-käufer ihre Geräte zurückgeben?
Das ist nicht zu erwarten. „Huawei wird weiterhin Sicherheitsupdates und Services für alle bestehenden Huawei- und Honor Smartphones sowie Tablets zur Verfügung stellen“, erklärt das Unternehmen. Damit würde Huawei seine Update-versprechen einhalten. Falls aber Sicherheitslücken entstehen, ändert dies die rechliche Lage für die Verbraucher.
Wer profitiert von der Attacke gegen Huawei?
Es ist klar, wem der Gegenwind für Huawei nutzt: den Konkurrenten Apple und Samsung. Denn nachdem Huawei im vergangenen Quartal den Verkauf von Smartphones um 50 Prozent auf 59,1 Millionen Stück erhöht hat, liegen sie mit einem Weltmarktanteil von 19 Prozent nur knapp hinter Samsung aus Südkorea, die mit 72 Millionen Geräten auf 23,1 Prozent kommen. Die Chinesen haben Apple bereits deutlich überholt. Der Marktanteil des iphones liegt laut der Marktforschungsfirma IDC bei zwölf Prozent weltweit. In Deutschland kommen Huawei und die Tochterfirma Honor auf einen Marktanteil von rund 25 Prozent.
Was ist der wahre Grund des Streits?
Die USA fürchten den Aufstieg von China zur wirtschaftlich stärksten Nation der Welt. Dies versuchen sie durch einen Handelskrieg zu bremsen. Außerdem werfen sie den Chinesen vor, westliche Technologien zu stehlen, ein Vorwurf, den die EU teilt. Zusätzlich fürchten die USA Spionage mit Hilfe von Huawei-technologie. Doch für heimlich eingebaute „Hintertüren“in Software von Huawei gibt es bisher keinen Beweis.
Wird Huawei jetzt ein eigenes Handy-betriebssystem anbieten?
Ja, es ist zu erwarten, dass Huawei die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems vorantreibt. „Die Amerikaner kastrieren sich selbst“, sagt der Kölner Wirtschaftsprofessor Klemens Skibicki. Weil Android günstig verteilt wurde, hätten die USA es erreicht, dass fast alle Smartphones der Welt auf Us-betriebssystemen laufen. Das sind einerseits diejenigen von Apple auf ihrem eigenen System (IOS) mit einem globalen Marktanteil von knapp 23 Prozent, andererseits Android von Google mit einem Marktanteil von rund 75 Prozent. „Nun wird es für China unumgänglich, ein eigenes Betriebssystem zu bauen“, so der Experte. Der Nachteil: App-entwickler werden ihre Ideen künftig für jeweils drei Betriebssysteme anpassen müssen. „Das Vertrauen in der Weltwirtschaft sinkt, die Arbeitsteilung ebenso, die Verbraucher sind geschädigt“, sagt Skibicki.
Wie könnte Chinas Gegenschlag aussehen?
Gegen Zölle der USA hat das Riesenland Gegenzölle erhoben, auf den Huawei-boykott könnte die Staatsführung reagieren, indem sie Apple mit einem Bann belegt.
Was geschieht mit Europas Mobilfunknetzen?
Es ist damit zu rechnen, dass der Druck der US-REgierung auf Europa wächst, beim Aufbau der künftigen 5G-mobilfunknetze auf Technik von Huawei zu verzichten. Das würde den Netzaufbau rund zwei Jahre verzögern, sagtvodafone-chef Nick Read.wem wäre das recht? Donald Trump: Er hätte Chinas Vorzeigekonzern geschwächt und Europas Wirtschaft geschadet. Europas Politik weigert sich aber bisher, den Us-boykott gegen Huawei als Netzwerkausrüster mitzumachen. Sie will zwar alle Lieferanten härter prüfen, aber keine Konfrontation gegen China.
Drohen deutschen Autokonzernen Restriktionen wie Huawei?
Das ist möglich Us-präsident Trump rechtfertigt seine Attacken gegen Huawei mit dem Argument, es gehe darum, einen „nationalen Notstand“in der Telekommunikation zu vermeiden. Den deutschen Autokonzernen droht er dagegen immer wieder mit höheren Zöllen, weil ihre Stärke eine Gefahr für die „nationale Sicherheit“sei. Weil sich beide Argumente ähneln, könnte er also den deutschen Autobauern beispielsweise Partnerschaften mit Us-hightechkonzernen wie Microsoft oder Amazon verbieten. Und höhere Zölle sind sowieso denkbar.