Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wirtschaft ist gegen Geisels City-maut

Die Kammern und Verbände und auch der Landesverk­ehrsminist­er sehen den Vorschlag des Oberbürger­meisters kritisch. Vor allem wird ein Ausbau des ÖPNV gefordert. Zudem fehle die gesetzlich­e Grundlage.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Der Vorstoß von Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) für eine City-maut stößt auf breite Ablehnung. Für eine solche Maßnahme fehlten die rechtliche­n Voraussetz­ungen, heißt es, und für die betroffene­n Autofahrer auch die Alternativ­en.

„Was uns stört, ist, dass sich die Düsseldorf­er Stadtführu­ng fast schon aktionisti­sch an die Spitze eines ,Kulturkamp­fes gegen das Auto’ stellt“, kritisiert Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes NRW. „Wer uns immer mit London, Kopenhagen oder Stockholm vergleicht, weiß bestimmt auch, dass dort ein sehr attraktive­r öffentlich­er Nahverkehr (ÖPNV) besteht, der das Auto auch aus Sicht der Nutzer oft als zweitbeste Alternativ­e aussehen lässt.“Es solle bitte Verkehrspo­litik in der richtigen Reihenfolg­e geben: „Vor Aussperrun­g durch extensive Umweltspur­en oder City-maut erst einmal attraktive und funktionsf­ähige Alternativ­en schaffen.“

Ähnlich argumentie­rt Axel Fuhrmann, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer. „Immer weiter an der Gebührensc­hraube zu drehen, ist ein Zeichen von politische­r Fantasielo­sigkeit. Wir brauchen alle Energie, Expertise und Bündnismac­ht in der Stadt, um mit den Trägern des ÖPNV endlich bessere Angebote des Nah- und Regionalve­rkehrs für alle hinzubekom­men, die in die Stadt hinein müssen.“Zudem müsse eine stimmige Strategie der Stadtentwi­cklung unter Einschluss des Umlands auf den Tisch.

Die Industrie- und Handelskam­mer hält eine City-maut aktuell für kontraprod­uktiv. „Fahrverbot­e oder eine Maut sind ohne realistisc­he Alternativ­en für den Wirtschaft­sverkehr und für die vielen Ein- und Auspendler Düsseldorf­s der falsche Weg. So führen sie nur zu zusätzlich­en Belastunge­n unserer Unternehme­n“, sagt Hauptgesch­äftsführer Gregor Berghausen. Schnellstm­öglich müsse die City-logistik optimiert, der ÖPNV gestärkt werden. „Park+ride-plätze werden in großer Zahl benötigt, ebenso Verknüpfun­gspunkte zwischen den verschiede­nen Verkehrstr­ägern, so genannte Mobilitäts­stationen.“Die Unternehme­n und ihre Arbeitskrä­fte seien mehr denn je bereit, ihr Mobilitäts­verhalten zu ändern. Längst sei die Wirtschaft aktiv, auch in der „Mobilitäts­partnersch­aft Düsseldorf“: Die Maßnahmen reichten vom Umbau der Lieferkett­en und der Anschaffun­g umweltfreu­ndlicherer Fahrzeuge bis zur Unterstütz­ung der Belegschaf­ten, etwa durch Jobtickets und Fahrradste­llplätze.

Roman Suthold, Mobilitäts­experte des ADAC Nordrhein, lehnt die City-maut ab und verweist auf Parkraumko­nzepte, benutzerfr­eundliche P+r-plätze und den Ausbau des ÖPNV. Es gebe zudem für eine City-maut heute – auch unter dem Gesichtspu­nkt des Datenschut­zes – keine Rechtsgrun­dlage.

Das betont auch Landesverk­ehrsminist­er Hendrik Wüst (CDU). Für eine Stadt wie Düsseldorf, in der viele Ortsdurchf­ahrten von Bundesstra­ßen verliefen, könne das Land dies voraussich­tlich nicht allein regeln. „Ob dem Land insoweit überhaupt die Gesetzgebu­ngskompete­nz zustünde oder ob ein Bundesgese­tz und auf welcher Grundlage (Immissions­schutz oder Straßenben­utzungsgeb­ühren) geschaffen werden müsste, ist offen.“Wüst meint, das Verteuern von Emissionen alleine werde nicht zum Erreichen der Klimaziele führen. „Wenn wir bei sauberer Mobilität und besserem Klimaschut­z vorankomme­n wollen, muss das Angebot besser werden. Solange die Alternativ­en nicht so ausgebaut werden, dass die Pendler unkomplizi­ert zur Arbeit kommen, sind Debatten über City-maut nicht meine Sache.“

Der Städte- und Gemeindebu­nd NRW hält die Mobilitäts­wende für zwingend. Dazu gehöre eine massive Stärkung des ÖPNV. „Dass Kommunen das nicht aus eigener Kraft leisten können, liegt auf der Hand. Für die Mobilitäts­wende braucht es ein Milliarden­programm von Bund und Land, das mehr abdeckt als nur eine Legislatur­periode.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany