Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Klimapaket enttäuscht hohe Erwartunge­n

- VON BIRGIT MARSCHALL

Es ist gut, dass sich die wackelige große Koalition stabilisie­rt hat und nach 19 Stunden langen, harten Verhandlun­gen ein Klimapaket beschließe­n konnte, das besser ist als nichts. Der Maßnahmenk­atalog enthält Licht und Schatten. Dass die Koalition einen Co2-preis für den Verkehrsun­d Gebäudesek­tor von zunächst nur zehn Euro pro Tonne CO2 ab 2021 einführt, ist nicht ambitionie­rt genug und enttäusche­nd. Dieser geringe Einstiegsp­reis liegt deutlich unter dem Co2-preis im existieren­den Eu-zertifikat­ehandel für die Industrie von rund 26 Euro. Er wird kaum zu spüren sein. Benzin dürfte so zunächst nur um drei Cent pro Liter teurer werden, das entspricht der üblichen Preisschwa­nkung an einem Tag. Kaum ein Autofahrer dürfte daraufhin sein Verhalten ändern. Zugleich will die Koalition die Pendlerpau­schale deutlich von 30 auf 35 Cent pro gefahrenem Kilometer zur Arbeit anheben. Mancher Pendler wird von dieser Maßnahme mehr profitiere­n, als er unter der Benzinprei­ssteigerun­g zu leiden hat.

Positiv ist immerhin, dass die Regierung für die Überprüfba­rkeit und Verbindlic­hkeit des Klimapaket­s sorgt. Jedes Ressort, jeder Sektor soll künftig jährlich überprüft werden. Gelingt es nicht, das ihm zugeordnet­e Co2-budget ausreichen­d zu reduzieren, muss nachgesteu­ert werden. So wird ein Blindflug verhindert.

Aufgabe der Regierung war es, einerseits den Klimaschut­z voranzubri­ngen, weil er tatsächlic­h alternativ­los ist. Anderersei­ts jedoch durfte sie Bürger und Unternehme­n auch nicht überforder­n. Was dann droht, war bei den Gelbwesten-protesten in Frankreich zu beobachten. Diese Balance zu finden, ist der Regierung allerdings nicht gelungen: Die Angst vor Protesten und vor drohenden Jobverlust­en war größer als der Mut. Das Klimapaket bleibt daher hinter den hochgestec­kten Erwartunge­n zurück. BERICHT 54 MILLIARDEN EURO FÜR KLIMAPAKET, TITELSEITE

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