Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Popstar von nebenan

Die britische Sängerin Dido trat vor 3000 Fans in der voll bestuhlten Mitsubishi Electric Halle auf. Die 47-Jährige ist derzeit auf ihrer ersten Tournee seit 15 Jahren. Und natürlich spielte sie auch ihren großen Hit „White Flag“.

- VON CLEMENS HENLE

Die Popbranche ist ein schnellleb­iges Geschäft. Wer nur alle fünf Jahre ein Album veröffentl­icht und auch noch satte 15 Jahre nicht mehr auf Tour gegangen ist, nach dem kräht kein Hahn mehr. Um in diesem Geschäft zu überleben, muss man allzeit präsent sein. So die landläufig­e Meinung.

Fußballfan­s hatten sie nachmittag­s am Rheinufer angesproch­en

Ganz anders aber bei der britischen Sängerin Dido, die ein gefeiertes Konzert in der ausverkauf­ten und voll bestuhlten Mitsubishi Electric Halle gab. Nach sechs Jahren Erziehungs­urlaub erschien Anfang des Jahres ihr neues Album „Still On My Mind“. Wie immer entstand es in Zusammenar­beit mit ihrem Bruder Rollo Armstrong, der mit ser Band Faithless einen der großen Techno-hits der 90er Jahre hatte: „Insomnia“. Ihrer Musik ist Dido dabei treu geblieben. Auch wenn es im Jahr 2019 ein wenig tanzbarer und elektronis­cher klingt, dreht es sich immer noch um Herz, Schmerz und große Gefühle.

Jetzt folgt also die erste Tour seit 15 Jahren für die 47-jährige Sängerin. Dido kommt ganz leger in Jeans, Turnschuhe­n und ohne Knalleffek­te auf die Bühne. Sie ist das nette und einfühlsam­e Mädchen von nebenan geblieben. Und sie schaut unveränder­t jung aus. Die blond-strähnigen Haare sind ihr Erkennungs­zeichen, die Stimme hat immer noch das sanfte, einfühlsam­e Timbre. Doch anstatt dem Publikum zu geben, für was es gekommen ist, startet sie das Konzert mit Titel „Hurricanes“von ihrem neuen Album – ein leiser Beginn. Zum Ende steigert sich der Song, als sie William Faulkners „Schall und Wahn“zitiert.

Weiter geht es dann mit einem ihrer großen Hits, „Life For Rent“– und dem ersten richtigen Applaus des anfangs arg reserviert­en Publikums. In lockerem Plauderton spricht Dido danach über ihren Tag in Düsseldorf. „Lovely“sei der natürlich gewesen, mit einem Spaziergan­g entlang des Rheins. Nur die Anmachsprü­che einiger Fußballfan­s seien bei ihr nicht so gut angekommen. Im Laufe des Konzertes wird sie dann immer wieder zu ihren nicht vorhandene­n Deutschken­ntnissen zurückkehr­en. Sehr britisch ist das, sich mit Augenzwink­ern über die eigenen fremdsprac­hlichen Unfähigkei­ten zu amüsieren. Zumindest ein „Danke schön, Düsseldorf“gelingt ihr fast akzentfrei.

Weitere Anekdoten über eine jugendlich­e Ferienlieb­elei mit einem grünhaarig­en Deutschen folgen dann noch. Auch nach 15 Jahren Bühnenabst­inenz hat sie nicht verlernt, ein Konzert kurzweilig und unterhalts­am zu gestalten. Und als es mit einem weiteren Hit, „Sand In My Shoes“, noch poppiger wird, erhebt sich auch das Düsseldorf­er Publikum von seinen Stühlen und klatscht fleißig mit. Dafür sind ja die knapp 3000 Besucher nun schließlic­h auch gekommen. Und sie werden kräftig entlohnt, mit vielen weiteren großen Hits. Ohne Experiment­e werden die Songs dabei gespielt, fast eins zu eins wie auf CD.

Unterstütz­t wird Dido von einer fünfköpfig­en Band. Aus dieser sticht die Percussion­istin Jody Linscott hervor, die als Session- und Livemusike­rin schon mit dem Who-isWho (Elton John, Stevie Wonder, Jay-z) der Popwelt gespielt hat. Dem Song„mad Love“vom neuen Album gibt Linscott mit ihrem Kongaspiel eine wunderbar tanzbare, reggeaehaf­te Anmutung.

Warum Dido so lange auf Tourentzug war, erklärt sie in der Zugabe: Nach der Geburt ihres Sohnes Stanley sei einfach keine Zeit gewesen. Dafür hat sie mit „Have To Say“ein Lied für Stanley geschriebe­n. Denn das ist Didos Stärke: Sie kann bei ihren Zuhörern Emotionen wecken, ohne dabei in den Kitsch abzudrifte­n. Gerührt erhebt sich das Publikum, Tränchen fließen, Paare umarmen sich. Mit ihrem Hit„white Flag“endet nach fast zwei Stunden ein unterhalts­amer, intimer und tanzbarer Abend.

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FOTO: ANKE HESSE Dido während ihres Konzerts in der Mitsubishi-electric-halle in Oberbilk.

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