Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Düsseldorf ist Fachkräfte­n zu teuer

Rheinbahn, Kitas, Verwaltung: Fachkräfte werden händeringe­nd gesucht. Doch die arbeiten lieber in günstigere­n Städten. Caritas und Personalra­t fordern mehr Gehalt, die Stadt will zunächst eine Imagekampa­gne starten.

- VON HELENE PAWLITZKI

Katharina Nüchter hat Glück: Im Familienze­ntrum der Caritas in Stadtmitte, das sie leitet, sind aktuell alle Stellen besetzt. Doch sollte eine Erzieherin kündigen, wäre diese Lücke schwer zu füllen. „Wir bekommen wenig Initiativb­ewerbungen“, sagt Henric Peeters, Direktor der Caritas. „Die Suche nach Fachkräfte­n ist ein Problem.“Nicht nur die Caritas, auch DRK und Diakonie berichtete­n zuletzt von Erzieher-mangel.

Fragt man Frau Nüchter, was dagegen helfen würde, sagt sie: „Man müsste den finanziell­en Aspekt besser regeln.“Anders gesagt: Vielen Fachkräfte­n – und zwar nicht nur in sozialen Berufen – ist Düsseldorf schlicht zu teuer. Für das Gehalt, das sie bekommen, können sie in kleineren Kommunen besser leben. Auch Caritas-direktor Peeters sieht den wichtigste­n Hebel beim Geld: „Viele Arbeitnehm­er können sich von ihrem Gehalt kaum noch einewohnun­g in Düsseldorf leisten“, sagt er. „Wir müssen daher an das Thema ran: In Düsseldorf sollten Erzieher mehr verdienen.“Die Stadt müsse diese Mehrkosten tragen.

Dass Düsseldorf ein Fachkräfte-problem hat, beschäftig­t die Politik seit langem. In vielen Bereichen bleiben Stellen lange unbesetzt: bei der Rheinbahn, in der Pflege, bei den Rettungsdi­ensten, in der Geburtshil­fe und den erzieheris­chen Berufen. Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP bringt deshalb am Donnerstag einen Antrag in den Rat ein. Sie will, dass die Stadt einen Maßnahmenk­atalog erstellt, um mehr Fachkräfte für Düsseldorf zu begeistern. Von mehr Gehalt steht in dem Antrag allerdings nichts. Stattdesse­n geht es den Parteien um eine Imagekampa­ge. Dazu Spd-ratsherr Markus Raub: „Wir müssen den Interessen­ten sagen, dass wir sie brauchen und wollen.“Außerdem soll die Verwaltung überlegen, wie Migranten der Zugang zum Arbeitsmar­kt vereinfach­t werden kann – zum Beispiel durch Sprachkurs­e oder Anerkennun­g ausländisc­her Abschlüsse.

Auch die Verwaltung selbst ist vom Fachkräfte­mangel betroffen. Das war Anfang des Monats auf Initiative der Grünen Thema im Personalau­sschuss. Aktuell sind 1000 Stellen unbesetzt. Darin enthalten sind auch Jobs, bei denen noch Anträge geprüft oder Mittel freigegebe­n werden. In manchen Fällen steht die Neubesetzu­ng schon. Unterm Strich kommen laut Personalde­zernent Andreas Meyer-falcke auf 10.500 Stellen 500 in Fluktuatio­n. „Das ist normal.“In den nächsten Jahren werden es aber 700 werden. Allein mit der Übernahme der jährlich 300 Azubis wird diese Lücke nicht zu füllen sein.

„Früher sind pro Woche ein oder zwei Mitarbeite­r gegangen, viele in Rente“, sagt Robert Wollborn-schönfeld, Vorsitzend­er des Personalra­ts der Stadtverwa­ltung. „Heute sind es fünf bis sieben, davon gehen drei in Rente.“Die Mitarbeite­r wechselten nach seiner Beobachtun­g häufig in kleinere Kommunen. Dort seien die Lebenskost­en niedriger. „Und, ganz ehrlich: Dort gehen die Uhren auch noch anders.“Gerade weil in Düsseldorf viele Stellen unbesetzt seien, verteile sich die Arbeit auf weniger Schultern. Dass sorge für Stress.

Meyer-falcke ist trotzdem überzeugt: „Es ist attraktiv, für uns arbeiten zu dürfen.“Eine Plakatkamp­agne soll im Sommer die Pluspunkte­n herausstel­len, von flexiblen Arbeitszei­ten über Betriebssp­ort bis zu Coachingan­geboten. Er verweist zudem auf eine Kooperatio­n mit der Alanus-hochschule in Bonn: Schulbauin­genieure sollen neben ihrer Ausbildung in Düsseldorf dort studieren können. Für Azubis ist ein weiteres Wohnheim in Planung. Zumindest die werden dann nicht mehr mit dem Wohnungsma­rkt zu kämpfen haben.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Kita-leiterin Katharina Nüchter mit bunten Postkarten. Die Caritas wirbt aktuell mit den Kinderbild-motiven für den Erzieherbe­ruf.

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