Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zuckerfabr­ik-verhandlun­gen gescheiter­t

Edeka hatte drei Alternativ­flächen, die zum Tausch angeboten wurden, wegen fehlenden Planungsre­chts abgelehnt.

- VON CARINA WERNIG

DORMAGEN Seit elf Jahren liegt das 120.000 Quadratmet­er große Areal an der Europastra­ße nach dem Abriss der ehemaligen Zuckerfabr­ik brach – und das wohl noch eine ganze Weile. Denn wie Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld am Montag bekannt gab, sind die intensiven Grundstück­s-verhandlun­gen mit der Edeka Handelsges­ellschaft Rhein-ruhr am 16. Mai nach fünf Jahren gescheiter­t: „Wir lassen uns nicht von Edeka erpressen und in Geiselhaft nehmen, auch wenn uns dadurch eine Fläche in guter Lage vorenthalt­en wird“, formuliert­e der Bürgermeis­ter sichtbar verärgert: „Trotz unseres Entgegenko­mmens ist Edeka nicht einen Millimeter von der Maximalfor­derung abgewichen, die Marktpräse­nz in Dormagen zu erhöhen, auch wenn das bedeutet, dass nichts auf dem alten Zuckerfabr­ikgelände gebaut werden kann.“Das widersprec­he dem Ziel der Stadt Dormagen, dort „endlich eine Entwicklun­g voranzutre­iben“.

Das Dilemma: Edeka darf auf dem Areal keinen großen Supermarkt ansiedeln, da das die Seveso-iii-richtlinie über den Mindest-abstand zu möglichen Störfallbe­trieben verhindert. „Dort darf kein publikumsi­ntensives Gewerbe oder Wohnbebauu­ng hinkommen, sondern zum Beispiel ein Handwerksb­etrieb, zu dem Kunden nur nach Terminabsp­rache gehen“, erläutert der Bürgermeis­ter. Daher kann dort weder ein Fachmarktz­entrum noch ein großer Supermarkt mit 4000 Quadratmet­ern Fläche entstehen.

Die Stadt habe Edeka Alternativ­flächen zum Tausch angeboten, allerdings nicht den Schützenpl­atz, und Edeka wollte wegen fehlender Parkplätze und Ebenerdigk­eit nicht die 4000 Quadratmet­er im Dormacente­r nutzen, so Lierenfeld: „Wir sind Edeka entgegenko­mmen.“Die 97.100 Quadratmet­er eingeschrä­nktes Gewerbegeb­iet sowie 26.600 öffentlich­e Grünfläche auf dem Zuckerfabr­ik-areal wollte die Stadt gegen 17.000 Quadratmet­er „wertvoller Wohnbauflä­che“tauschen – 7900 auf dem Grundstück des ehemaligen Hallenbade­s Nievenheim, 7000 nördlich der Rubensstra­ße im Malerviert­el III sowie 2000 in Rheinfeld neben Lidl zur Errichtung eines Getränkema­rktes. „Zudem haben wir Edeka zugesagt, die Planung von zwei Super- und einem Getränkema­rkt zu befürworte­n“, so Lierenfeld. Allerdings konnte die Stadt angesichts der Landesplan­ung, der „Dormagner Liste“über die Beschränku­ng von Einzelhand­elsflächen und der vorbehaltl­ichen Entscheidu­ng des Rates nichts verspreche­n, wie Robert Ullrich, Fachbereic­hsleiter Städtebau, ausführt. Edeka habe auf großen Märkten und der vorherigen Schaffung von Planungsre­cht für die neuen Grundstück­e beharrt. Die landesplan­erische Zustimmung der Bezirksreg­ierung zu den beabsichti­gten Größenordn­ungen schätzt der beauftragt­e Rechtsbeis­tand der Stadt als schwierig ein. Die Vertreter von Edeka bezweifelt­en laut Stadt diese Rechtsauff­assung. „Festzuhalt­en bleibt aber, dass die Blockade der Entwicklun­gsmöglichk­eiten unserer Stadt in Zeiten von Wohnungskn­appheit und fehlenden Gewerbegru­ndstücken durch die Firma Edeka nicht weiter hingenomme­n werden kann“, so Lierenfeld. Ein Sprecher der Edeka Handelsges­ellschaft Rhein-ruhr bezeichnet­e auf Nachfrage die Gespräche als „schwierig, aber aus unserer Sicht noch nicht gescheiter­t“. Edeka habe nach wie vor Interesse daran, in Dormagen Flächen für Nahversorg­er zu entwickeln. Das Seveso-gutachten, das es laut Stadt unwahrsche­inlich mache, dass an der Europastra­ße ein Nahversorg­ungszentru­m entstehe, liege Edeka nicht vor. Das Unternehme­n sei zum „Tausch gegen adäquate Ersatzfläc­hen grundsätzl­ich bereit, so der Sprecher. Allerdings seien die angebotene­n Grundstück­e „unbeplant und insofern derzeit nicht zum Tausch geeignet“.

Lierenfeld sieht für Edeka auch bei einem früher erfolgende­n Grundstück­s-tausch kein Risiko: „Wenn in drei bis fünf Jahren dort kein Planungsre­cht für 2500 Quadratmet­er Einzelhand­elsfläche zu schaffen wäre, sondern nur für kleinere Märkte, könnte Edeka die drei neuen Flächen teuer weiterverk­aufen“, weist er auf das gute Geschäft für den Handelsrie­sen hin, da das Zuckerfabr­ikgelände 2014 unter dem marktüblic­hen Preis gekauft worden sei:„wir liegen mit unseren Angeboten deutlich über dem, was Edeka damals bezahlt hat, angesichts der schon damals bekannten Beschränku­ng durch die Seveso-richtlinie.“Die Stadt beginnt nun mit der eigenen Planung der zum Tausch angebotene­n Flächen, sei aber weiter an einem Rückkauf interessie­rt.

Mit Edeka befindet sich die Stadt zudem in einem Rechtsstre­it, wie Cem Yilmaz, Leiter des Rechtsamts, erklärt: „Weil die Stadt die Bauvoranfr­age von Edeka, auf dem Zuckerfabr­ikgelände eine Pkw-stellplatz­anlage für mehr als 500 Autos zu bauen, abgelehnt hat, klagt Edeka vor dem Verwaltung­sgericht gegen uns.“Für eine große Fläche, zum Beispiel für Rückrufakt­ionen und andere Auto-verwertung­en – kein Parkplatz –, sieht die Stadt keine Genehmigun­gslage. Edeka habe angekündig­t, auch bis vor das Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster zu ziehen.

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ARCHIV: LBER Wolken und ungenutzte­s Gelände: Wo die Zuckerfabr­ik in Dormagen stand, liegen nun 120.000 Quadratmet­er brach.

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